Zurückbehaltungspflicht des Notars

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Katzenfisch
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#1

10.12.2015, 11:10

Einen schönen guten Morgen in die Forumsgemeinde.

Meine Frage richtet sich an die Experten in der Vertragsgestaltung. Ich hoffe auf reichhaltige Meinungsäußerung und ggf. Hinweise auf Recvhtsprechung.

Es geht um folgendes Problem:

Neuerdings fordern Städte bei Verkauf von Grundstücken die Aufnahme folgender Formulierung in die Kaufverträge.

" Der amtierende Notar wird angewiesen, die Umschreibung des Kauf-Grundstücks im Grundbuch erst dann beim Grundbuchamt zu beantragen, wenn die Notarkosten durch den Käufer überwiesen wurden und die Stadt schriftlich bestätigt hat, dass der Kaufpreis in voller Höhe gezahlt ist."

Auf meine Anfrage, welche Motivation seitens der Stadt dahinterstecken würde erklärte man mir, dass hierdurch vermieden/ausgeschlossen wird, dass die Stadt bei Nichtzahlung der Notarkosten durch den Käufer als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden kann durch den Notar. Daraufhin habe ich ersteinmal einen :lolaway :lolaway :lolaway gekriegt. Mir wurde dann eine Ablichtung von 2 Seiten eines mir nicht bekannten Kommentars zugeleitet. Dort steht folgendes:

Sofern der Käufer damit einverstanden ist, lässt sich das Risiko des Verkäufers, aus gesetzlicher Gesamtschuld - § 30 GNotKG - für die Notargebühren des Käufers herangezogen zu werden, ausschalten durch Rückbehalt des Eigentums durch den Verkäufer.

Außerdem wurrde behauptet, dass das die derzeit aktuelle Rechtsprechung sei. Urteile/Beschlüsse konnte man mir nicht benennen. Den Kommentar bzw. den Verfasser dieser Ansicht wollte man mir nicht mitteilen.

Ich habe daraufhin die für uns zuständige Notarkammer angerufen. Den Geschäftsführer hat fast der Schlag getroffen. Das ganze lief dann darauf hinaus, dass Papier geduldig ist und Verstösse gegen Gesetze unwirksam sind. Logisch. Zusammengefasst: Egal ob das im Vertrag steht, halten darf sich der Notar an diese Anweisung nicht. Zahlt der Käufer nicht, ist der Verkäufer dran und zwar bis zur letzten Konsequenz der Zwangsvollstreckung. Alles andere wäre Dienstvergehen.

Jetzt mal unter uns Betschwestern: Wenn diese Anweisung an den Notar bindend zulässig wäre, warum nehmen wir das nicht alle in unsere Urkunden auf mit der Konsequenz, dass dann, wenn der Käufer die Notarkosten nicht zahlt, der Verkäufer aus der gesamtschuldnerischen Haftung raus ist und "wir" auf haufenweise nicht vollzugsfähige Verträge glucken. Es macht so langsam keinen Spass mehr.

Hat schon jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie seht Ihr die Zulässigkeit?
Schreiberling
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#2

10.12.2015, 12:09

Guten Morgen ;-)
Die Formulierung führt m.E. nicht zu einem Ausschluss der gesamtschuldnerischen Haftung. Ein solcher Ausschluss ist nicht möglich. Es handelt es sich um eine Einreichungssperre. Aus meiner Sicht wird hier ein Zurückbehaltungsrecht kostruiert auf deren Auswirkungen der Notar gem. § 53 BeurkG hinweisen muss. Ob der Notar hier die Aufnahme der Klausel verweigern darf, wenn alle Beteiligten ihn anweisen, diese aufzunehmen, halte ich für fraglich.
Martin Filzek
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#3

