Diktat-Syndrom

Hier hinein gehören alle Themen rund um Büroorganisation, Büroverwaltung, Kanzleiorganisation etc.
Amy

#51

08.08.2007, 15:23

naja wie gesagt, zum glück sind die zeiten vorbei.

aber manche anwälte hier im haus (gerade die jüngeren unerfahreneren) wollen jede noch so kleine Korrespondenz diktieren. Das nenn ich Diktat-Syndrom!!! Zum Glück kann man sich die jüngeren Anwälte noch etwas zurechtbiegen lol Bei mir kommt das nämlich nicht in die Tüte.

Gehört zwar nicht zum Thema, aber ich hätte nicht gedacht, dass ihr es in München so schwer habt, gute Azubis zu finden. Uns geht es hier in Stuttgart nämlich genauso und nächsten Sommer brauchen wir wieder eine...
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icerose
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#52

08.08.2007, 15:41

Habe hier etwas gelesen wie: ".. dann bin ich froh, wenn ich noch weiß, um welche sache es ging...", dazu habe ich eine Frage: WIE kriegt man das hin???

Ich finde eine Mischung aus allem toll. Bin hier ja fast allein, also hab ich die Mischung. Hier ist das Arbeiten spitze. :D
Mit mir kann man Pferde stehlen ... aber morgen bringen wir sie zurück :!:
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Bibbi
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#53

08.08.2007, 16:56

Also, ich bin ausgebildete ReNo-"Gehilfin"..Ich kam 1977 in die Lehre-damals schrieb man noch mit der mechanischen Schreibmaschine und musste richtig "hämmern"....
Beworben hatte ich mich als ReNo-Gehilfin, weil man damals in der 10. Klasse ein Beratungsgespräch in der Schule mit einer Dame vom Arbeitsamt führte, die zu diesem Beruf angab, wie abwechslungsreich er sei und dass man später auch gute Chancen hätte, sich im öffentlichen Dienst "hoch zu arbeiten"(was für die 80-er Jahre auch noch galt).Dazu kam, dass das Thema RECHT mich schon als Teenager sehr interessierte..
Ich begann also die Lehre ( in jedem Lehrjahr gab es vier Auszubildende)...und "lernte" im 1. Lehrjahr, wie man -Kaffee kocht und bewirtet, - Mandanten empfängt, - Akten sucht und Post frankiert, -Kopfbogen-Papier zuschneidet,- schnellen Fußes durch die ganze Stadt läuft und Post verteilt (nicht nur zum Gericht, sondern auch zur Polizei, FA, Stadtverwaltung und sogar zu Mandanten-Firmen..Wir durften uns dafür nie länger als eine Stunde Zeit nehmen...),- sogar, wie man Papier, das man vorher aus den Abfallkörben der Angestellten einsammelte, auf dem Hinterhof verbrennt...Ich könnte noch viele weitere solcher Dinge aufzählen...All diese Arbeiten wurden von unseren beiden Bürovorstehern auf vier Auszubildende im 1. Lehrjahr aufgeteilt, jeweils für ein Vierteljahr....
Im 2. Lehrjahr wurde die Arbeit dann anspruchsvoller:
Wir durften ( auf der mechanischen damals-wie gesagt)- MB-,VB-Formulare usw. wie am Fließband ausfüllen..kein Mensch erklärte uns genau, wofür, warum...Dann im 3. Lehrjahr wurden wir abwechselnd eingesetzt im Notariat, in der Anmeldung und im sog."Band-Zimmer", wo (für 4 Anwälte) zwei Ganztagskräfte und eine Halbtagskraft den ganzen Tag Bänder schrieben...Und dort wurden natürlich die Lehrlinge auch dringend gebraucht, sonst hätten es die wenigen Angestellten auf der mechanischen Schreibmaschine ( damals schrieb man noch mit Durchschlagpapier-und wenn man Tippfehler einbaute, musste alles neu geschrieben werden) überhaupt nicht "gepackt"...Ein Band lag mindestens eine Woche, bevor es geschrieben wurde...Diese Arbeit wurde dann zu meiner "Lieblingsarbeit", denn so bekam ich endlich etwas von dem mit, was mich dann auch interessierte...Ich will damit eigentlich nur sagen, dass in unserer Kanzlei 2 Bürovorsteher arbeiteten, die die wirklich interessanten Sachen bearbeiteten...ansonsten delegierten...verteilt auf 12 Auszubildende...Eigentlich wollte ich in diesem Beruf nicht bleiben, sondern mich anschl. weiterbilden. Aber es kam anders...Ich lernte meinen späteren Mann kennen und zog weit weg aus der Heimat, so dass ich dann wieder in einer RA-Kanzlei anfing..Dort erst lernte ich so richtig! Nach 10 Jahren kam unser Kind ( es wurde zu der Zeit gerade von der elektrischen Schreibmaschine auf den PC umgestellt ), ich blieb zwei Jahre zu Hause, und bewarb mich dann 1990 aus der Not heraus ( weil ich unbedingt auch den Wandel -PC- mitbekommen wollte und mich auch ansonsten auf dem Laufenden halten wollte ) in der jetzigen Kanzlei, wo ich mittlerweile 15 Jahre arbeite, und zwar 5-6 Stunden am Tag schreibend...Und ich muss sagen: Es gefällt mir! Ich schreib sehr gern (für vier Anwälte), weil wir sehr unterschiedliche Fachgebiete behandeln, wie Strafrecht, Familienrecht, Erbrecht, Zivilrecht, Arbeitsrecht, Mietrecht, Ausländerrecht etc...Die Inhalte sind abwechslungsreich, man bekommt zu den einzelnen Fällen bis hin zum Urteil viel "mit", und denken muss ich dabei auch, denn auch die Chefs machen so ihre Fehler...und sind froh, wenns mir dann auffällt..
Und mal ganz ehrlich: Es schadet unserer Jugend/unseren Auszubildenden überhaupt nicht, sich in Orthographie und Rhetorik auch etwas "weiterzubilden"....Und bei dieser Arbeit (schreiben, in den Akten blättern, was ja auch dazu gehört ) lernen sie doch auch einiges zu den einzelnen Verfahrensabläufen etc...wieso es so wichtig ist, aufzupassen, ob nicht mal hier oder dort etwa ein Termin oder eine Frist nicht notiert wurde...zu verschiedenen Rechtsmitteln u.v.m...
Uuups...jetzt hör ich aber auf..ist ja n ganzer Roman geworden .... :D
Wie Ihr seht:Ich gehöre zu den Wenigen hier, die diese Arbeit - hauptsächlich -sehr gern erledigen
Gast

