gütliche Erledigung und Nichtermittlung

Hier kannst du wichtige Rechtsprechung zu Zwangsvollstreckung, Insolvenz, Mahnverfahren etc. selbst eintragen und suchen.
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silvester
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#1

14.06.2019, 10:06

Weist der Gerichtsvollzieher den Schuldner schriftlich auf die Möglichkeit der gütlichen Erledigung der Vollstreckungssache hin, kann dieses Schreiben aber dem unbekannt verzogenen Schuldner nicht zugestellt werden, entsteht keine Gebühr nach Ziff. 208 KV GvKostG für den Versuch einer gütlichen Erledigung.
OLG Hamm, Beschluss vom 19.03.2019 – 25 W 66/19
silvester
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#2

17.01.2020, 17:58

Ein Versuch einer gütlichen Einigung nach § 802b ZPO liegt nicht vor, wenn der Schuldner objektiv für einen solchen Versuch nicht erreichbar ist. Die Gebühr nach Nrn. 208, 207 KV GvKostG kann in diesen Fällen nicht anfallen (Anschluss an OLG Hamm v. 19. März 2019 - 25 W 66/19, JurBüro 2019, 382; OLG Düsseldorf v. 18. Juli 2019 - 10 W 47/19, Rn. 4 - zitiert nach juris; gegen OLG Braunschweig v. 30. Oktober 2018 - 2 W 85/18, Rn. 7 - zitiert nach juris).
OLG Koblenz Beschluss vom 27.09.2019, AZ: 14 W 267/19Fundstelle JurBüro 2019, 641-643 (Leitsatz und Gründe)
silvester
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#3

07.02.2020, 09:19

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.07.2019 - 10 W 47/19

nicht amtlich:
1. Ein Versuch der gütlichen Erledigung liegt nicht vor, wenn der Gerichtsvollzieher die Schuldneranschrift auftragsgemäß aufsucht und dort feststellt, dass der Schuldner unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln ist.
2. Ein Versuch liegt - in Anlehnung an den strafrechtlichen Rechtsbegriff - nicht vor, wenn dem Gerichtsvollzieher bewusst wird, dass es noch mehrerer Zwischenschritte - nämlich der Ermittlung der zutreffenden Anschrift und zumindest eines weiteren Zustellversuchs - bedarf, um den Schuldner von dem Anliegen, eine gütliche Erledigung der Sache herbeizuführen, überhaupt in Kenntnis zu setzen.
silvester
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#4

22.10.2021, 16:19

Ein Versuch der gütlichen Erledigung nach Nr. 208 GvKostG KV liegt nicht vor, wenn der Schuldner objektiv für einen solchen Versuch nicht erreichbar ist. Der Versuch der gütlichen Erledigung muss im Angebot einer solchen Erledigung bestehen, was den Zugang der Mitteilung erfordert.
AG Coburg, Beschluss vom 23.04.2021 - 13 M 507/21
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#5

14.02.2022, 19:27

Aus Sicht des Senats setzt ein Versuch im Sinne von Nr. 207, 208 KV-GvKostG voraus, dass der Schuldner für den Versuch einer gütlichen Einigung erreichbar ist und damit eine realistische Chance einer gütlichen Erledigung besteht. Bestehen aufgrund einer fehlenden Erreichbarkeit des Schuldners keine realistischen Chancen für eine gütliche Einigung, liegt aus Sicht des Senats ein "untauglicher" Versuch vor, der es nicht rechtfertigt, eine Gebühr auszulösen.
OLG Bamberg, Beschluss vom 05.08.2021 - 8 W 37/21
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#6

16.02.2022, 15:58

Allerherzlichsten Dank dafür! Schade, dass ich das nicht schon früher gesehen habe. Denn letztes Jahr hatte ich mich mit einem GV und später auch dem AG gestritten unter anderem wegen der Berechnung der 8 EUR. Ich hatte verloren, und mein Mandant wollte nicht weiterstreiten. Der GV hatte offenbar versucht, seine Post vor Ort einzuwerfen, bekam aber von dem Ex-Partner des Schuldners die Nachricht, dass der umgezogen ist (was auch tatsächlich der Fall war).
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#7

28.03.2022, 14:07

Es gibt leider einige, die das anders sehen. Habe versucht, mit der von Silvester so schön gesammelten Rechtsprechung gegen die Gebühr KV 208 anzugehen.
Ergebnis: Die OGVin verweist mal eben auf die Mitteilung der Berliner Bezirksrevisoren:
"In der Rechtsprechung mehren sich die Entscheidungen, dass ein Mehraufwand des GV, der das Entstehen der Gebühr Nr. 208 KV GvKostG auslöst, prinzipiell immer dann zu bejahen sei, wenn er den Schuldner zur gütlichen Erledigung auffordert, gleichgültig, in welcher Form dies geschieht. Unerheblich sei dabei, dass das Schreiben des GV den Schuldner nicht erreicht hat, da jeglicher Aufwand des GV abgegolten werden soll (vgl. OLG Braunschweig in DGVZ 2019, 43; LG Stuttgart 2018, 50; AG Calw, DGVZ 2018, 238; AG Karlsruhe-Durlach, DGVZ 2017, 182).
Die Bezirksrevisoren schließen sich unter Aufgabe ihrer bisherigen Auffassung nunmehr der vorgenannten Rechtsprechung an."


Könnte ich sonst noch Gegenargumente vorbringen?
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#8

25.05.2022, 08:57

Wohl nein:
OLG Köln, Beschluss vom 18.08.2021 - I 17 W 36/21). Die Gebühr für die gütliche Erledigung stellt auf einen betrieblichen Arbeitsaufwand ab, der nur dann nicht anfällt, wenn beispielsweise der Auftrag zurückgenommen wird, bevor der Gerichtsvollzieher ein entsprechendes Schreiben an den Schuldner verfasst hat (Anm. von mir: wer will das wie prüfen?). Ansonsten steht die vorgesehene Gebühr für den Versuch der gütlichen Erledigung dem Gerichtsvollzieher zu, auch wenn er dem Schuldner die Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft mit Hinweis auf die Möglichkeit einer gütlichen Einigung nicht übergeben kann.

Meine Anmerkung hierzu: Es reicht also aus, wenn der Gerichtsvollzieher in die Terminsladung den Textbaustein mit der Zahlungsaufforderung einfügt, um diese Gebühr zu verdienen.
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