10.12.2015, 13:46

Ich bin der Meinung bzw. habe den Eindruck, dass Frau Katzenfisch hier einiges missverstanden hat und sich künstlich aufregt über ein berechtigtes Verlangen einer Verkäuferpartei, und erklärbar ist das alles vor dem Hintergrund einer jahrzehntelangen Gewöhnung an eigentlich fragwürdige Rechtsprechung zum alten § 10 Abs. 1 KostO (vgl. ausführlich Filzek in KostO, 4. Aufl. 2009, § 10 Rn. 4 mit Hinweis auf OLG Düsseldorf, DNotZ 1999, 659 = KostRsp. § 10 Nr. 7 mit abl. Anm. Lappe = ZNotP 1999, 374 mit abl. Anm. Tiedtke; OLG Naumburg, NotBZ 2003, 241 mit abl. Anm. Lappe = ZNotP 2004, 334; LG Magdeburg, NotBZ 2002, 344 mit abl. Anm. Otto und weitere Nachweise a.a.O.), der jetzt in § 11 S. 2 GNotKG Rechnung getragen ist. Zusammenfassend festzuhalten ist, dass die damals in § 8 KostO (heute § 16 GNotKG) normierte Vorschuss-Erhebungsmöglichkeit des Notars nach dieser

verbraucher- und schuldnerfreundlichen und zugleich notarfeindlichen Auffassung und Rechtsprechung - heute wie gesagt auch Gesetzeslage in § 11 GNotKG

"leer läuft". Konkret geht es doch um Folgendes: Der geizige / nicht zahlungswillige Käufer X kann vom Notar, der so nett war, nicht von seiner Vorschusserhebungsmöglichkeit Gebrauch zu machen und schon alles beurkundet und zum Teil mit dem Vollzug und der Betreuungstätigkeit begonnen hat, "verlangen", die Urkunden, mit denen die Käuferposition verbessert wird, zum Vollzug einzureichen, ohne wenigstens nach der Beurkundung seinen Kostenanteil zu zahlen. Im Grunde würde die Abhängigmachung von der Kostenzahlung nach Beurkundung und begonnener Vollzugs- und Betreuungstätigkeit ja ein "Minus" sein gegenüber der nach wie vor zulässigen Vorschusserhebung vor der Beurkundung sein und müsste nach Gerechtigkeitsempfinden und juristischen Auslegungslehren (a maiore ad minus - was für mehr angeordnet ist, gilt erst recht für eine "Teilmenge" davon) zulässig sein. Anders aber die herrschend gewordene Auslegung, die einem pervertierten Schuldnerschutz, wie er in Deutschland auch anderswo zu beobachten sein wird und an den sich viele "gewöhnt" haben, zum Teil befördert durch belehrende Rundschreiben bestimmter Notarkammern.

Will der Verkäufer die letztlich ihn treffenden Nachteile einer schlechten Zahlungsmoral des Käufers verhindern, kann er natürlich entsprechende Absicherungen anregen.

Die angesprochenen Probleme sind zum Teil auch im aktuellen Skript von mir zum Notarkosten-Recht (Seminare im 2. Halbjahr 2015, letzter Termin morgen 12 - 17.15 Uhr in Husum, Best Western-Hotel Theodor-Storm, Neustadt 60 - 68, siehe filzek.de unter Seminare, Anmeldung noch möglich und willkommen) behandelt, S. 88 unten bis 89 Mitte, auszugsweise zitiert:

"... dass die Westfälische Notarkammer in einem kürzlich versandten Kammerreport, Nr. 2/2015 S. 58, die Weitergabe von unterschriftsbeglaubigten Erklärungen mit der Treuhandauflage, die entstandenen Notarkosten zu bezahlen, problematisiert und mit einem verlängerten Zurückbehaltungsrecht nach § 11 GNotKG für nicht vereinbar erklärt hat. Hintergrund ist die Entscheidung des BGH vom 16.10.2014, Az. V ZB 223/12, die noch zu einem Fall nach KostO ergangen ist und ein Zurückbehaltungsrecht des Notars nach § 10 Abs.1 KostO - der Vorgängervorschrift zum jetzigen § 11 GNotKG -verneinte, soweit der Käufer die Gebührenansprüche des Notars noch nicht erfüllt hatte. Im GNotKG ist dieser schon vorher bekannt gewesenen Auffassung des BGH bewusst Rechnung getragen worden, indem in § 11 S. 2 GNotKG nunmehr ausdrücklich gesetzlich bestimmt ist, dass die Vollzugspflicht nach § 53 BeurkG dem Zurückbehaltungsrecht des Notars vorgeht.
Rupp in Notar Heft 2/2015 S. 58 f. sowie Dirk-Ulrich Otto in NotBZ 2015, 96 ff. haben die Entscheidung in klugen Anmerkungen besprochen und empfehlen, um einerseits den Verkäufer in vergleichbaren Fällen abzusichern (und zugleich auch für den Notar die Gebühren besser zu sichern), die Zahlung der Notarkosten ggf. zu einer Vollzugsvoraussetzung im Kaufvertrag zu machen. Dem Verkäufer bleibt es so sicherer erspart, im Fall der Nichtzahlung durch den Käufer als Gesamtschuldner nach §§ 29 ff. GNotKG in Anspruch genommen zu werden. Zugleich weist Otto a.a.O. (S. 98) darauf hin, dass § 11 Satz 2GNotKG es nicht verbiete, eine Katalogtätigkeit nach Vorbem. 2.2.1.1 KV-GNotKG auch noch nach Beurkundung von einer Vorschussleistung abhängig zu machen. Dies müsste m. E. auch für die zum letzten Fragenkomplex untersuchte Tätigkeit, für welche die spezielle Übersendungsgebühr KV 22124 entsteht, gelten, so dass so gesehen die Hinweise und Bedenken von der Westfälischen Notarkammer noch einmal überdacht werden sollten."
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Schreiberling
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#4

