Pfändung gegen eine Erbengemeinschaft

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
Wiebelle
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#1

31.07.2023, 15:55

Moin,

leider mache ich ZV nicht so oft und natürlich landen trotzdem die komplizierten Sachen auf meinem Schreibtisch. :roll:

Wir haben einen Zahlungstitel gegen eine Erbengemeinschaft. Aus diesem soll jetzt gepfändet werden. Ich bin mir unschlüssig, wie man das richtig macht.

Die Erbengemeinschaft als solche ist ja nicht rechtsfähig, was bedeutet das ich gegen jeden einzelnen Erben vollstrecken müsste. Wenn ich nun aber jeden Erben als Schuldner angebete, würde das ja unnötige Kosten verursachen und viel Zeit vergeuden. Da die Erbengemeinschaft aber ja Gesamtschuldner ist, könnte ich mir doch einen der Erben aussuchen und nur gegen ihn in das Vermögen der Erbengemeinschaft vollstrecken - oder nicht?

Wenn das nicht geht und ich gegen jeden einzelnen Erben die Vollstreckung einleite, habe ich das Problem welches Gericht nun zuständig ist, da die Erben in ganz Deutschland verteilt sind. Wie finde ich dann das zuständige Gericht? Kann ich einfach eins bestimmen, z.B. am Ort des Vermögens oder beim für den Nachlass zuständigen Gericht?

Die Erbengemeinschaft ist noch nicht auseinandergesetzt worden und wir wissen, wo das Vermögen des Nachlasses ist. Kann ich also einfach eine Pfüb beantragen gegen einen der Erben (also Xy als Erbe nach abc) und als Drittschuldner die Bank mit Hinweis auf die nicht auseinandergesetzte Erbengemeinschaft?

Ich hoffe mir kann jemand weiterhelfen, denn ich drehe mich gerade die ganze Zeit im Kreis...
Oliverreinhardt2
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#2

31.07.2023, 18:17

Wiebelle hat geschrieben:
31.07.2023, 15:55
Wir haben einen Zahlungstitel gegen eine Erbengemeinschaft. Aus diesem soll jetzt gepfändet werden.
Liegt dir nur 1 Titel, oder gegen jeweils den einzelnen Erben ein Titel vor?
§ 747 ZPO
Zur ZV benötigst du gegen jeden Erben einen entsprechenden Titel
Wiebelle hat geschrieben:
31.07.2023, 15:55
Die Erbengemeinschaft als solche ist ja nicht rechtsfähig, was bedeutet das ich gegen jeden einzelnen Erben vollstrecken müsste. Wenn ich nun aber jeden Erben als Schuldner angebete, würde das ja unnötige Kosten verursachen und viel Zeit vergeuden. Da die Erbengemeinschaft aber ja Gesamtschuldner ist, könnte ich mir doch einen der Erben aussuchen und nur gegen ihn in das Vermögen der Erbengemeinschaft vollstrecken - oder nicht?
Beachte bitte die §§ 2033 bis 2041 BGB.
Wiebelle hat geschrieben:
31.07.2023, 15:55
Wenn das nicht geht und ich gegen jeden einzelnen Erben die Vollstreckung einleite, habe ich das Problem welches Gericht nun zuständig ist, da die Erben in ganz Deutschland verteilt sind. Wie finde ich dann das zuständige Gericht? Kann ich einfach eins bestimmen, z.B. am Ort des Vermögens oder beim für den Nachlass zuständigen Gericht?
§ 28 ZPO
Wiebelle hat geschrieben:
31.07.2023, 15:55
Die Erbengemeinschaft ist noch nicht auseinandergesetzt worden und wir wissen, wo das Vermögen des Nachlasses ist. Kann ich also einfach eine Pfüb beantragen gegen einen der Erben (also Xy als Erbe nach abc) und als Drittschuldner die Bank mit Hinweis auf die nicht auseinandergesetzte Erbengemeinschaft?
Mehreren Erben gehört der gesamte Nachlass, § 2032 I BGB, §1922 BGB. Aus diesem Wesen der Erbengemeinschaft als Gemeinschaft zur gesamten Hand folgt, dass ein einzelner Miterbe nicht über seinen Anteil an dem Nachlass im gesamten verfügen kann, § 2033 BGB. Deshalb ist auch eine Zwangsvollstreckung gegen einen Miterben nur in seinen Nachlassanteil im gesamten als Inbegriff von Rechten und Pflichten, möglich, nicht aber in den Anteil an einem einzelnen Nachlassgegenstand, § 859 II ZPO.
Gruß
Oli
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Wiebelle
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#3

31.07.2023, 21:37

Oliverreinhardt2 hat geschrieben:
31.07.2023, 18:17
Liegt dir nur 1 Titel, oder gegen jeweils den einzelnen Erben ein Titel vor?
Ich habe einen Titel der gegen jedes Mitglied der Erbengemeinschaft gerichtet ist.

