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Anrechnung mehrerer Geschäftsgebühren

Verfasst: 29.03.2017, 18:14
von Adora Belle
Ich poste mal diese nagelneue (und m.E. grottenfalsche) Entscheidung, weil ich mich erinnern kann, dass wir das Thema erst kürzlich hier hatten. Und wir haben mehrere Threads, in denen wir - insbesondere @Anahid, @Liesel und ich - zu dem Schluss kamen, dass anders anzurechnen ist, nämlich eine GG aus den zusammengerechneten Werten. Wenn man entsprechend der Entscheidung anrechnet, kann die VG sogar komplett entfallen. Der BGH sieht dies als sachgerecht an, weil es der Rechtslage zu BRAGO-Zeiten (!) entspricht.

BGH, Beschluss vom 28. 2. 2017 – I ZB 55/16

RVG VV Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 und Satz 5

LS: Fällt die Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts mehrfach an und werden die vorgerichtlich geltend gemachten Ansprüche im Wege objektiver Klagehäufung in einem einzigen gerichtlichen Verfahren verfolgt, so dass die Verfahrensgebühr nur einmal anfällt, sind alle entstandenen Geschäftsgebühren in der tatsächlichen Höhe anteilig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.

Re: Anrechnung mehrerer Geschäftsgebühren

Verfasst: 30.03.2017, 08:37
von Liesel
:augenreib :roll: :roll: :patsch

Ergebnis - es werden zukünftig einzelne Verfahren geführt.

Re: Anrechnung mehrerer Geschäftsgebühren

Verfasst: 30.03.2017, 09:15
von AliceImWunderland
:ohmann :fluch

Re: Anrechnung mehrerer Geschäftsgebühren

Verfasst: 30.03.2017, 09:54
von Anahid
Naja....die BRAGO-Zeiten werden anscheinend mit aller Macht zurückgewünscht. Ich frag mich manchmal, wofür die überhaupt abgeschafft wurde. :roll:

Re: Anrechnung mehrerer Geschäftsgebühren

Verfasst: 27.07.2017, 15:44
von Liesel
DAV-Depesche Nr. 30/17:

Das OVG NRW hat aktuell entschieden: Mehrere Geschäftsgebühren aus Vertretungen in unterschiedlichen Verwaltungsverfahren sind nur bis zur Obergrenze von 0,75 einer vollen Gebühr aus dem Gesamtstreitwert eines anschließenden einheitlichen Klageverfahrens anzurechnen (OVG NRW, Beschl. v.17. Juli 2017 - 19 E 614/16). Damit weicht das OVG ab von dem Beschluss des BGH v. 28. Februar 2017 - I ZB 55/16.

Re: Anrechnung mehrerer Geschäftsgebühren

Verfasst: 27.07.2017, 15:55
von 13
Es ist nicht das erste Mal, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit und die ordentliche Gerichtsbarkeit unterschiedliche Auffassungen haben - und nicht selten sind die Entscheidungen der Spezialgerichtsbarkeit eher zu gebrauchen, so auch hier. Auch in meinen Augen ist die BGH-Entscheidung völliger Schwachsinn.

Im Übrigen gehe ich mit Anahid konform. Es ist bis heute nicht einsehbar, weshalb die gut gelaufene BRAGO überhaupt abgeschafft wurde. Ich oute mich als Anhänger der BRAGO und trauere ihr bis heute hinterher. Wo wir mit dem RVG hingekommen sind, sieht man just an dem hier genannten Fall wieder - dieser ewig streitige Anrechnungskäse allein kann einem schon den letzten Nerv rauben.

Re: Anrechnung mehrerer Geschäftsgebühren

Verfasst: 27.07.2017, 16:43
von Coco Lores
Oh man da weiß man echt langsam nicht mehr wer was wie angerechnet haben will! :patsch :roll:

Re: Anrechnung mehrerer Geschäftsgebühren

Verfasst: 30.12.2020, 18:04
von Adora Belle
Yay! Mit der Gebührenreform ist die BGH-Rechtsprechung ab 1. Januar 2021 Geschichte. Jetzt wird nach dem neuen §15a Abs.2 RVG genau so angerechnet, wie @Anahid, @Liesel und ich das für richtig halten. Zeit wird es! :lolaway

Re: Anrechnung mehrerer Geschäftsgebühren

Verfasst: 30.12.2020, 18:08
von Refa-99
Ich höre von dem Problem gerade das erste mal, wenn ich ehrlich bin. Kann dazu jemand mal ein Beispielsfall bilden, wann das relevant ist?
:thx

Re: Anrechnung mehrerer Geschäftsgebühren

Verfasst: 31.12.2020, 12:04
von Adora Belle
Der Beispielsfall ergibt sich aus dem Leitsatz oben, oder spätestens wenn Du die ganze BGH-Entscheidung mit Gründen liest. Oder Du liest hier im verlinkten Aufsatz, was sich geändert hat.