10.12.2015, 16:40

Hmmmm, was außer der Tatsache, dass Sie viel Literatur haben, soll denn jetzt für Katzenfisch als Antwort dabei rauskommen?
Martin Filzek
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#5

10.12.2015, 16:59

Wenn Katzenfisch, Schreiberling oder sonst wem der Antworttext zu viel ist, habe ich keine Schwierigkeit zu sagen, dass ich mich auch der vorzüglichen und sachgerechten Antwort von Schreiberling in #2 zustimmend anschließe.
Andererseits empfinde ich es schon als etwas ungehörig und persönlich verletzenxd, die zusätzlich gegebenen Hinweise in der längeren Antwort so negativ darzustellen.

P,S. Zum vorletzten Absatz des Eröffnungsbeitrags noch: Was wäre "schlimm" daran, wenn der Notar dann "haufenweise" auf nicht vollzugsfähigen Verträgen "glucken" müsste? Kann dem Notar doch egal sein - der Käufer hat es doch in der Hand, seine Zahlungspflicht wegen der Notarkosten zu erfüllen und die ihn begünstigende Urkunde dann vollzugsfähig zu machen. (Abgesehen davon wird es wohl kaum so viele zahlungsunwillige Käufer geben, schätze ich, und es sind doch ganz seltene Einzelfälle, die nicht so ins Gewicht fallen, dass man von "haufenweise" reden kann.). Ein Gesichtspunkt wäre auch noch, dass gerade Gemeinden auf Verkäuferseite noch mehr Gründe haben, eine solche Zahlung der Käufer zur Vollzugsvoraussetzung zu machen, denn die gesamtschuldnerische Inanspruchnahme der Verkäufer würde in diesem Fall ja die öffentliche Hand treffen und damit u. U. alle Steuerpflichtigen in Mitleidenschaft ziehen durch den Egoismus einzelner Käufer.
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Katzenfisch
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#6

11.12.2015, 09:23

Guten Morgen,

ich danke zunächst einmal für die Antworten.Es geht hier weder um Probleme im Kostenrecht noch um eine möglicherweise zulässige Vorlagesperre oder um die Möglichkeit, vor Beurkundung einen Kostenvorschuss zu verlangen, sondern um die simple Frage, ob es zulässig ist, dass eine Vertragspartei sich über eine solche Formulierung von der lästigen gesamtschuldnerischen Haftung befreien kann.

Da bin ich der gleichen Ansicht wie Schreiberling, dass das nicht möglich und auch nicht zulässig ist. Und jetzt mal meine private Meinung: Wäre es zulässig, die Zahlung des Käufers hinsichtlich der Notarkosten als Vorlagesperre einzubauen, würde man diese "gängige Verfahrensweise" in jedem Formularbuch finden.

Wenn Städte Grundbesitz verkaufen, betreffen solche Verkäufe fast ausschließlich den rein wirtschaftlichen Bereich der Städte. Wir sind an dieser Stelle in § 17 2 a Beurkundungsgesetz. Was anderes gilt nur, wenn die Stadt als öffentliche Hand hoheitlich handelt, weil der Verkauf/Kauf einem öffentlichen Zweck dient.

Zahlt also der Käufer nicht, hole ich mir das Geld vom Verkäufer, egal, was andere darüber denken. Inwieweit hierdurch alle Steuerpflichtigen in Mitleidenschaft gezogen werden erschließt sich mir nicht.


