Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters

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Katzenfisch
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#1

18.03.2011, 13:39

OLG Naumburg - 12 Wx 14/11 - vom 28.02.2011

Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters in einfacher Schriftform ist nicht ausreichend. § 29 GBO ist uneingeschränkt anzuwenden. Offenkundigkeit zählt als Argument nicht.
Katzenfisch
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#2

22.03.2011, 09:34

Aus einem anderen Forum kopiert:

OBERLANDESGERICHT NAUMBURG

12 Wx 14/11 OLG Naumburg

In der Beschwerdesache betreffend das Grundbuch von …,
Beteiligte:
1.
2.
3.
Verfahrensbevollmächtigter der Beteiligten zu 1) - 3) :
hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 28, Februar 2011 durch den … beschlossen:
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 3) gegen die Zwischenverfugung des Amtsgerichts - Grundbuchamt vom 23. August 2010 wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf l.000,00 € festgesetzt.

Gründe:
I.
Mit notariellen Vertrag vom 08. Dezember 2008 veräußerte die Beteiligte zu 1) das in ihrem Alleineigentum stehende und im Grundbuch eingetragene Grundstück Flst. 580 an die Beteiligte zu 3), die die Tochter der Beteiligten zu 1) ist- Als Gegenleistung wurde der Beteiligten zu 1) und ihrem Ehemann - dem Beteiligten zu. 2) - unter Ziffer III. des Vertrages ein lebenslanges Wohnungsrecht an dem Grundstück eingeräumt. Ferner wurde der Beteiligten zu 1) sowie nach deren Ableben auch dem Beteiligten zu 2) ein Rückübereignungsrecht eingeräumt und hierzu für beide eine Rückauflassungsvormerkung bewilligt.
Mit Schreiben vom 08. Oktober 2009 hat der Verfahrensbevollmächtigte unter Vorlage der vorgenannte notariellen Urkunde gegenüber dem Grundbuchamt die Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 3) und die Eintragung des Wohnungsrechts und der Rückauflassungsvormerkungen zugunsten der Beteiligten zu 1) und 2) beantragt. Zwischenzeitlich war jedoch unter dem 13. August 2009 das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen der Beteiligten zu 1) eröffnet und dieser als Treuhänderin Rechtsanwältin X bestellt worden. In Kenntnis dieser Tatsachen hat das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 02. Februar 2010 die Eintragung auf Eigentumsumschreibung davon abhängig gemacht, dass die Beteiligten zu 1) bis 3) eine von der Treuhänderin in der Form des § 29 GBO ausgestellte Genehmigungs- oder Freigabeerklärung für das streitgegenständliche Grundstück vorlegen. Hinsichtlich der Eintragung des Wohnungsrechtes und der Rückauflassungsvormerkung hat das Grundbuchamt die Eintragung von der Vorlage eines Ersuchens des Insolvenzgerichtes bzw. eines Antrages der Treuhänderin unter Nachweis deren Verfügungsbefugnis abhängig gemacht.
Hierauf hat der Verfahrensbevollmächtigte eine in einfacher Schriftform und mit dem Briefkopf der als Treuhänderin eingesetzten Rechtsanwältin X versehene Erklärung vom 23. Oktober 2010 vorgelegt, welche jedoch von einer anderen Person „i. A." unterzeichnet worden ist.
Mit weiterer Zwischenverfügung vom 23. August 2010 hat das Grundbuchamt beanstandet, dass die in einfacher Schriftform vorgelegte Freigabeerklärung zum Nachweis der Verfügungsbefugnis der Treuhänderin nicht ausreiche und dem weiteren Antrag auf Eintragung des Wohnungsrechtes und der Rückauflassungsvormerkungen die fehlende Vorlage der angeforderten Nachweise seitens des Insolvenzgerichtes bzw. der Treuhänderin entgegenstehe.
Hiergegen richtet sich die vom Verfahrensbevollmächtigten eingelegte Beschwerde vom 15. November 2010, mit der er vorträgt, dass die eingereichte Freigabeerklärung nebst Zugangsnachweis in einfacher Schriftform als Nachweis ausreichend sei.
II.
Die vom Verfahrensbevollmächtigten mangels beschränkter Angabe in Antrags- und Rechtsmittelschrift im Namen aller Urkundsbeteiligten eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 15, 71 Abs. 1 GBO). Der Senat ist nach §§ 72, 81 Abs. l GBO für die Entscheidung über die Beschwerde auch zuständig, weil das Verfahren nach Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes eingeleitet worden ist, so dass neues Recht Anwendung findet (Art. 111 Abs. 1,112 Abs. 2 FGG-RG).

