Unzureichende Ausbildung unserer Lehrlinge

Hier hinein gehören alle Themen rund um Büroorganisation, Büroverwaltung, Kanzleiorganisation etc.
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Kathy
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#1

29.03.2006, 09:55

Ich hatte grad mal wieder eine Bewerbung auf dem Tisch und es ist schon traurig, was manche Azubinen "lernen" (wenn man es denn so nennen kann). :frust

Die hatte ein Zwischenarbeitszeugnis von ihrer Ausbildungskanzlei, da stand drin,

dass sie das erste Lehrjahr verstärkt mit Botengängen, dem Posteingang und dem Postausgang beschäftigt war. Einfach ausgedrückt Bild

Im zweiten und dritten Lehrjahr war sie schon (oh welch ein Fortschritt :roll: ) mit dem Schreiben von Diktaten betraut.

Also ich finde es eine Frechheit, schlimm genug, dass die Lehrlinge (bei uns in der Gegend) oft nach der Ausbildung nicht übernommen werden, aber sie dann auch noch so unwissend in die weite Welt zu schicken find ich die totale Frechheit. Die finden doch mit dem Ausbildungsstand (oh ist ist schon fast beschämend, sowas Ausbilung zu nennen) niemals einen Job. :protestier

Meine Lehrlinge wurden leider auch nicht übernommen, aber zumindest haben die mich im 1. Lehrjahr im großen und ganzen schon "vertreten" können. Und spätestens Ende des 2. Lehrjahres haben die die Kanzlei alleine schmeißen können. Auch meine Praktikantinnen durften alles machen, die sollen ja schließlich den Job kennen lernen und nicht den Keller mit den Ablageakten.
MfG Kathy

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Sassi
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#2

29.03.2006, 10:16

Da geb ich Dir auf jeden Fall Recht Kathy!
Sowas ist wirklich mehr als traurig.
Dann brauche ich doch eigentlich keine Auszubildenden nehmen sondern stelle gleich ein paar Studenten ein wenn sowieso nur Botengänge und ein paar Schreiben gemacht werden dürfen. *Kopfschüttel*
Bei uns wird das auch so gehandthabt, dass die Azubis alles erlernen und am besten gleich von Anfang an mit einbezogen werden. Sicherlich müssen sie auch Botengänge machen, aber sie lernen auch selbständig zu arbeiten und dürfen alle anfallenden Arbeiten machen. :-)
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happykitcat
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#3

29.03.2006, 10:20

Wenn ich mich an meine Ausbildungszeit zurückerinnere, dann sah die bis zum 3. Lehrjahr wie oben beschrieben aus (leider). Danach wurde ich einer neuen Ausbilderin zugeordnet, die mich dann alles hat machen lassen, schließlich wollte sie dass ich etwas lerne und nicht ohne Wissen auf den Arbeitsmarkt entlassen werde.

Liebe Grüße aus Berlin

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Chrissy Feldy
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#4

29.03.2006, 12:08

Wenn ich mich an meine Zeit zurück erinnere, dann war ich auch der Depp vom Dienst im ersten Lehrjahr. Im zweiten Jahr durfte ich dann so einfache Sachen wie Mahn-/Erinnerungsschreiben, einfache MBs/VBs/ZVs machen. Sobald in irgendeiner Sache nur eine Zahlung enthalten war, war es Sache der Angestellten und nicht der Azubis. Somit hab ich auch nicht viel gelernt, was ich auch sehr traurig fand. Deshalb hatte ich es auch immer sehr schwer in der Berufsschule, denn die meisten Sachen aus Fach-/Rechtskunde kannte ich vom Büro ja gar nicht.

In der Kanzlei in NRW, wo ich 9 1/2 Jahre war, haben wir Angestellten uns versucht, für die Azubis einzusetzen, damit diese mehr lernen. Wir sind völlig abgeschmettert worden. Die Meinung des Hauptchefs, der auch gleichzeitig Vize der RAK war, war: Es reicht aus, wenn die Azubis Bücher lesen. Mehr brauchen diese nicht zu tun. Wir Anwälte machen es auch nicht anders! Punkt, aus, basta!

Heimlich bin ich mit den Azubis, die es wollten, mittags ins Eiscafe gefahren und wir haben Kostennoten geübt. Alles nicht schriftlich, sondern aus dem Kopf heraus. MB/VB/ZV haben wir als Musteraufgaben den Mädels mitgegeben, und die Lösungsvorschläge zu Hause nachgeschaut. Anders war es nicht möglich. Leider.
L.G. Chrissy
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#5

29.03.2006, 12:30

Man das ist ja noch deprimierender, wenn selbst der Chef nicht einmal der Meinung ist, dass ein Azubi wenigstens ein wenig Praxis haben muss, aber leider habe ich das auch kennengelernt, nur der Anwalt, dem ich zuletzt zugeordnet war, hat sich darum bemüht mir noch was beizubringen, schließlich sollte im Berichtsheft nicht immer bloß stehen, dass ich nur Botengänge etc. gemacht habe.

