Transportkosten vollstreckbar?

Für Fragen NUR im Rahmen der Rechtsfachwirt-Weiterbildung.
Schmiedi1309
Foren-Azubi(ene)
Beiträge: 92
Registriert: 28.05.2014, 14:21
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: ReNoStar

#1

22.03.2017, 14:18

Hallöchen an alle,

ich habe hier gerade eine Sache auf dem Tisch, die mich zur Verzweiflung bringt...
Es gibt ein Urteil, wonach unser Mandant verpflichtet wurde, die sich auf seinem Grundstück befindliche Sache herauszugeben. Die Gegenseite hat sodann Firmen beauftragt, die die Sache vom Grundstück unseres Mandanten entfernt und abgeholt/transportiert haben. Soweit so gut....
Unser Mandant hat dann nie eine Aufforderung zur Zahlung der Transportkosten bzw. noch nicht mal die Rechnungslegung der entstandenen Transportkosten erhalten.

Nun kam die Gerichtsvollzieherin mit dem Vollstreckungsauftrag und verlangte das Geld aus zwei Rechnungen für Transportkosten einschließlich Gerichtsvollzieher- und entstandene Anwaltskosten... Aufgrund der Androhung von Kontopfändung und dergleichen hat unser Mandant den Betrag unter Vorbehalt bezahlt....

Es stellt sich mir nun die Frage, ob die Transportkosten hätten überhaupt vollstreckt werden dürfen, denn ein Titel dafür besteht nicht. Auch wurde unserem Mandanten nicht mal die Chance gelassen, die Kosten zu zahlen oder gar zu überprüfen... Ich hab mich schon mal ein wenig belesen und gefunden, dass die Transportkosten mal zu den notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung gehören bzw. durch das Urteil auf Herausgabe mit inbegriffen sind und mal habe ich gefunden, dass diese Kosten gesondert geltend gemacht werden müssen.
Unser Mandant hat uns natürlich nun mit der Prüfung der Angelegenheit beauftragt und ich die wichtigste Frage für mich war jetzt, ob die Kosten hätten über eine Festsetzung oder der gleichen erstmal beantragt werden müssten bzw. ob man für diese eine vollstreckbare Ausfertigung benötigt oder ob diese wirklich mit unter dem Herausgabeurteil beachtet sind und somit vollstreckbar sind???
Aber selbst dann bin ich der Meinung, dass dem Mandanten hätte die Chance gegeben werden müssen, die Kosten außergerichtlich zu zahlen und somit weitere Anwalts- und Gerichtsvollzieherkosten hätten vermieden werden können....


mhhhh, ich hoffe ihr könnt mir helfen... bin gespannt auf eure Antworten....

LG Sandra
Benutzeravatar
Adora Belle
Golembefreierin mit Herz
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 14366
Registriert: 14.03.2008, 14:17
Beruf: RAin

#2

22.03.2017, 14:25

Ich sehe hier auf den ersten Blick gar nicht, wieso der Mandant diese Kosten schulden sollte. Wenn es einen Herausgabetitel gibt, dann muss er herausgeben. Und nicht irgendwas irgendwohin transportieren.
Pitt
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 3266
Registriert: 12.07.2012, 10:15
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: Phantasy (DATEV)

