Notar wird 70. Was nun ?

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Okudera
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#11

12.03.2010, 14:16

Sorry, § 613a BGB ist hier nicht anwendbar.

vgl. zuletzt BAG, Urteil vom 26.8.1999 - 8 AZR 827/98 -
Wesentliches Substrat des Notariats ist die höchstpersönliche Notarbefugnis (Notaramt). Die Bestellung eines neuen Notars zur hauptberuflichen Amtsausübung führt deshalb auch dann nicht zu einem rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang gem. § 613a BGB, wenn der neue Notar die Kanzlei und das Personal eines aus dem Amt entlassenen Notars übernimmt.

Soweit mir bekannt ist, gilt es aber als ungeschriebene Amtspflicht, dass das Personal des Amtsvorgängers übernommen wird (natürlich nur soweit wirtschaftlich möglich).

P.S.: Hat der ausscheidende Notar denn gekündigt? Er hat doch sonst noch alle Arbeitsverträge am Bein.
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uhrkunde
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#12

12.03.2010, 14:27

@ okudera

Wieso soll der "alte" Herr denn kündigen ? Sein Notar-Dasein-Lebenslicht wird ihm ja von der Notarkammer ausgeblasen. Das findet der selber gar nicht spaßig, er ist nämlich nur nach seinem Geburtsdatum so alt. Mitte des Jahres vollendet er sein 70stes Lebensjahr und scheidet damit gezwungenermaßen aus. Das Notariat wird dann von jemand anderem übernommen, der inzwischen auch von der Notarkammer bestätigt bzw. bestellt wurde. Damit hat unser "alter" liebenswerter und menschlich + fachlich hervorragender Notar nix mehr zu melden. Wieso sollte er dann noch was am Bein haben ?

Gruß Uhrkunde
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uhrkunde
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#13

12.03.2010, 14:31

Pardon okudera,

habe ich falsch verstanden. Der "alte" Notar hat die Kündigung an alle Mitarbeiter ausgesprochen. Dies bisher nur mündlich. Er muß es natürlich auch noch schriftlich tun. Dies wird wohl in den nächsten Tagen geschehen. Übergabe wird dann am Datum seines 71. Geburtstages sein.

gruß von uhrkunde
Okudera
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#14

12.03.2010, 15:01

Gut, dass er das getan hat.
Arbeitsverträge enden nämlich nicht automatisch durch erreichen eines gewissen Alters des Arbeitgebers.
Er muss betriebsbedingt kündigen, weil er - ohne Notariat - niemanden mehr beschäftigen kann.

Dies ist gerade Folge, weil § 613a BGB - zumindest nach derzeitiger Rechtsprechung - gerade keine Anwendung findet und daher Arbeitsverhältnisse nicht kraft Gesetzes auf den Nachfolger übergen.
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uhrkunde
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#15

12.03.2010, 16:13

@ okudera,

Du, als Notarassistent, und in spe möglicherweise Anwärter auf ein Notar-Amt - soweit Du in der Liste der Notarkammer Düsseldorf durch (altersmässig oder in Folge von Tod) ausscheidende Notare stetig höher rückst, hast möglicherweise mehr "Grund"kenntnisse.

Es stimmt mich aber trotzdem nachdenklich, dass im Notarwesen eine sog. "Altersdiskriminierung" stattfindet.

Dieses Problem tritt auch in anderen Berufszweigen auf. Z.B. bei Richtern, Piloten, oder sogar Schornsteinfegern.

Inzwischen haben sich ja viele Gerichte - auch der EuGH - mit diesem Thema beschäftigt und das Sozialgericht Dortmund wohl dahingehend entschieden, dass zumindest bei Ärzten in in ländlichen Regionen die Alterseinschränkung nicht anzuwenden ist.

Es ist mir nicht nachvollziehbar, warum ein Notar, der die gesetzbestimmte Altersgrenze von 70 Jahren überschritten hat, sein Amt nicht mehr ausführen darf.

Dass natürlich junge Leute, wie Du, das Gesetz befürworten, ist allzu verständlich. Aber auch Du wirst in 32 Jahren den gesicherten und erträgnisreichen Posten aufgeben müssen. Möglicherweise fühlst Du Dich aber noch völlig fit.

Machen wir uns doch nichts vor. Notare haben durchweg ein stressfreies Leben. Die Wangen sind meist etwas rosig gefärbt (kommt vom Aufenthalt in viel frischer Luft), der obligatorische Montblanc belastet das Handgelenk nicht wirklich, das Vorlesen der von den Notarfachangestellten produzierten Texte belastet die Stimmbänder ein wenig okay, aber das war´s dann auch. Gebührenrechnung erstellt die Buchhaltung dann nach Vorgabe, und die ist häufig nicht unterdimensioniert. Bei uns z.B. eine pleitegehende Privatbank oder z.B. ein nicht näher bezeichnetes Versandhaus.

Wie dem auch insgesamt sei : Meine Kolleginnen und ich fürchten den Arbeitsplatz zu verlieren. Die Crux ist, dass es in dem reglementierten Sektor Notariat nur eine begrenzte Anzahl von Notaren und somit auch von Mitarbeitern in einem Notariat gibt. Mutig also ist, wer sich in diesen Bereich begibt.

Es grüßt uhrkunde
Okudera
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#16

12.03.2010, 16:35

Deine Situation ist natürlich bitter.

Aber:
Meines Wissens wird die Notarkammer regelmäßig nach qualifizierten Mitarbeitern befragt. Die sind nämlich rar (wie ich aus eigener Erfahrung berichten kann).
Hierbei sind nicht nur andere Notare potentielle Arbeitgeber, sondern Liegenschaftsverwaltungen von Versicherungen usw.
Ansonsten würde ich mal beim VDN nachfragen, dort laufen auch immer Anfragen auf.

So rosig ist das Notarleben auch nicht:
Die goldenen Zeiten sind vorbei. Viele Landnotare krebsen auf unterem Niveau rum. In Städten gibts teilweise noch zu viele Notare, die sich die Urkunden wegnehmen.

P.S.: Die Altersgrenze von 70 ist insbesondere europarechtsfest. Gibt hier vergleichbare ENtscheidungen.
RIchter müssen sogar mit 65 aufhören (andere Beamte erst mit 67). Rechtmäßigkeit hiervon ist auch gerichtlich bestätigt.
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