Liebe Grüße aus Berlin

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Schnecke
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#6

29.03.2006, 13:13

Meine Ausbildungszeit war super, da ich in einer neu gegründeten Kanzlei angefangen habe mit fünf Anwälten und einem Steuerberater. Ich wurde also ins kalter Wasser geschmissen. Es gab keine ausgelernte Kraft nur mich und eine andere Azubine. Wir konnten und mußten alles von Anfang erlernen und uns wurde viel gezeigt von den Anwälte. Ich bin froh so eine Ausbildung genossen zu haben, war zwar manchmal schwierig alles unter einen Hut zu bringen, aber ich war den ganzen Tag beschäftigt.

Wenn wir eine hätten (Azubine) würde ich ihr alles zeigen und sie müßte alles mitmachen, warum sollte sie wohl sonst den Beruf gewählt haben. Botengänge gehören zwar dazu aber auch alles andere. :lol:
Es gibt zwei Möglichkeiten, Karriere zu machen:
Entweder leistet man wirklich etwas, oder man behauptet, etwas zu leisten. Ich rate zur ersten Methode, denn hier ist die Konkurrenz bei weitem nicht so groß. (Danny Kaye)
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#7

29.03.2006, 19:38

Hi zusammen,

kann mich euren Meinungen nur anschließen. (Ich glaub' wir hatten schonmal darüber in einem Thread gesprochen).

Es halt immer noch leider so, dass viele Anwälte Azubis nur als billige Arbeitskraft beschäftigen. Selten nimmt sich mal ein Anwalt (oder eine Anwältin :roll:) die Zeit, sich um einen Azubi zu kümmern. Das geht halt meist nur, wenn ältere Kollegen bzw. Bürovorsteher oder so sich um die Azubis bemühen. Mir hat's aber schon immer Spaß und Freude gemacht, den jüngeren Kolleginnen und Kollegen was beizubringen, vorausgesetzt, die Azubis sind selbst dran interessiert. Und da hapert's aber auch schon mal dran. Jedenfalls hat das Interesse am Beruf nach meiner Auffassung (und da werde ich denke ich durch die eingehenden Bewerbungen drin bestätigt) nachgelassen.

Also, wenn ich schon Kaffeeflecken auf der Bewerbung habe und die auch nicht unterschrieben ist und und und ..... dann weiß ich ja nicht.

Gott sei Dank habe ich eigentlich immer Azubis bekommen, die auch was lernen wollten, die haben dann auch was von mir angenommen.

Und man selbst bleibt dabei auch jung :wink:
Gast

#8

29.03.2006, 19:45

Ich kann leider auch nicht über meine Ausbildung jubeln..

Das was ich gelernt habe ist Diktat schreiben, jeden Tag - nie war Zeit, dass ich auch mal was anderes machen konnte! Und: tatataaa - ich wurde übernommen und ab da wurde alles vorausgesetzt: Schließlich habe ich jetzt den Fachangestelltenbrief, also kann ich auch alles, obwohl die ganz genau wussten, was ich den ganzen Tag über gemacht hatte... :roll:

Na ja, ich denke ich habe mich gut durchgewuselt, leider habe ich von meiner Kollegin keine Hilfe bekommen, sie meinte, sie musste auch allein durch :? Was solls! Finde es immer noch blöd von ihr, also ich helfe gern, deswegen habe ich sie nicht verstanden... Aber man muss ja nicht alles verstehen... Nicht wahr...!? :bahnhof
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Kathy
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#9

30.03.2006, 07:57

@MNo2006
Ich glaube aber, dass der Bewerbungsrückgang eher auf unseren "geringen" Verdienst zurückzuführen ist. Das spricht sich ja überall rum, dass man als Bürokauffrau/mann bzw. Industriekauffrau/mann wesentlich mehr verdient.

Ich hatte zum Glück auch immer gute Lehrlinge. Wir haben allerdings jeden zukünftigen Lehrling vorher eine Woche ins Praktikum geholt, weil einen guten Lehrling erkennt man keinesfalls an seinen Noten.

Gute Noten heißen noch lange nicht gute Arbeit. Ganz im Gegenteil. Hatte schon welche mit grottenschlechten Noten zum Praktikum - die waren beim Arbeiten super.
MfG Kathy

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Andreas

#10

30.03.2006, 08:38

Wolli hat geschrieben:leider habe ich von meiner Kollegin keine Hilfe bekommen, sie meinte, sie musste auch allein durch :?
Ging mir nicht anders - dennoch:

Es war im Nachhinein betrachtet das beste, denn nur so lernt man wirklich selbständiges Arbeiten.

Hört sich hart an, ist aber so. Das hat auch nichts mit nicht-helfen-wollen zu tun, sondern es ist sogar eine Hilfe, wenn man alles selbst machen muß.
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