Vielleicht zum Hintergrund damit das besser zu verstehen ist. Mein Anwalt war als Nachlasspfleger für die unbekannten Erben tätig. Die Erben wurden inzwischen durch Erbschein festgestellt. Wir machen nun unseren Vergütungsanspruch aus der Nachlasspflegschaft geltend. Die Erbengemeinschaft hat Probleme miteinander und ist deswegen noch nicht auseinandergesetzt. Dementsprechend bestehen alle Konten des Erblassers noch in die wir nun pfänden wollen.

Ich hatte so einen Fall schon einmal. Allerdings hatte ich damals einen Alleinerben. Da war das ganze sehr einfach; Pfüb gegen den xy als Erben nach yz - tadaa fertig und wir hatten unsere Vergütung auf dem Konto.
Oliverreinhardt2 hat geschrieben:
31.07.2023, 18:17
§ 28 ZPO
Also: da die vorhandenen Erben noch als Gesamtschuldner haften (die Erbengemeinschaft ist ja noch nicht auseinandergesetzt) kann ich den Bezirk des zuständigen Nachlassgerichts nehmen?
Oliverreinhardt2 hat geschrieben:
31.07.2023, 18:17
Mehreren Erben gehört der gesamte Nachlass, § 2032 I BGB, §1922 BGB. Aus diesem Wesen der Erbengemeinschaft als Gemeinschaft zur gesamten Hand folgt, dass ein einzelner Miterbe nicht über seinen Anteil an dem Nachlass im gesamten verfügen kann, § 2033 BGB. Deshalb ist auch eine Zwangsvollstreckung gegen einen Miterben nur in seinen Nachlassanteil im gesamten als Inbegriff von Rechten und Pflichten, möglich, nicht aber in den Anteil an einem einzelnen Nachlassgegenstand, § 859 II ZPO.
Das ist mir bewusst. Aber ich hab ja nicht nur einen Miterben - Schuldner sind ja alle. :kopfkratz
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#4

01.08.2023, 09:51

Sowas kompliziertes hatte ich noch nie. :lol:

Ich versuche es mal:
Wiebelle hat geschrieben:
31.07.2023, 21:37
Also: da die vorhandenen Erben noch als Gesamtschuldner haften (die Erbengemeinschaft ist ja noch nicht auseinandergesetzt) kann ich den Bezirk des zuständigen Nachlassgerichts nehmen?
ja, kannst du. So lese ich den § 28 ZPO. Musst du dem Gericht aber wahrscheinlich erklären. Also gleich ein Übersenderanschreiben mit der Erklärung dazu tun.
Wiebelle hat geschrieben:
31.07.2023, 21:37
Aber ich hab ja nicht nur einen Miterben - Schuldner sind ja alle.
Geht nicht vielleicht ein Pfüb für die Konten, die du pfänden willst, und gib alle Schuldner (wohl auf einen Anlage-Blatt) mit Hinweis auf die Erbengemeinschaft nach dem Erblasser an. Der Pfüb wird erst an die Drittschuldner (was ja dessen Wirksamheit begründet) und später an den/die Schuldner zugestellt.
Mit mir kann man Pferde stehlen ... aber morgen bringen wir sie zurück :!:
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#5

01.08.2023, 10:07

gibt es denn das Nachlasskonto noch? dann einfach PFüB darauf als DS und zustellen an alle Schuldner. Oder willst du in ein privates Konto eines Erben vollstrecken? Dann hast du ja nur einen Titel und müsstest dir einen aussuchen, würde dann den damaligen Alleinerben nehmen, da kennt ihr dann ja anscheinend die Bank
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Wiebelle
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#6

01.08.2023, 11:33

icerose hat geschrieben:
01.08.2023, 09:51
Sowas kompliziertes hatte ich noch nie. :lol:
You see my problem. :mrgreen:
icerose hat geschrieben:
01.08.2023, 09:51
Geht nicht vielleicht ein Pfüb für die Konten, die du pfänden willst, und gib alle Schuldner (wohl auf einen Anlage-Blatt) mit Hinweis auf die Erbengemeinschaft nach dem Erblasser an. Der Pfüb wird erst an die Drittschuldner (was ja dessen Wirksamheit begründet) und später an den/die Schuldner zugestellt.
Um die Zustellkosten für jeden Schuldner werde ich wohl nicht drumrum kommen oder?