#3

22.03.2017, 15:34

:zustimm Die Transportkosten sind nur dann notwendige Kosten der ZV, wenn sich die Pflicht, die Sache an den Gläubiger zu versenden bzw. bei ihm abzuliefern, aus dem zu vollstreckenden Titel ergibt. Der dargestellte Sachverhalt ist allerdings meiner Meinung nach zu dünn, um hier eine abschließende Antwort zu erteilen. Mich macht die Tatsache stutzig, dass die Gerichtsvollzieherin die Transportkosten vollstreckt hat. Denn normalerweise prüfen die GVZ bei den beizutreibenden Kosten der Zwangsvollstreckung immer, ob es sich um "notwendige Kosten" i. S. v. § 788 ZPO handelt und streichen die auch schon mal aus der Forderungsaufstellung raus, wenn dem nicht so ist. Von daher kann ich nicht ausschließen, dass hier aus irgendeinem Grund die Transportkosten doch erstattungsfähig sein könnten.
Nach Vorlage des Titels braucht der Gläubiger den Schuldner grundsätzlich nicht noch mal anzuschreiben und zur "freiwilligen" Herausgabe auffordern, um ZV-Kosten zu vermeiden. Für so eine Vollstreckungsandrohung würden dann ja auch vom Schuldner zu erstattende Kosten anfallen. Sobald der Schuldner Kenntnis von dem gegen ihn ergangenen Urteil erhält, liegt es in seiner Hand, die Vollstreckung zu vermeiden.
Schmiedi1309
Foren-Azubi(ene)
Beiträge: 92
Registriert: 28.05.2014, 14:21
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: ReNoStar

#4

22.03.2017, 15:57

also ich weis mittlerweile, dass der GV schon irgendwelche Kosten gekürzt hat.. dachte jetzt, dass ich einfach mal die Unterlagen anfordern sollte....
Unser Mandant hat die Sache nicht heraus gegeben, sodass dies im Wege der Vollstreckung passiert ist. Deswegen sind dann die Transportkosten etc. entstanden.
Aber wie gesagt, unser Mandant hat nie eine Rechnung oder dergleichen bekommen und auch der GV hat keine Übersicht gehabt und hat nur auf folgendes hingewiesen:

"Nach einer Entscheidung des OLG Düsseldorf sind die Transportkosten durch den Schuldner zu tragen, wenn sich dessen Pflicht die herauszugebende Sache an den Gläubiger zu versenden oder bei ihm abzuliefern aus dem Urteil ergibt.

Nach einer anderen Kommentierung der ZPO von Baumbach/Lauterbach sind die Kosten des Transports notwendige Kosten der ZV im Zusammenhang mit der Herausgabe und damit nach § 788 ZPO durch den GV einziehbar.

Es ist mir hierbei nicht bekannt, wie genau das Urteil gefasst ist. Ggf. bitte ich dies zu prüfen" Das stand unter einem Schreiben des GV nach erfolgter Vollstreckung :schock

Und im Urteil stand damals nur, dass unser Mandant verurteilt wird, die Sache an den Kläger heraus zu geben.

Ich bin halt irgendwie bissel verägert, weil die hätten ihm ja wenigstens die Möglichkeit lassen können, die Kosten zu zahlen... der Abtransport war damals im April 2015 und die Kosten wurden erst im August 2016 vollstreckt!!!!
Vielleicht sehe ich das auch falsch und es gehört zu den Kosten, nur dann kann doch der Mandant trotzdem wenigstens die Rechnungen oder dergleichen verlangen oder???

LG und danke schon mal für eure Antworten
Schmiedi1309
Foren-Azubi(ene)
Beiträge: 92
Registriert: 28.05.2014, 14:21
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: ReNoStar

#5

22.03.2017, 15:58

Achso und damals wurde ein Termin gemacht wo dann die Sache abgeholt werden sollte. Im Urteil steht dazu nichts weiter wie das geschehen soll und wer die Kosten dafür zahlt....
Benutzeravatar
Adora Belle
Golembefreierin mit Herz
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 14366
Registriert: 14.03.2008, 14:17
Beruf: RAin

#6

22.03.2017, 16:28

Mehr als das hier
Schmiedi1309 hat geschrieben:Es ist mir hierbei nicht bekannt, wie genau das Urteil gefasst ist. Ggf. bitte ich dies zu prüfen
können wir doch auch nicht sagen.
Benutzeravatar
Pepples
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 6783
Registriert: 10.08.2006, 15:09
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: Advoware
Wohnort: NRW

