Umschreibung der Vollstreckungsklausel, Insolvenz

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Panda
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#1

02.12.2010, 12:53

Hallo Forenos,

wir haben früher eine Grundschuldbestellung beurkundet. Später wurde die Vollstreckungsklausel auf den Treuhänder umgeschrieben, da im Grundbuch vermerkt wurde, dass über das Vermögen der Eigentümerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Jetzt bekommen wir die Unterlagen mit der Bitte zurück, die Vollstreckungsklausel auf die Eigentümerin umzuschreiben, und zwar "auf Grund der Freigabe des Objektes aus der Insolvenzmasse". Im Grundbuch ist der Vermerk gelöscht, wonach über das Vermögen der Eigentümerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

Reicht der Grundbuchauszug als Nachweis, dass ich die dingliche Vollstreckungsklausel auf die Eigentümerin umschreiben kann?

Schon mal vielen Dank. :D
Panda
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Katzenfisch
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#2

02.12.2010, 13:17

Mir würde der Grundbuchauzug nicht reichen und würd die Vorlage der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters gegenüber dem Insolvenzgericht verlangen, wobei Kopie ausreicht.

Schau mal in die Grundakte. Dort muss es ja irgendeine Urkunde geben, die letztendlich zur Löschung des InoVermerks geführt hat.
Jupp03/11

#3

02.12.2010, 13:26

Wenn der Inso-Vermerk im Grundbuch eingetragen war, dieser jetzt gelöscht wurde und die Insolvenzschuldnerin noch Eigentümerin ist, reicht ein begl. GB-Auszug oder Bescheinigung nach GB-einsicht über Internet aus. Eines Nachweises der Freigabe bedarf es nicht.
Katzenfisch
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#4

02.12.2010, 14:04

Ah ja, und wo steht das?
Jupp03/11

#5

02.12.2010, 14:24

Das steht nirgendswo, das sagt der reine Menschenverstand, weil ich bei der Klauselumschreibung nur Tatsachen bescheinige.

im übrigen:
Mit einer einfachen Kopie weist man nichts nach.
Katzenfisch
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#6

02.12.2010, 15:05

Die vollstreckbare Ausfertigung kann für und gegen Rechtsnachfolger erteilt (umgeschrieben) werden im Rahmen der §§ 727 ZPO. Dazu muss der Notar stets prüfen, ob die Voraussetzungen für die Klauselumschreibung gegeben sind und zusätzlich die Voraussetzungen für die Rechtsnachfolge.

Ob die Voraussetzungen gegeben sind, ist auch im Falle der erneuten Klauselumschreibung erneut zu prüfen. Wie in den Fällen des § 726 ZPO müssen Nachweise oder Offenkundigkeit geführt werden.

Das ist im Grunde nichts anderes, als wenn mann eine Vollstreckungsklausel zunächst auf den Testamentsvollstrecker umschreibt und dann später nach Beendigung der Testamentsvollstreckung auf die Erben (neue Eigentümer im Grundbuch) umschreibt. Auch hier muss nachgewiesen werden, dass die Testamentsvollstreckung nicht mehr besteht.

Nichts anderes gilt für die Insolvenz. Bei der Insolvenz kommt erschwerend hinzu, dass die InsO die Freigabe des Grundstücks formfrei zulässt, zur tatsächlichen Freigabe und Löschung im Grundbuch aber eine notarielle Erklärung des Insolvenzverwalters in der Form des § 29 GBO von den Grundbuchämtern gefordert wird, sofern die Löschung des Insolvenzvermerks nicht über das Insolvenzgericht veranlaßt worden ist.

Der Umstand, dass der Insolvenzvermerk im Grundbuch gelöscht ist bedeutet nicht, dass das Grundstück tatsächlich aus der Masse entlassen wurde.
Jupp03/11

#7

02.12.2010, 15:26

Der Nachweis der Freigabe ist im Klauselerteilungsverfahren nicht zu führen, wenn ein Inso-Vermerk im GB gelöscht wurde. Und es bedarf -soweit es meine Person betrifft- auch nicht der Aufführung von Gesetzestexten, die im übrigen das bestätigen, was ich geschrieben habe.
Katzenfisch
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#8

02.12.2010, 16:54

Hier mal eine etwas verständlichere Erklärung eines "Fachmanns" auf diesem Gebiet.

Als Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass der Eintragung oder Löschung des Insolvenzvermerks jeweils nur deklaratorische Wirkung zukommt.

