Vorbefassung Notar / Rechtsanwalt

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stefan2209
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#1

15.12.2023, 10:08

Hallo, alle miteinander

wir haben einen Kaufvertrag zwischen A (Verkäufer) und B (Käufer) über das Objekt C geschlossen (notarielle Tätigkeit). Der Kaufvertrag ist vollständig abgewickelt seit Juli 2022.

Herangetragen worden an uns ist der Notarvorgang durch D, der als Projektentwickler tätig ist. D ist auf das durch E vermakelte Objekt C gestoßen. B hat dann D gebeten, uns in seinem Namen einen Beurkundungsauftrag zu erteilen.

Mitte April 2023 hat uns B beauftragt, ihn in einer Angelegenheit gegen E zu vertreten (anwaltliche Tätigkeit). E vertritt die Auffassung, es bestand ein Alleinvermaklungsauftrag und macht die Maklerprovision gegen B geltend. B verweist darauf, dass Tätigkeiten, die D geleistet hat, ihn dazu bewogen haben, das Objekt C zu kaufen. E sei für B nicht tätig geworden.

Das Gericht vertritt die Auffassung, wir wären vorbefasst i. S. d. § 45 BRAO, weil wir den Kaufvertrag beurkundet haben.

Ich teile diese Auffassung nicht, weil es sich nicht um dieselbe Angelegenheit handelt, worauf § 45 BRAO abzielt, nicht zuletzt, um Interessenskonflikte zu vermeiden.

Dieselbe Angelegenheit kann es doch nur sein, wenn die beteiligten Parteien dieselben sind und der Gegenstand der Klage / des Vertrages dieselben sind. Beides ist nach meiner Auffassung nicht der Fall.

RA vertritt B gegen E. Gegenstand ist der Maklervertrag / die Maklerprovision für das Objekt C.

Notar vertritt A und B, Gegenstand ist der Kaufvertrag über das Objekt C.

Notar hat keinesfalls E vertreten, denn schon die Aufnahme einer Maklerprovision erweckt den Anschein der Parteilichkeit des Notars, so die einstimmige Meinung der hiesigen Notarprüfer. Dementsprechend findet sich keine Regelung (auch nicht i. S. v. §§ 656b, 656c BGB, weil hier nicht zutreffend) zur Maklerprovision im Vertrag. Auch D hat der Notar nicht vertreten.


Was ist Eure Meinung? Vorbefassung ja oder nein?
:-) alles im (Siegel-)Lack
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