#7

22.03.2017, 17:03

Ich bin halt irgendwie bissel verägert, weil die hätten ihm ja wenigstens die Möglichkeit lassen können, die Kosten zu zahlen... der Abtransport war damals im April 2015 und die Kosten wurden erst im August 2016 vollstreckt!!!!
Sachlich stimme ich den andern hier zu. ;)
Aber zu Deiner Verärgerung:
Überleg mal, dass Euer Mandant den Kram ja auch einfach hätte selbst rausgeben können, dann wären diese Kosten erst gar nicht enstanden. Er hätte ja auch mal nachfragen können, ob noch irgendwas gegen ihn offen ist. Auch Euer Mandant ist damals in der Pflicht gewesen und hat das ganze hier ja erst verschuldet. Da finde ich persönlich es unangemessen, jetzt sich darüber aufzuregen, dass die Kosten erst jetzt vollstreckt werden und man ja vorher nicht nochmal nett gefragt hat, ob vielleicht freiwillig eine Zahlung erfolgt. :vogel
Ganz ehrlich, ich laufe meinen Schuldnern auch nicht hinterher. Wenn keine Zahlung kommt, wird vollstreckt. Und wenn insbesonder Schuldner behaupten nie irgendwas bekommen zu haben, bin ich immer sehr vorsichtig damit das für bare Münze zu nehmen. ;)
"Sie hören von meinem Anwalt" ist die Erwachsenenversion von "Das sag ich meiner Mama!" 134
Schmiedi1309
Foren-Azubi(ene)
Beiträge: 92
Registriert: 28.05.2014, 14:21
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: ReNoStar

#8

23.03.2017, 09:08

also im Urteil stand nur, dass die Sache herausgegeben werden muss und nichts weiter.

Der Mandant hat gesagt, dass die Firma gerne die Sache abholen kann. Seine Bedingung war aber einer Hinterlegung einer Sicherheitsleistung, weil durch die Entfernung der Sache auf seinen Grundstück eine Gefährdung von Zerstörung von Eigentum hervor ging.
Nun ja, ich sage ja auch nicht das er die Kosten nicht zahlt und auch nicht verursacht hat, ich bin nur darüber verägert, dass ihm nicht die Möglichkeit gelassen wurde, die Kosten vorher zu überprüfen und sodann zu zahlen. Es erfolgt keine Rechnungslegung an den Mandanten und auch nicht die Aufforderung zur Zahlung. Die Sache wurde im April 2015 abgeholt und die Kosten dafür erst in 2016 vollstreckt... Bis dato hatte unser Mandant gar keine Ahnung wie hoch die Rechnungen der Transportkosten waren... Und ich kann mir vorstellen das die Firma unseren Mandanten vorher nicht aufgefordert hat, dass war schon alles so schwierig im Gerichtsverfahren damals. Und als die Firma damals die Sache abgeholt hat, hat er sich ja auch gar nicht verweigert oder so....
naja egal, ich werde jetzt erstmal die zur Vollstreckung gehörenden Unterlagen wie Forderungskonto oder Auflistung oder gar Rechnungskopie anfordern... Vielleicht kann mir da ja der GV schon weiter helfen....
Benutzeravatar
Pepples
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 6783
Registriert: 10.08.2006, 15:09
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: Advoware
Wohnort: NRW

#9

23.03.2017, 09:23

also im Urteil stand nur, dass die Sache herausgegeben werden muss und nichts weiter.