Im übrigen hat sich jeder Notar bedingungslos der Ansicht seiner Notarkammer anzuschließen und zwar auch dann, wenn er sie persönlich vielleicht für falsch hält.
Martin Filzek
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#7

11.12.2015, 10:05

Katzenfisch hat geschrieben:Guten Morgen,

ich danke zunächst einmal für die Antworten.Es geht hier weder um Probleme im Kostenrecht noch um eine möglicherweise zulässige Vorlagesperre oder um die Möglichkeit, vor Beurkundung einen Kostenvorschuss zu verlangen, sondern um die simple Frage, ob es zulässig ist, dass eine Vertragspartei sich über eine solche Formulierung von der lästigen gesamtschuldnerischen Haftung befreien kann.

Da bin ich der gleichen Ansicht wie Schreiberling, dass das nicht möglich und auch nicht zulässig ist.

Der Ansicht bin auch ich. Aber dennoch werden die Gefahren der gesamtschuldnerischen Haftung durch eine Vorlagesperre, bis der im Innenverhältnis zur Zahlung Verpflichtete gezahlt hat, natürlich gegen 0 reduziert. Und das ist natürlich zulässig.


Und jetzt mal meine private Meinung: Wäre es zulässig, die Zahlung des Käufers hinsichtlich der Notarkosten als Vorlagesperre einzubauen, würde man diese "gängige Verfahrensweise" in jedem Formularbuch finden.

Diese Meinung halte ich für unzutreffend, denn es sind solche Marginalien, an die viele Formularbuch-Autoren zuletzt denken gegenüber den wesentlicheren Dingen wie Sicherung der Hauptleistungen der einzelnen Vertragspartner. Solche Nebenkostenregelungen werden - evtl. manchmal zu Recht - als relativ unbedeutend eingestuft und nicht näher behandelt, können aber für einzelne Beteiligte durchaus interessant sein. Wie in meinem ersten Beitrag erwähnt, haben sich wissenschaftlich sehr gebildete Notare und Notarassessoren in den oben genannten Anmerkungen, zum Teil mit Formulierungsvorschlag, für die Möglichkeit einer solchen Vorlagesperre geäußert.


Wenn Städte Grundbesitz verkaufen, betreffen solche Verkäufe fast ausschließlich den rein wirtschaftlichen Bereich der Städte. Wir sind an dieser Stelle in § 17 2 a Beurkundungsgesetz. Was anderes gilt nur, wenn die Stadt als öffentliche Hand hoheitlich handelt, weil der Verkauf/Kauf einem öffentlichen Zweck dient.

Zahlt also der Käufer nicht, hole ich mir das Geld vom Verkäufer, egal, was andere darüber denken.

Wäre es nicht auch für den Notar von Vorteil, dass es zu einer Nichtzahlung des Käufers - durch das Druckmittel der Ausgestaltung der Vollzugsvoraussetzungen mit auch gezahlten Notarkosten - dazu erst gar nicht kommen muss?


Inwieweit hierdurch alle Steuerpflichtigen in Mitleidenschaft gezogen werden erschließt sich mir nicht.

Das macht nichts; im übrigen ist das nur ein winziges Nebenargument bei Beteiligung der öffentlichen Hand, und für alle Normalfälle spricht eben die Sicht der weiteren Verkäufersicherung allgemein für diese - nicht zwingende - aber mögliche Verfahrensweise mit der Vollzugsvoraussetzung auch der Zahlung von entstandenen Notarkosten durch Käufer.


Im übrigen hat sich jeder Notar bedingungslos der Ansicht seiner Notarkammer anzuschließen

Das ist etwas übereifrig, selber denken bleibt weiterhin erlaubt. Zu berücksichtigen ist auch, dass es sicher keine abweichende Ansicht der Westfälischen oder einer sonstigen Notarkammer darüber gibt, dass die Vereinbarung einer Vollzugssperre zur Absicherung des Verkäufers etwa unzulässig wäre, nur weil damit indirekt eine Minimierung seiner Risiken aus der gesamtschuldnerischen Haftung für Notarkosten (oder Grunderwerbsteuer z. B.) verbunden ist. Insofern handelt es sich allein um ein persönliches Missverständnis von Dir, lieber Katzenfisch.


und zwar auch dann, wenn er sie persönlich vielleicht für falsch hält.
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#8

11.12.2015, 17:02

Ich glaube nicht, dass ich hier einem persönlichen Missverständnis unterliege.

