Notaranderkonto oder Direktzahlung?

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micha7981
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#11

13.05.2008, 08:42

Ich persönlich finde, dass Notaranderkonten keine Gebührenschneiderei darstellen. Denn der Urkundenvollzug sowie ca. 60-70 Prozent der notariellen Tätigkeiten sind Zuschussgeschäfte für den Notar.

Manche werden einwenden, Notare seien ohnehin sehr reich und bekämen den Hals nicht voll. Das trifft sicher auf manche zu; der hohe Durchschnittsverdienst (welcher allerdings nicht höher ist als der Durchschnittsverdienst in Anwaltskanzleien nach mehrjähriger Berufserfahrung) ist darauf zurückzuführen, dass einige in der Tat sehr viel verdienen.

Die andere Seite der Medaille sind die defizitären Notare in den neuen Bundesländern. Notare sollen ja deutlich überdurchschnittliche Juristen sein (§ 7 BNotO); solche Leute wird man nicht mehr gewinnen können, wenn man ihnen nicht eine angemessene Einkommensperspektive bietet; in den neuen Bundesländern besteht die "Flucht in die Einkommensergänzung" (auf Kosten der Allgemeinheit), und in Bereichen ohne Einkommensergänzung verdienen Nur-Notare teilweise weniger als die Einkommensergänzung.

Warum sollte ein guter Mann/Frau dann Notar werden, wenn er/sie in der Justiz sicher (!) und ohne Haftung- und Arbeitgeberpflichten dasselbe Gehalt bekommt (mit richterlicher Unabhängigkeit), oder in der Wirtschaft deutlich mehr?

Übrigens sind schlecht verdienende Notare idR auch schlechte und schlecht zahlende Arbeitgeber...

Selbst mit Anderkonto sind die Notarkosten noch deutlich geringer als Maklerkosten; der Staat kassiert Grunderwerbsteuer, ohne irgendetwas zu tun.
Vielleicht ist das Anderkonto nicht das geeignete Rezept; aber es erscheint mir kurzfristig plausibel, um Missständen abzuhelfen (wenn die Landesjustizverwaltungen in den betroffenen Ländern weiterhin keine Stellen einziehen).

Würde mich über Eure Auffassungen freuen.
Gruß
Micha
Tasika
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#12

13.05.2008, 10:43

Wir wickeln unsere Verträge trotz Aufgebotsverfahren ohne Notaranderkonto ab. Meistens verpflichtet sich dann der Verkäufer zur Übernahme sämtlicher mit der Löschung des Grundpfandrechtes o. a. in Zusammenhang stehenden Koste, auch die Kosten des Aufgebotsverfahrens.
Sonnige Grüße

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#13

13.05.2008, 14:05

@micha: das stimmt natürlich, aber ich finde es einfach unverhältnismäßig und ich persönlich habe auch keine Lust immer diese blöden Bücher zu führen.. macht nur Arbeit.. da schreib ich lieber einmal mehr und fertig

mag sein, dass ich mir damit ins eigene FLeisch schneide, aber die paar Kröten machen den Kohl für uns auch nicht fett
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#14

13.05.2008, 14:21

Bei uns wurde ausdrücklich von der Kammer bzw. vom Notarprüfer darauf hingewiesen, dass wir möglichst keine Notaranderkonten mehr verwenden sollten.

Aufgrund dessen stellt sich auch nicht die Frage, welche der beiden Varianten für den Notar die lohnendere wäre. Wir können es uns ohnehin nicht aussuchen.

Ansonsten muss ich Pepsi zustimmen. Der Arbeitsaufwand bei Abwicklung über das Notaranderkonto ist eindeutig höher!
Sonnige Grüße

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#15

13.05.2008, 15:22

na sag ich doch... bei uns ist es auch "verboten" aber bei einigen Fällen im Jahr drücken sie ein Auge zu..
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#16

13.05.2008, 17:44

micha7981 hat geschrieben: Vielleicht ist das Anderkonto nicht das geeignete Rezept; aber es erscheint mir kurzfristig plausibel, um Missständen abzuhelfen (wenn die Landesjustizverwaltungen in den betroffenen Ländern weiterhin keine Stellen einziehen).
So ist es: das Anderkonto ist keinesfalls das geeignete Rezept.
Ein Grund für die Einführung des § 54a BeurkG war übrigens die extrem hohe Zahl von Schadensfällen im Zusammenhang mit Notaranderkonten!
Offenbar war die Selbstbedienung vom NAK für einige Notare zu verlockend.

Das was micha7981 vorschlägt, würde bei uns eindeutig zu Dienstaufsichtsmaßnahmen führen. Für den OLG-Bezirk Hamm kann ich daher nur davor warnen, derartige Ratschläge anzunehmen.

@Pepsi:
"Einige Fälle" sind idR kein Problem, ich glaube nicht dass dies das ist, was micha7981 vorschwebt.
micha7981
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#17

13.05.2008, 18:03

Nun ja, vielleicht bedürfen die Streitigkeiten hinsichtlich des berechtigten Sicherungsinteresses einmal der Klärung durch die obergerichtliche Rechtsprechung, sodass mutige Kollegen vielleicht einmal der Dienstaufsicht die Stirn bieten (zugegeben, da gehört einiges an Mut dazu). Es kann nicht sein, dass eine bundesrechtliche Norm in HH anders ausgelegt wird als in NRW.

Wenn das Anderkonto wirklich so schlimm ist, stellt sich die Frage, warum es in HH immer noch häufig verwendet wird.

Ich kenne auch den Hintergrund, der zur Schaffung des § 54a BeurkG geführt hat. Die Frage ist halt, ob es Sinn macht, den Notaren das Leben immer mehr zu erschweren. Würden Stellen eingezogen, bräuchte man darüber nicht zu reden; aber man kann den Notaren nicht andauernd Steine statt Brot geben (wohlgemerkt: ich rede nicht von denen, die für die Vorurteile von der "Gelddruckmaschine" verantwortlich sind, sondern von der weitaus größeren Masse).

Aber rein pragmatisch gebe ich in der Tat nicht den Ratschlag, ein Notaranderkonto ohne ein berechtigtes Sicherungsinteresse zu verwenden - bzw. das, was die jeweilige Kammer dafür hält.
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#18

13.05.2008, 20:47

das hat nichts mit auslegung zu tun, sondern irgendwie mit einer "Herrschaft" der Herren Notare in Hamburg... ich kanns dir nicht näher erläutern, aber irgendwie machen die da was sie wollen
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#19

14.05.2008, 08:10

@micha7981
Grundsätzlich hast Du natürlich Recht:

"Es kann nicht sein, dass eine bundesrechtliche Norm in HH anders ausgelegt wird als in NRW."

Für den OLG-Bezirk Hamm haben sich aber immerhin die Notare, vertreten durch die Westfälische Notarkammer Hamm, und der Präsident des OLG (als Dienstaufsicht) auf eine einheitliche Verfahrensweise geeinigt:
vgl.
http://www.westfaelische-notarkammer.de ... ru-205.pdf
Kordu

#20

19.05.2008, 08:29

Revisor hat geschrieben:Das was micha7981 vorschlägt, würde bei uns eindeutig zu Dienstaufsichtsmaßnahmen führen. Für den OLG-Bezirk Hamm kann ich daher nur davor warnen, derartige Ratschläge anzunehmen.
Für den OLG-Bezirk Celle gilt das auch!! Ich würde es erst gar nicht ausprobieren wollen. :wink:
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