#54

08.08.2007, 17:57

Als ich meine Ausbildung angefangen hab, hieß es nach den ersten fünf Minuten: So jetzt schreib mal, viel Spaß! Ich hab im Ersten Jahr meiner Ausbildung keinerlei ZV gemacht, weil ich mit Bändern zugedröhnt wurde wie ne Bekloppte. Bei uns ist es leider - wie bei vielen - so, dass die Azubis billige Arbeitskräfte sind und vom ersten Tag an voll mit eingespannt werden. Ach ja, meine Schreiben wurden ca. 2 Wochen nachkontrolliert, danach hab ich alles allein rausgeschickt!

Ich bin dann im zweiten Jahr zum Glück in die Unfallabteilung gekommen, wo ich jetzt immer noch sitze und konnte selbständiges Arbeiten lernen. Das lag aber größtenteils auch an unserem BV, der die Unfallsachen macht, und mir viel gegeben hat, was ich selber machen kann. Für Sachen aus der ZV war aber nie die Zeit da, mich dranzusetzen, weil ich dann meine normale Arbeit nicht geschafft hätte und wir zu zweit neben der Unfallbearbeitung auch noch die Bänder (so drei volle am Tag) schreiben müssen.

Ach ja, meinen ersten MB hab ich vor drei Tagen gemacht... wir haben ne ZV-Abteilung... ich hab meine Ausbildung im Juni beendet und weiß immer noch nicht, wie ich Fachkunde hingekriegt hab, weil ich vom Tuten und Blasen bis heut keine Ahnung hab! Dafür kann ich super Bänder schreiben...

Wenn ich dran denke, dass ich mich in ner anderen Kanzlei bewerben müsste, wird mir ganz schlecht, weil ich überhaupt nichts von den Sachen kann, auf die es in unserem Beruf eigentlich ankommt.

