Wohnrecht (Wert u. Gebühren)

In diesen Bereich gehören sämtliche Themen rund um das Notariat, die nicht einem anderen Themenbereich eindeutig zugeordnet werden können.
Antworten
Bellachen
Foren-Azubi(ene)
Beiträge: 82
Registriert: 29.01.2009, 18:19
Wohnort: Hamburg

#1

29.01.2009, 19:36

Hallo Ihr Lieben!

Dieses Mal ein Problem im Notariatsbereich:

Mein Chef hat einen Überlassungsvertrag beurkundet. Mutter (geb. 1953) überlässt Grundstück auf Tochter (geb. 1982). Die Mutter hat sich allerdings ein lebenslängliches Wohnungsrecht an allen Räumen im Erdgeschoss des überlassenen Wohngebäudes eingeräumt. Die Parteien sind sich auch darüber einig, dass das Wohnrecht in der Ausübung unentgeltlich ist.

Den Verkehrswert des übertragenen Grundvermögens geben die Parteien mit 50.000,00 € an.

Meine Fragen lauten nun:

1. Nach welchem Wert wird das Wohnrecht berechnet?
2. Wie wird der Wert berechnet?
3. Welche Gebühr muss ich dafür ansetzen?


Dann steht im Vertrag noch, dass eine Rückauflassungsvormerkung eingetragen werden soll.

Meine Frage lautet:

1. Nach welchem Wert wird dies berechnet?
2. Gibt es hierfür überhaupt eine Gebühr?


Wie verhält es sich mit dem Wert für den ganzen Vertrag im allgemeinen?

Zu meinen Fragen muss ich dazu sagen, dass ich Azubine im 1. Lehrjahr bin und die einzigste Angestellte des Chefs. Habe also nicht wirklich jemanden, den ich fragen kann.

Würde mich freuen, wenn ihr mir helfen könntet.

Danke im Voraus!
Martin Filzek
Foreno-Inventar
Beiträge: 2205
Registriert: 30.05.2008, 16:23
Beruf: Fachbuchautor KostenO/GNotKG), freibeuflicher Dozent, früher Notariatsmitarbeiter bzw. -BV

#2

29.01.2009, 19:48

Die Vorschrift, die hier vor allem anzuwenden ist, lautet § 39 Abs. 2 KostO. Danach ist bei Austauschverträgen nur die höhere Austauschleistung maßgebend. D. h. hier sind die Einräumung des Wohnrechts und i.d.R. auch die Rückauflassungsvormerkung, die wahrscheinlich nur die Sicherstellung von Verpflichtungen aus der Übertragung sichern soll, Gegenleistungen, die i.d.R. unter dem Verkehrswert (§ 19 I, II KostO) liegen und damit unter dem Wert der Austauschleistung von Mutter.
Alle Erklärungen, die zur Sicherung und Durchführung des Vertrages dienen, wie hier auch die Wohnrechtseinräumung u. Rückaufl.-vorm. u. entspr. Eintragungsanträge, sind gegenstandsgelich gem. § 44 Abs. 1, so dass keine gesonderte Gebühr anfällt und es beim id.R. höheren Verkehrswert der Austauschleistung (Grundstück) bleibt.

Da hier der Wert von den Betiligten mit nur 50.000 Euro angegeben wurde, besteht aber Anlass, diese sehr niedrige Wertangabe auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen (Anfrage nach Bodenrichtwerten bzw. Brandversicherungswerten, Vergleichswerte ähnl. Grundstücke / Marktpreise in derselben Wohngegend mit gleicher Größe). Die ungeprüfte Übernahme von sehr unwahrscheinlichen Werten für die eigene Kostenberechnung ist ein Verstoß gegen das Verbot, Gebühren zu vereinbaren (§ 140 KostO).
Wenn das Haus aber alt und klein ist und großen Reparaturstau hat, kann 50.000 Euro natürlich wahr sein.