Der Mandant hat gesagt, dass die Firma gerne die Sache abholen kann. Seine Bedingung war aber einer Hinterlegung einer Sicherheitsleistung, weil durch die Entfernung der Sache auf seinen Grundstück eine Gefährdung von Zerstörung von Eigentum hervor ging.
Dann hätte der Mandant auch eigenständig herausgeben können und hätte die Kosten hierfür selbst in der Hand gehabt. Auch für seine Bedingung wird es keinen Raum gegeben haben, da das Urteil nichts in der Richtung hergibt.
Nun ja, ich sage ja auch nicht das er die Kosten nicht zahlt und auch nicht verursacht hat, ich bin nur darüber verägert, dass ihm nicht die Möglichkeit gelassen wurde, die Kosten vorher zu überprüfen und sodann zu zahlen. Es erfolgt keine Rechnungslegung an den Mandanten und auch nicht die Aufforderung zur Zahlung. Die Sache wurde im April 2015 abgeholt und die Kosten dafür erst in 2016 vollstreckt..
Auch für eine vorherige Kostenprüfung der ZV-Maßnahme sehe ich keinen Raum. Ernsthaft, wo kommen wir dahin, wenn der Schuldner erst zu den Kosten angehört werden soll. :vogel Er kann das vermeiden, wenn er seiner Verpflichtung eigenständig nachkommt. Tut er das nicht, hat er sich die weiteren Kosten selbst zuzuschreiben. Und wann und wie der Gläubiger die vollstreckt liegt in seinem Entscheidungsbereich. ;)
"Sie hören von meinem Anwalt" ist die Erwachsenenversion von "Das sag ich meiner Mama!" 134
Pitt
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 3266
Registriert: 12.07.2012, 10:15
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: Phantasy (DATEV)

#10

23.03.2017, 11:26

Ich habe mir noch mal alle Beiträge durchgelesen und so wie es sich jetzt darstellt, könnte es durchaus sein, dass hier noch ein weiterer Vollstreckungstitel über die Transportkosten existiert. Hierfür spricht m. E. der Hinweis des GVZ, dass er den Wortlaut des Urteils nicht kennt. Wenn er die Transportkosten als Nebenforderung/Kosten der ZV vollstrecken würde, dann wäre dem ZV-Auftrag auch das Urteil beigefügt gewesen. Es könnte z. B. neben dem Urteil und dem KFB nach § 104 ZPO aus dem ursprünglichen Prozess noch ein KFB nach § 788 ZPO existieren. Kein GVZ vollstreckt nur aufgrund einer Rechnung ohne einen Vollstreckungstitel vorliegen zu haben, aus dem sich der entsprechende Kostenerstattungsanspruch des Gläubigers herleiten lässt. Auch der Umstand, dass die Transportkosten im April 2015 angefallen sind und erst knapp ein Jahr später vollstreckt werden, spricht m. E. dafür, dass da evtl. noch ein weiteres Verfahren über die Transportkosten geführt worden ist. Es sieht für mich so aus, dass 2016 nur die reine Herausgabevollstreckung nach § 885 ZPO durchgeführt worden ist und der Zahlungsanspruch bzgl. der Kosten dann anschließend durchgesetzt worden ist.

Grundsätzlich hat der Schuldner keinen Rechtsanspruch darauf, dass der Gläubiger ihm im Falle eines titulierten Herausgabeanspruches eine Sicherheit für den Fall leistet, dass evtl. beim Befahren/Rangieren auf dem Grundstück Gegenstände beschädigt werden könnten. Verweigert der Schuldner deswegen die Herausgabe, hat der Gläubiger gar keine andere Wahl als staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um seinen Anspruch durchzusetzen. Bei der Logik des Mandanten zum Thema Sicherheitsleistung könnte jeder Schuldner vor Vollstreckung eines Durchsuchungsantrages Geld vom Gläubiger verlangen, falls der GVZ im Rahmen der ZV eine Vase umkippt oder den Teppich verschmutzt. Für den Fall, dass im Rahmen einer ZV Schäden an Gegenständen des Schuldners verursacht werden, kann dieser seinen Schadensersatzanspruch gegen den Verursacher (und das ist nicht unbedingt der Gläubiger) anschließend geltend machen.

Ich denke, wegen der lückenhaften Darstellung des Verfahrens sollte man auch noch mal mit dem Mandanten Rücksprache halten und beim Prozess- bzw. Vollstreckungsgericht nachhaken, ob und welche Kostenfestsetzungsbeschlüsse vorliegen und ob ggfs. diesen Anträgen Kostenbelege beigefügt waren.
Antworten