Zahlt der Käufer nicht, stelle ich eine vollstreckbare Kostenrechnung zu und lasse über den Gerichtsvollzieher zustellen und im Anschluss hieran vollstrecken.

Stellt sich heraus, dass der Käufer zahlungsunfähig ist - aus welchen Gründen auch immer -, hole ich mir das Geld vom Verkäufer. Zahlt auch der nicht = gleiches Spielchen. Vollstreckbare Ausfertigung, Zustellung, Vollstreckung.

Und nur darum geht es bei meiner Frage. Dass der Verkäufer insoweit sein Risiko auf gesamtschuldnerische Haftung gegen 0 minimieren kann erschließt sich mir nicht.
Martin Filzek
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#9

11.12.2015, 18:50

Katzenfisch hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass ich hier einem persönlichen Missverständnis unterliege.

Zahlt der Käufer nicht, stelle ich eine vollstreckbare Kostenrechnung zu und lasse über den Gerichtsvollzieher zustellen und im Anschluss hieran vollstrecken.

Stellt sich heraus, dass der Käufer zahlungsunfähig ist - aus welchen Gründen auch immer -, hole ich mir das Geld vom Verkäufer. Zahlt auch der nicht = gleiches Spielchen. Vollstreckbare Ausfertigung, Zustellung, Vollstreckung.

"hole ich mir das Geld vom Verkäufer" - "gleiches Spielchen" : aussagepsychologisch diagnostiziere ich hier eine häufig bei weiblichen Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten zu beobachtende "Lust" auf Zwangsvollstreckung, die in meinen Augen eine erworbene "Berufskrankheit" ist und mich irgendwie befremdet. Deshalb erklärt sich vielleicht auch die Aufregung über den Versuch, aus der gesamtschuldnerischen Haftung zu entkommen bzw. das Risiko der Inanspruchnahme als Gesamtschuldner durch die Vollzugsvoraussetzung der Käuferzahlung zu verringern? Der Notar ist aber nicht dazu da, die Vollstreckungsgelüste seiner Angestellten zu befriedigen, sondern den berechtigten Interessen der Beteiligten Rechnung zu tragen, was für eine Vollzugssperre bei Nichtzahlung durch den eigentlich zahlungsverpflichteten Käufer spricht zur Absicherung der Verkäuferinteressen.


Und nur darum geht es bei meiner Frage.

Das muss einem aber auch gesagt werden, denn im Fragebeitrag #1 sind auch ganz andere Probleme, die von Dir nur nicht erkannt bzw. nicht vollständig erfasst werden (was sehr verständlich ist angesichts der Komplexität der Regelungen zu Vorschuss / Zurückbehaltungsrecht, BGH-Rechtsprechung und Literatur dazu usw., alles höchst komplizierte Fragen, die sich nicht nebenbei überblicken lassen, sondern eingehende Beschäftigung erfordern, wozu obige Hinweise dienen sollten) angesprochen.


Dass der Verkäufer insoweit sein Risiko auf gesamtschuldnerische Haftung gegen 0

Dann nehme ich im obigen eigenen letzten Beitrag die Worte "gegen 0" zurück und korrigiere in nur "verringern" ohne "gegen 0", denn das war natürlich ein Versehen, denn in den Fällen der tatsächlichen Zahlungsunfähgkeit bzw. auch sonst bleibt ja die gesamtschuldnerische Haftung des Verkäufers erhalten


minimieren kann erschließt sich mir nicht.
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#10

15.12.2015, 11:14

Katzenfisch hat geschrieben:

Im übrigen hat sich jeder Notar bedingungslos der Ansicht seiner Notarkammer anzuschließen und zwar auch dann, wenn er sie persönlich vielleicht für falsch hält.
Da bin ich aber völlig anderer Meinung und gebe Filzek recht. In einer uralten Kostenentscheidung habe ich mal gelesen: "Wer ungeprüft die Ansicht seines Landgerichts übernimmt handelt pflichtwiedrig."
Leider find ich das nicht mehr, hatte das mal gerahmt für den Kostenprüfer ;-). Für die Kammer dürfte das jedoch auch gelten. Bedingungslos der Ansicht eines Dritten folgen kann nicht richtig sein.
Den eigenen Verstand nutzen macht Sinn und führt, das will ich nicht in Abrede stellen, häufig zum gleichen Ergebnis.

Schönen Tag noch .
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