Ich empfehle, die Grundsätze von Notarkostenberechnungen z. B. in Faßbender, Notarkostenteil hinten, oder in Waldner, Die Kostenordnung für Anfänger, oder bei Filzek, Notarkosten-ABC (8. Aufl. demnächst lieferbar) oder in Unterlagen der Berufsschule usw. nachzulesen.

Für Kaufverträge gilt derselbe Grundsatz von § 39 Abs. 2 auch über § 20 Abs. 1, wo auch der Kaufpreis (u. etwaige Hinzurechnungen) mit dem Verkehrswert des Grundstücks verglichen werden muss. (Meist entspricht hier natürlich der Kaufpreis dem Verkehrswert; aber natürlich kann es vor allem unter Verwandten zu sehr günstigen Kaufpreisen kommen, die dann wegen § 20 Abs. 1 und § 39 II nicht maßgebend wären).

Wenn ein Wohnungsrecht zu bewerten ist; siehe § 24 KostO,auch Abs. 3. Ihr solltet den Wert des Wohnungsrechts (Mietwert ca.) auch in die Urkunde aufnehmen, um für das Grundbuchamt (siehe auch § 31 a KostO) die Berechnung der insoweit gesondert anfallenden Gerichtskosten zu ermöglichen.
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
Bellachen
Foren-Azubi(ene)
Beiträge: 82
Registriert: 29.01.2009, 18:19
Wohnort: Hamburg

#3

29.01.2009, 19:55

Also wird der Wert von 50.000,00 € angesetzt für die anfallende Beurkundungsgebühr?

Wie berechne ich denn den Wert für das Wohnungsrecht?


Ich bin im 1. Lehrjahr und wir haben noch kein Notariat in der Schule, deswegen habe ich mich hier angemeldet, um mein noch nicht vorhandenes Wissen im Notariat auszubauen.

Aber erst einmal vielen Dank, dass Sie sich meiner Frage angenommen haben.
Martin Filzek
Foreno-Inventar
Beiträge: 2205
Registriert: 30.05.2008, 16:23
Beruf: Fachbuchautor KostenO/GNotKG), freibeuflicher Dozent, früher Notariatsmitarbeiter bzw. -BV

#4

30.01.2009, 14:40

Es ist ja ganz klar, dass man komplizierte Dinge wie z. B. das Notarkosten-Recht nicht gleich sofort versteht, deshalb verstehe ich auch die obigen zwei erneuten Fragen, die genau genommen schon beantwortet waren.
Ja, im geschilderten Fall ist höchstwahrscheinlich (100%ig kann dies nur bei vollständiger Prüfung des gesamten Urkundeninhalts gesagt werden) die Geb. §§ 141, 32, 36 Abs. 2 KostO (20/10) aus 50.000 Euro bzw. dem noch zu ermittelnden richtigen Verkehrswert §§ 19 I, II KostO zu berechnen.
Zweite Frage: Im vorliegenden Fall für die Notarkosten gar nicht, weil gegenstandsgleiche Erklärung i.S.v. § 44 Abs. 1 KostO. Der Wert bleibt auch wegen § 39 Abs. 2 (Austauschverträge, nur die höhere Leistung zählt) unberücksichtigt.
Sollte ein Wohnungsrecht, z. B. bei alleiniger Bestellung in einer Urkunde außerhalb eines Übertragungsvertrages, einmal zu bewerten sein, ist § 24 KostO für den Wert anzuwenden. Die Gebühr i.d.R. nach § 38 II Nr. 5 a (nicht vergessen §§ 141, 32 dazuzuschreiben, vgl. letzte BGH-Entschdg. vom 3.4.2008 und 23.10.2008, zu finden bei www.bundesgerichtshof.de unter Entscheidungen und Suchwort "Notarkosten"), wenn es nur als Grundbuchantrag beurkundet wird. Wird ein Vertrag über das Wohnungsrecht beurkundet, ist die Geb. §§ 141, 32, 36 II (20/10).
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
Antworten