In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg.
Das Grundbuchamt hat für den Nachweis der Verfügungsbefugnis der Treuhänderin zu Recht eine Freigabeerklärung in der Form des § 29 Abs. l GBO verlangt. Die von den Beteiligten vorgelegte privatschriftliche Erklärung vom 23. Oktober 2009 reicht hierfür nicht aus.
Auch wenn es sich beim Wechsel in der Verfügungsbefugnis vom Insolvenzschuldner auf den Insolvenzverwalter und nach Freigabe erneut auf den Insolvenzschuldner nicht um eine Rechtsnachfolge im eigentlichen Sinne handelt, ist die Regelung des § 727 ZPO auf diese Fälle entsprechend anzuwenden (z.B. BGH, DNotZ 2005, 840). Diese besagt, dass eine vollstreckbare Ausfertigung für den Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Gläubigers nur dann erteilt werden darf, wenn die Rechtsnachfolge durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird oder bei dem Gericht offenkundig ist. Dies gilt somit auch für die Freigabe eines Vermögensgegenstandes aus der Insolvenzmasse. Auch hier ist es gem. § 727 ZPO erforderlich, die Wirksamkeit der Freigabe als „Rechtsnachfolge" (im Sinne von Rückübertragung der Verfügungsbefugnis) durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen, was in grundbuch-rechtlicher Sicht dem Formerfordernis des § 29 GBO entspricht (z.B. Böhringer, Rpfleger 2009,126). Hintergrund für dieses Erfordernis ist, dass wegen der mit dem öffentlichen Glauben nach § 892 BGB verbundenen Gefahren Eintragungen im Grundbuch zur Sicherung des Rechtsverkehrs nur dann vorgenommen werden sollen, wenn ihre Voraussetzungen dem Grundbuchamt in der strengen Form des Urkundenbeweises dargetan sind (z. B. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Auflage, Rd. 152). Eine privatschriftliche Freigabeerklärung ist daher als Nachweis ungeeignet, da hierdurch nicht nachgewiesen werden kann, dass die Erklärung auch von der richtigen Person ausgestellt worden ist. Unter Berücksichtigung dieser Grandsätze ist die vorgelegte Freigabeerklärung vom 23. Oktober 2009 als Nachweis für die Verfügungsbefugnis der für die Beteiligte zu 1) bestellten Treuhänderin nicht ausreichend. Denn diese entspricht ersichtlich nicht den vorgenannten Formerfordernissen, sondern ist lediglich in einfacher Schriftform ausgestellt worden. Hinzu kommt, dass die Erklärung nicht von der Treuhänderin selbst, son­dern von einer anderen unbekannten Person „i. A." unterzeichnet worden ist.
Die Freigabe des streitgegenständlichen Grundstücks ist hier auch nicht offenkundig; Denn offenkundig ist eine Tatsache nur dann, wenn sie der Allgemeinheit ohne weiteres bekannt ist, wobei genügt, dass die Tatsache zumindest dem Grundbuchamt zweifelsfrei bekannt ist (z.B. BGH, Rpfleger 2005, 611; Demharter, Rd. 60 zu § 29 GBO; Hügel, Rd. 194 zu § 29 GBO). Dies ist hier nicht der Fall. Anhaltspunkte dafür, dass dem Grundbuchamt die Freigabe des streitgegenständlichen Grundstücks durch die Treuhänderin zweifelsfrei bekannt ist, haben die Beteiligten zu 1) bis 3) weder vorgetragen, noch ist dieses aus sonstigen Umständen ersichtlich.

Soweit der Verfahrensbevollmächtigte in seiner Beschwerdeschrift vom 15. November 201 0 meint, dass für den Nachweis der Freigabe eine Formbedürftigkeit nach § 29 GBO deswegen nicht erforderlich sei, weil auch der Eintrag des Insolvenzvermerkes nach § 32 InsO durch formlosen Antrag des Insolvenzverwalters erfolgen könne, ist sein Vorbringen ebenfalls nicht begründet. Dieser Einwand ist schon deshalb nicht zutreffend, weil lediglich der Antrag auf Eintragung des Insolvenzvermerkes selbst (§ 32 Abs. 2 Satz 2 InsO) in einfacher Schriftform (§ 30 GBO) eingereicht werden kann, diesem aber noch weitere Nachweise durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden (§ 29 GBO) als zwingendes Antragserfordernis beigefügt werden müssen. So hat der Verwalter seine Antragsberechtigung durch Vorlage der Urschrift der gerichtlichen Bestellungsurkunde (§ 56 Abs; 2 InsO) und zum Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs als Eintragungsvoraussetzung eine Ausfertigung oder öffentlich beglaubigte Abschrift des Eröffnungsbeschlusses beizufügen (z. B. Müko/Schmahl, Rd. 29 zu § 32 InsO; Uhlenbrock, Rd. 14 zu § 32 InsO), so dass auch dieser Antrag den Formerfordernissen des § 29 GBO unterliegt. Ungeachtet dessen handelt es sich bei der Eintragung des Insolvenzvermerkes im Grundbuch und der Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters über die Gegenstände der Insolvenzmasse auch um zwei unabhängig voneinander bestehende Angelegenheiten, so dass die Eintragungsvoraussetzungen für den Insolvenzvermerk im Grundbuch nicht auf die Nachweisführung bei der Freigabeerklärung angewendet werden können.
Schließlich bestehen auch die vom Grundbuchami geäußerten Bedenken hinsichtlich der beantragten Eintragung des Wohnungsrechts und der Rückauflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 1) und 2) fort, da diese die angeforderten Nachweise bislang nicht eingereicht haben. Da das Wohnungsrecht und die Vormerkungen bei einer Übertragung des Grundstücks auf die Beteiligte zu 3) in die Insolvenzmasse fallen und damit einem Neuerwerb i.S.v. § 36 InsO gleichkommen würde, ist eine Erklärung des Insolvenzgerichtes oder der Treuhänderin hierfür erforderlich.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§131 Abs. 3 und 7 KostO).
Der Beschwerdewert richtet sich nach den zur Beseitigung des Hindernisses notwendigen Aufwendungen, die der Senat hier nach freien Ermessen auf 1.000,00 € bestimmt (§131 Abs. l und Abs. 4 i.V.m. § 30 Abs. l KostO).
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