Die Verfügungsbeschränkung des § 80 Abs.1 InsO tritt nicht durch die Eintragung des Vermerks, sondern durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein, ebenso wie der Wegfall des Insolvenzbeschlags nicht durch die Löschung des Vermerks, sondern durch außerhalb des Grundbuchs liegende Umstände, etwa aufgrund einer Freigabe durch den Insolvenzverwalter oder die Aufhebung des Insolvenzverfahrens eintritt.

Mit dieser -unstreitigen- Feststellung ist aber noch nichts für die Beantwortung der Frage gewonnen, ob das Grundbuchamt im Einzelfall vom Bestehen oder vom Wegfall der Verfügungsbeschränkung des § 80 Abs.1 InsO auszugehen hat. Auch die in § 891 Abs.1 und 2 BGB geregelten Vermutungen helfen insoweit nicht weiter, weil die Eintragung des Insolvenzvermerks keine Vermutung für das Bestehen der Verfügungsbeschränkung und die Löschung des Vermerks keine Vermutung für den Wegfall der Verfügungsbeschränkung begründet (KGJ 52 A, 166; LG Berlin Rpfleger 2003, 648; LG Berlin Rpfleger 2004, 158; Staudinger/Gursky § 891 Rn.15, 46 m.w.N.). Solche gesetzlichen Vermutungen i.S. des § 891 BGB sind aber auch nicht vonnöten, weil sich aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die gesamte Dauer des Insolvenzverfahrens schon aus dem Gesetz, nämlich § 80 Abs.1 InsO, ergibt, dass die genannte Verfügungsbeschränkung besteht, und zwar ganz unabhängig davon, ob der Insolvenzvermerk eingetragen ist oder nicht (mehr) eingetragen ist.

----------------

Übersetzt ins normale Deutsch:

Der Grundbuchauszug ist (für den Notar) kein Beweis / Nachweis dafür, dass das Grundstück aus der Insolvenzmasse entlassen wurde. Für die Klauselumschreibung ist im Ergebnis der Nachweis erforderlich, dass der Insolvenzverwalter das Grundstück aus der Masse entlassen hat.

Das sollte man eigentlich wissen.
Katzenfisch
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#9

02.12.2010, 17:10

Aus dem Fehlen des Vermerks folgt nicht, dass die Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters nicht oder nicht mehr besteht.

Das gilt sowohl dann, wenn der Vermerk noch nicht eingetragen ist, als auch dann, wenn er wie hier bereits eingetragen war, aber wieder gelöscht worden ist.

Insbesondere spricht in diesen Fällen keine Vermutung für die Verfügungsmacht des eingetragenen Eigentümers.

Die Vermutung des § 891 Abs.1 BGB, die auch vom GBA zu beachten ist, erstreckt sich nicht auf den Umstand, dass der eingetragene Rechtsinhaber über sein Recht unbeschränkt verfügen kann (KG NJW 1973,428,430; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 891 Rn. 5; Staudinger/Gursky, BGB, Neubearbeitung 2002, § 891 Rn. 29 m.w.N., a.A. OLG Frankfurt, Rpfleger 1991,361).

Auch eine tatsächliche Vermutung für die Verfügungsbefugnis des eingetragenen Eigentümers besteht hier nicht (vgl. zur tatsächlichen Vermutung der Verfügungsbefugnis des eingetragenen Eigentümers: KG a.a.O.). Diese ist wiederlegt durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. In einem solchen Fall spricht vielmehr die tatsächliche Vermutung für den Insolvenzbeschlag des schuldnerischen Vermögens und damit für die Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Für die Fortdauer der Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters spricht eine tatsächliche Vermutung jedenfalls dann, wenn wie hier weiterhin eine Bestallungsurkunde vorgelegt werden kann.“
...
Ist der Insolvenzvermerk auf Ersuchen des Insolvenzgerichts gelöscht worden, so ergibt sich daraus keine sichere Kenntnis davon, dass das Grundstück aus der Insolvenzmasse ausgeschieden ist und deshalb nicht mehr der Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters unterliegt (a.A. LG Osnabrück KTS 1972,202,203; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rn. 1638).
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Panda
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#10

02.12.2010, 21:08

Vielen Dank für die ausführlichen Antworten. Vom Grundbuch habe ich telefonisch erfahren, dass der Vermerk aufgrund eines Beschlusses des Insolvenzgerichtes gelöscht worden ist. Wenn ich Katzenfisch richtig verstanden habe, reicht dies nicht aus. Also werde ich den Insolvenzverwalter anschreiben, dass er eine Bestätigung herreicht, wonach das Objekt "freigegeben worden.

:xd
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