Herrenloses Grundstück???

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Okudera
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#11

12.06.2012, 23:22

@notariatsmann

Sehr ich auch so.
Die Gerichte sind auch großzügig bei der Auslegung der antragsberechtigung.
Trotzdem läßt sich das hier nicht begründen, da der kaufinteressent keinerlei Rechtsverhältnis zum gegenständlichen Grundstück begründen kann.
Die Gesellschafter lassen sich auch nicht mehr auffinden.
Nachfrage bei der Stadt ergab, dass keine Abgaben offen sind (weil keine erhoben wurden), so dass auch die Stadt als Gläubigerin ausscheidet.

Die Sparkasse steht zwar im Grundbuch. Es ist aber ein briefrecht und der Brief ist nicht auffindbar. Ich hätte sonst das recht an die Kaufinteressenten abtreten lassen.
Aufgebot geht nicht (da kein antragsberechtigter vorhanden).
Kaufvertrag geht auch nicht, da kein Vertreter des Verkäufers vorhanden.

Ich habe jetzt den vorschlag gemacht, die Kaufinteressenten sollen ihre antragsberechtigung bzgl. Nachtragsliquidation mit ansprüchen aus dem nachbarschaftsverhältnis begründen (notwegerecht, Überbau usw.). Ist der einzige weg, meine ich.
Rheinländerin
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#12

13.06.2012, 07:43

Schöne Grüße an die andere Rheinseite :wink2

Was mich wundert hier ist, dass trotz Nachfrage zum Kaufpreis keine Angaben gemacht werden. Ich habe jedenfalls in der Vergangenheit -auch per PN- schon mehrfach erlebt, dass die einzelnen Fragen von Jupp an den jeweiligen Themenstarter zur letztendlichen Klärung des Falls beigetragen haben.
Im Ergebnis ist der Themenstarter so weit wie vorher auch.
Okudera
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#13

13.06.2012, 17:43

Da derzeit der Verkäufer nicht vertreten wird, kann keine Angabe zum Kaufpreis gemacht werden.
Der Käufer muss erst einen Ansprechpartner haben und hat sich daher noch keine abschließenden Gedanken gemacht.
Kaufpreis kann nach meiner Schätzung zwischen 15.000 Euro und 50.000 Euro liegen.
Da mir aber der Kaufpreis -wie üblich - von den beteiligten mitgeteilt wird, kann ich hier keine Angaben machen.
Einzige Belastung ist eine briefgrundschuld über 30.000 DM
Katzenfisch
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#14

15.06.2012, 12:13

Das Grundstück ist nicht herrenlos. Es ist allerdings Aufgabe des Grundbuchamtes dafür zu sorgen, dass der Eigentümer ermittelt und im Grundbuch eingetragen wird. Da hilft nur, dem Grundbuchamt einen entsprechenden Hinweis zu geben, z.B. einen Handelsregisterauszug der Gesellschaft vorzulegen. Das weitere Vorgehen des Grundbuchamtes ist dann abzuwarten.

Ich frage mich allerdings, woher der Nachbar weiß, dass im Grundbuch immer noch die erloschene GmbH eingetragen ist. Grundbücher sind doch nicht öffentlich. Vom Grundbuchamt kann er weder die Info noch einen Grundbuchauszug haben.
Okudera
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#15

15.06.2012, 15:42

@Katzenfisch

Ich sehe das Grundstück auch nicht als herrenlos an. Die Gesellschaft, die als Eigentümer im Grundbuch steht, ist - wegen des vorhandenen Vermögens - nicht erloschen.
Daher ist aber auch das Grundbuch nicht unrichtig. Der richtige Eigentüme steht im Grundbuch. Die eingetragene GmbH ist derzeit nur handlungsunfähig.

Der Nachbar hat die Auskunft vom Grundbuchamt erhalten, da das GBA zunächst irrtümlich davon ausging, dass der Nachbar Berechtigter einer Grunddienstbarkeit sei. Daher hat er Auksunft erhalten.
Katzenfisch
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#16

19.06.2012, 15:56

Aber nur das Grundbuchamt kann die Sache anschieben. Für das Grundstück sind doch Grundbesitzabgaben zu zahlen. Irgendjemand muss doch die Beitragsbescheide der Stadt per Post kriegen und auch bezahlen. Wäre dem nämlich nicht so, hätte die Stadt schon Sicherungshypotheken eintragen lassen und Antrag auf Zwangsversteigerung gestellt.

Die Stadt hätte schon längst bei Gericht einen Antrag auf Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten gestellt und die Zwangsversteigerung beantragt.

Wenn man es geschickt anstellt, kriegt man vielleicht über die Stadt raus, wer die Grundbesitzabgaben zahlt.

Jeder Eigentümer, auch ein Ex-Eigentümer, unter liegt doch der Verkehrssicherungspflicht und hat die gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungen zu unterhalten.