In der Hoffnung, dass ich hier nie gekündigt werde
lg Souris

lg Souris
Zoe
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#55

08.08.2007, 18:09

In meiner Ausbildung bin ich mit Diktaten überhaupt nicht in Berührung gekommen. Ich wurde zuerst in der Buchhaltung eingesetzt. Da blieb ich dann auch erst mal zwei Jahre. Dann ein halbes Jahr Notariat (was sich auf Keller aufräumen und siegeln beschränkte weil der Notarprüfer kam) und dann noch ein halbes Jahr in der Zwangsvollstreckung. Zwischendurch musste ich dann immer noch Akten suchen, wenn die zuständige Mitarbeiterin mal nicht da war (das dauerte meistens auch den ganzen Tag). Nach der Ausbildung wurde ich dann wieder in der Buchhaltung als Teilzeitkraft eingesetzt. Hab dann was neues gesucht. Unter anderem hab ich mal ne Absage bekommen (die suchten eine Schreibkraft), weil ich unterqualifiziert war. Da wäre ich froh gewesen, wenn das „Schreiben nach Band“ mal gelernt hätte.

Gelernt hab ich eigentlich auch erst was, seit dem ich in dieser Kanzlei arbeite. Diktate schreiben kann ich jetzt natürlich und manchmal bin ich auch froh, wenn ich mal ein Band bekomme, was allerdings eher selten vorkommt. Aber nur Band schreiben wäre mir auch viel zu eintönig.

Ich finde allerdings auch, dass man beim Band schreiben auch schon mitdenken sollte. Auch RA´s machen mal Fehler (z. B. Beklagter – Kläger). Ganz abschalten kann ich dann auch nicht.
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Bibbi
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#56

08.08.2007, 20:31

...also, wie gesagt, ich find die Arbeit überhaupt nicht eintönig - im Gegenteil. Unsere vier Chefs machen täglich Fehler ( und sind auch froh, wenns bemerkt wird )...sei es, dass sie falsch addieren, falsch abrechnen (meistens zu ihren Ungunsten )...oder nur irgend etwas übersehen, wie z.B., den PKH-Antrag gleich mit zu stellen, oder der Versicherung den Aktenauszug zuzuschicken, der ( gegen Gebühr ) angefordert wurde...Ich achte ganz besonders gern darauf, dass die Rechnungen "stimmen"...und nichts übersehen wird - kann ja nicht zu unserem Schaden sein... :wink:
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#57

10.08.2007, 15:52

tja, scheinbar entsprech ich dem klischee: bin azubi und schreib gern bändchen. :oops: allerdings bin ich hier auch allein in der kanzlei und so muss ich die eh früher oder später erledigen.

es kommt aber auch drauf an, was auf den bändchen drauf ist. mein chef diktiert mir auch die arbeitsanweisungen, sodass ich nicht stur die ganze zeit tipp sondern dann auch zwischendurch sachen erledig, telefonier, mb-anträge stell, zv-aufträge erteil, etc.

tippen mach ich gern, weil ich dann auf dem neusten stand der akten bin- deswegen mach ich auch den posteingang gern. wenn mandanten kommen und mich was fragen muss äußerst selten die akte ziehen um ihnen sagen zu können, was grad sache ist.
eve

#58

10.08.2007, 15:58

Vielleicht liegt es auch daran, dass man beim Tippen nicht allzuviel falsch machen kann, weniger Veranwortung tragen muss, weniger selbständig arbeiten kann muss und mit 17 Jahren einfach eine andere Reife hat. Vielleicht liegt es auch daran, wie motiviert man ist und vor allem motiviert wird. Es kann aber auch daran liegen, dass ein Beruf gewählt wurde, der einem nicht wirklich liegt und man vielleicht etwas anderes machen wollte.
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#59

10.08.2007, 16:16

na ja, ich würd jetzt nicht soweit gehen zu behaupten, dass es was mit dem alter zu tun hat, ob man gerne tippt oder nicht.
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eve

#60

10.08.2007, 16:20

Also ich schon - im übrigen ist dem Alter und der Reife auch das "vielleicht" vorangestellt - und das deshalb, weil wir Auszubildende im Alter zwischen 16 - 35 Jahren haben/hatten und ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Damen im "16er-Bereich" sehr gerne tippen und sich vor anderen Aufgaben zu drücken, während dessen die Interessen der älteren Generation anderen Gebieten lag.

Ich spreche hier auch nur für mich und die Erfahrungen, die ich gemacht habe
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