Also werde ich wohl einen Pfüb gegen jeden Erben als Schuldner machen und das hier zuständige Amtsgericht (welches sich aus dem zuständigen Nachlassgericht ergibt) auswählen. Mal sehen ob das was wird.
paralegal6 hat geschrieben:
01.08.2023, 10:07
gibt es denn das Nachlasskonto noch? dann einfach PFüB darauf als DS und zustellen an alle Schuldner. Oder willst du in ein privates Konto eines Erben vollstrecken? Dann hast du ja nur einen Titel und müsstest dir einen aussuchen, würde dann den damaligen Alleinerben nehmen, da kennt ihr dann ja anscheinend die Bank
Ich glaube du hast meine Erklärung des Sachverhaltes nicht richtig gelesen.
Das Nachlasskonto gibt es noch, weil die Erbengemeinschaft sich nicht einigen kann.
Ich will nicht in ein privates Konto eines Erben vollstrecken, ich will in das Konto des Erblassers vollstrecken.
Es gibt keinen Alleinerben (das war ein anderer Fall) - nur eine Erbengemeinschaft mit 5 Personen.
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#7

01.08.2023, 11:49

Wiebelle hat geschrieben:
01.08.2023, 11:33

Ich glaube du hast meine Erklärung des Sachverhaltes nicht richtig gelesen.
Das Nachlasskonto gibt es noch, weil die Erbengemeinschaft sich nicht einigen kann.
Ich will nicht in ein privates Konto eines Erben vollstrecken, ich will in das Konto des Erblassers vollstrecken.
Es gibt keinen Alleinerben (das war ein anderer Fall) - nur eine Erbengemeinschaft mit 5 Personen.
hast meins nicht richtig gelesen, habe geschrieben die damalige Alleinerbin und den Rest hab ich auch so beschrieben ;)
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#8

01.08.2023, 12:14

Da Du die Nachlasskonten pfänden willst, musst Du alle Erben als Schuldner eintragen und es muss auch an alle zugestellt werden. Du kannst Dir für die Nachlasskonten nicht einen Schuldner "herauspicken", um die Zustellkosten niedrig zu halten, da die Erbengemeinschaft - wie Du selbst ja schreibst - nicht auseinandergesetzt ist.
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
...
Kennt alle Akten auswendig
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#9

01.08.2023, 16:24

Die Vollstreckung in Nachlassgegenstände der ungeteilten Erbengemeinschaft muss sich gegen alle Erben richten.

§28 ZPO ist für die Zuständigkeit nicht anwendbar, da die Zuständigkeitsbestimmzng des §828 II ZPO gemäß §802 ZPO ausschließlich ist.
Erforderlich ist daher eine Zuständigkeitsbestimmung analog §36 I Nr. 3 ZPO.

Ihr könnt den Antrag daher an das Gericht des Wohnort eines Erben schicken m.d.B. die Akte dem OLG zur Zuständigkeitsbestimmung vorzulegen.
Wiebelle
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#10

02.08.2023, 11:51

... hat geschrieben:
01.08.2023, 16:24
Die Vollstreckung in Nachlassgegenstände der ungeteilten Erbengemeinschaft muss sich gegen alle Erben richten.

§28 ZPO ist für die Zuständigkeit nicht anwendbar, da die Zuständigkeitsbestimmzng des §828 II ZPO gemäß §802 ZPO ausschließlich ist.
Danke. Darüber war ich irgendwann bei meiner Suche auch mal gestolpert.
... hat geschrieben:
01.08.2023, 16:24
Erforderlich ist daher eine Zuständigkeitsbestimmung analog §36 I Nr. 3 ZPO.

Ihr könnt den Antrag daher an das Gericht des Wohnort eines Erben schicken m.d.B. die Akte dem OLG zur Zuständigkeitsbestimmung vorzulegen.
An welches Gericht genau stelle ich den Antrag dann? An das Amtsgericht/Vollstreckungsgericht, oder?

Und wie stelle ich den Antrag? Schreibe ich den in mein Übersendungsschreiben mit rein und schicke den dann zusammen mit dem Pfüb?
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