Man muss die Sache nur richtig anschieben.
Okudera
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#17

19.06.2012, 22:00

Die Stadt macht leider nichts.
Ich ging auch davon aus, dass Abgaben offen stehen. Laut Steueramt werden keine erhoben (was unmöglich ist).
Die Stadt müsste wohl auch wegen einer jederzeit möglichen zustandsstörerhaftung ein Interesse haben, dass ein handlungsfähiger Eigentümer vorhanden ist. Es kümmert sich aber keiner.
Ich habe dem Klienten geraten, seine Fantasie spielen zu lassen und eine antragsberechtigung glaubhaft zu machen (wegen Ansprüchen aus dem nachbarschaftsverhältnis)
Jupp03/11

#18

19.06.2012, 22:05

Ich würde den Käufer an die Hand nehmen und zur Stadt gehen und mit dem Vorgesetzten des Mitarbeiters des Steueramtes Rücksprache halten. Nach den Wertangaben handelt es sich nicht - wie von mir zunächst angenommen -um ein kleines, ggf. vom Bauträger pp. vergessenes Grundstück.
Wenn der angebliche Käufer eine Kostenübernahmeerklärung bzgl. der Nachtragsliquidation übernehmen würde, könnte die Stadt den Antrag stellen. Ich habe das bereits einmal so gemacht.
Eine andere Lösung habe ich zur Zeit auch nicht.
aculita
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#19

20.06.2012, 07:53

Ich hänge mich mal dran und berichte lediglich (ohne Wertung und Fragen):

Bei uns gibt es ein Grundstück, bei dem war Eigentümer ein "Normalsterblicher", also keine GmbH oder ähnliches, sondern ein Steuerberater. Der setzte ein Schreiben vor einigen Jahren auf an das Grundbuchamt (war es, glaube ich), in dem er erklärte, das Eigentum an dem weit über Wert belasteten Grundstück aufzugeben. Das Grundbuchamt löschte ihn als Eigentümer. Das Grundstück fiel daher an das Land. Die LIMSA (das Liegenschaftsamt in Sachsen-Anhalt) berichtete mir im Telefonat, daß sie die Übernahme des Eigentums bislang nicht erklärt hat und auch nicht erklären wird; sie hätten einige Grundstücke in Sachsen-Anhalt, bei denen das so gelaufen sei, aber sie "akzeptieren" das Eigentum ganz selten. Meistens nur an unbelasteten Waldgrundstücken. Die Gläubigerbank versucht (so erfuhr ich im Telefonat mit deren Makler), das Grundstück zu verkaufen - ich bin mir aber nicht mal mehr sicher, ob dies wirklich in der Zwangsversteigerung war, glaube ich aber nicht. Der Bearbeiter meinte (so meine Erinnerung), daß es immer mal wieder Interessenten gäbe. Er konnte mir aber auch nicht sagen, wie es im Verkaufsfall dann laufen soll.

Stadt, Abfallwirtschaft, Energie- und Wasserversorger wissen nicht, was sie damit machen sollen. Abfallwirtschaft hat Entsorgung auf das allergeringste Minimum reduziert. Wasserversorger hat Zufuhr gedrosselt. Energieversorger hat Versorgung eingestellt, soweit die Mieter nicht selbst die früher auf den Eigentümer laufenden Verträge übernommen haben. Stadt verzichtet auf Grundsteuern, weil sie niemanden finden, von dem sie sie holen können.

Meine Recherchen dazu sind mittlerweile 2 Jahre her. Es hat, soweit ich weiß, immer noch keinen neuen Eigentümer. Ich bin aber gespannt, was das noch wird.
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Katzenfisch
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#20

20.06.2012, 13:43

Wenn der Eigentümer gegenüber dem Grundbuchamt sein Eigentümerrecht am Grundstück schriftlich aufgegeben hat, handelt es sich um ein herrenloses Grundstück, das sich jeder aneignen kann, der es haben will. Ich kenne da einige "Spezialisten", die die Grundbuchämter abklappern und sich die Grundbuchbezeichnungen herrenloser Gründstücke geben lassen.

Es reicht dann ein kurzer formloser Antrag mit notarieller Unterschriftsbeglaubigung beim Grundbuchamt, dass man sich das herrenlose Grundstück aneignet und als neuer Eigentümer in das Grundbuch einzutragen ist.

Das geht natürlich nur dann, wenn das Grundstück nicht bereits an den Fiskus durch Aneignung gefallen ist und im Grundbuch der Vermerk steht, dass der Eigentümer sein Recht am Grundstück aufgegeben hat. Beim Grundbuchamt mußt ein Schreiben des Fiskus vorliegen, dass er auf die Aneignung verzichtet.

Also ran an die Buletten, mit Rechtspfleger sprechen und Du bist demnächst Grundstückseigentümer für kleines Geld (Eintragungsgebühren). Die Eintragung erfolgt im Grundbuch ohne steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung.

(Münchener Kommentar zum BGB/Kanzleiter, Rdnr. 12 zu § 928 / BGH, DNotZ 1990, 292).
Oder Schöner/Stöber Grundbuchrecht 13. Auflage Rd-Nr.: 1033.
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