Hausverkauf und dann Insolvenz

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Stromberg
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#1

24.07.2017, 16:32

Guten Tag,

bräuchte Euren Erfahrungsschatz:

Es soll ein Kaufvertrag geschlossen werden. Auf der Verkäuferseite ein in Scheidung lebender Ehemann.
Dieser will das Hausgrundstück verkaufen. Der Kaufpreis deckt mit viel Glück die Restschulden der eingetragenen Gläubiger.

Dann will er Insolvenz anmelden. Geht das und hat das Auswirkungen auf die Käufer? Wie gesagt, zum Zeitpunkt des Verkaufes hat er noch keine Insolvenz angemeldet.
Also auch noch keine Eintragung im Grundbuch und auch noch kein Insolvenzverwalter.

Der Käufer hat Bedenken, dass er Schwierigkeiten bekommt........

Vielen Dank
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paralegal6
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#2

24.07.2017, 22:38

Stichwort Anfechtung!
Ihr habt ja Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit.

Wird es denn unter Wert verkauft? Oder gibt es evtl. doch einen Übererlös?

Wenn der Verwalter im Grundbuch eingetragen ist, kann der Eigentümer ja auch gar nicht mehr verkaufen

Das alles muss aber dein Chef entscheiden
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MarenW
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#3

25.07.2017, 13:25

paralegal6 hat geschrieben:Stichwort Anfechtung!
Ihr habt ja Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit.
Eine Anfechtung kann dabei bis zu zehn Jahre zurückwirken. Hier spricht man von der sogenannten. Vorsatzanfechtung, bei der der Empfänger von finanziellen Schwierigkeiten des Schuldners wissen musste (§ 133 InsO). Es genügen schon die kleinsten Indizien als Nachweis.
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Stromberg
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#4

25.07.2017, 14:27

Vielen Dank für die Hinweise, aber so ganz verstehe ich das nicht ....

Der Verkäufer verkauft beispielsweise das Haus für 200.000 €. Die Gläubiger wollen 200.000 €. Die Gläubiger werden befriedigt, der neue Eigentümer wird eingetragen.
Was kann denn nach Umschreibung noch auf den Käufer zukommen?

Selbst wenn ein Übererlös vorhanden ist, zahlen wir diesen an den Verkäufer aus. Mit dem von ihm geplanten Insolvenzverfahren haben wir doch nichts zu tun. Die Angaben gegenüber dem Gericht über sein Vermögen gibt er doch selbst an oder ein etwaiger Insolvenzverwalter. Dann ist doch aber die Sache mit dem Hausgrundstück schon gegessen.

Wenn kein Übererlös vorhanden ist und die Gläubiger doch mehr als 200.000 € haben wollen, muss der Verkäufer entweder neu denken oder das Vorhaben aufgeben. Aber ich vermute, die Gläubiger nehmen das, was sie durch den Verkauf bekommen können.
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Kanzleihund
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#5

25.07.2017, 17:00

Erst einmal ist darüber nachzudenken, in welcher Höhe das Grundstück mit Grundpfandrechten belastet ist.
Sofern eine (nahezu) wertausschöpfende Belastung zu verzeichnen ist, dann ist das Risiko einer Insolvenzanfechtung minimal. Voraussetzung der Insolvenzanfechtung ist nämlich, dass die angefochtene Rechtshandlung die Gläubiger benachteiligt. Da die Banken auch im Insolvenzverfahren eine vorrangige Befriedigung aus ihren Grundpfandrechten erlangen können, ist eine Benachteiligung aller Gläubiger nicht gegeben. Denn bestenfalls "behumst" der Verkäufer / Grundstückseigentümer in diesem Fall die Bank(en).

Anders sieht es aus, wenn für die Gläubigergemeinschaft tatsächlich etwas zu holen ist. Dann wird der Insolvenzverwalter eingreifen, wenn das Grundstück erkennbar unter Wert veräußert wurde. Besonders wenn dies an nahestehende Personen erfolgt, hat das Ganze doch ein gewisses Geschmäck'le.

§ 106 InsO ist bei dem Vollzug des Geschäftes auch nicht unwichtig, allerdings wirkt die Vorschrift zugunsten des Käufers.
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#6

26.07.2017, 07:54

MarenW hat geschrieben:
paralegal6 hat geschrieben:Stichwort Anfechtung!
Ihr habt ja Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit.
Eine Anfechtung kann dabei bis zu zehn Jahre zurückwirken. Hier spricht man von der sogenannten. Vorsatzanfechtung, bei der der Empfänger von finanziellen Schwierigkeiten des Schuldners wissen musste (§ 133 InsO). Es genügen schon die kleinsten Indizien als Nachweis.
Wenn ich dazu etwas anmerken darf: Der § 133 InsO hat eine Reform erhalten, und zwar gültig ab 05.04.2017: Die zehn Jahre wurden auf vier Jahre verkürzt. Wie folgt:

Änderung bei Rechtshandlung des Schuldners

Rechtshandlungen, die der Schuldner bis zu zehn Jahren vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, sind anfechtbar, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte (§ 133 Abs. 1 Satz 1 InsO). Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zumindest drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligt (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO).

Das ist neu

§ 133 Abs. 2 InsO:

„Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Abs. 1 Satz 1 vier Jahre.“

Die Verkürzung gilt sowohl für kongruente (§ 130 InsO) wie auch für inkongruente (§ 131 InsO) Deckungshandlungen. Hinsichtlich sonstiger Rechtshandlungen wie etwa Vermögensverschiebungen verbleibt es bei dem zehnjährigen Zeitraum.
Liebe Grüße

Sylvia

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#7

26.07.2017, 09:29

GVZ-Schickerin hat geschrieben:Die Verkürzung gilt sowohl für kongruente (§ 130 InsO) wie auch für inkongruente (§ 131 InsO) Deckungshandlungen.
Das bezweifel ich jetzt mal :mrgreen:
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#8

27.07.2017, 15:02

Ok, dann hat mein Chef mir aber was Falsches gesagt oder ich habe es falsch verstanden :kopfkratz.
Liebe Grüße

Sylvia

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