Unklarheiten bei P-Konto-Pfändung mit erhöhtem Freibetrag

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
PostGretel
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#1

07.03.2023, 15:34

Liebe Leute,

ich hatte in einer vbuH-Sache ein P-Konto gepfändet. Schuldner bezieht Leistungen vom Jobcenter. Durch den Pfüb waren zunächst 1.090,00 € unpfändbar. Schuldner hatte später beantragt, den Freibetrag zu erhöhen. Der entsprechende Ergänzungs-Beschluss lautete dann inhaltlich so:

„Der nach § 850k Abs 1 ZPO pfändungsfreie Betrag des P-Kontos vom Schuldner wird auf 1.117,90 EUR plus 443,57 EUR für das erste unterhaltsberechtigte Kind plus 247,12 EUR für das zweite unterhaltsberechtigte Kind plus eventuell Freibeträge nach § 840k [richtig wäre m. E. 850k] Abs. 1 Satz 3 und 850k Abs. 2 Satz 1 Nr. 1b, 2 und 3 ZPO festgesetzt.“

Dies sind einige der Zahlen Ende 2020:
- Jobcenter leistet 1.201,85 € (830,99 € Schuldner; 82,43 € Kind 1; 288,43 € Kind 2)
- Auszahlung Jobcenter: 43,20 € an Jobcenter (vermutlich Rückzahlung Darlehen); 134,00 € an
Stromanbieter; 1.024,65 € auf Konto Schuldner
- Unterhaltsvorschuss (ein Kind) 232,00 € auf Konto Schuldner
- Kindergeld (beide Kinder) 438,00 € (2021) auf Konto Schuldner
- Jobcenter plus Unterhaltsvorschuss plus Kinder: 1.871,85 €
- Zahlen im Beschluss 1.117,90 € plus 443,57 € plus 247,12 €: 1.808,59 €
- Zahlen im Beschluss plus Kindergeld wären: 2.246,59 €
- Zahlen aus Bescheinigung Schuldnerberatung: Grundfreibetrag Schuldner 1.178,59 € plus 443,57 € plus
247,12 € plus Kinder 408,00 € Kindergeld (2020): 2.277,28 €

Für mich unklar sind aber diese Fragen:

Erste Frage:
Sind in den im Beschluss genannten pfändungsfreien Beträgen das Kindergeld und gegebenenfalls Unterhaltsvorschuss enthalten, oder werden diese noch extra hinzugerechnet?

§ 850k ZPO verstehe ich so, dass mindestens das Kindergeld hinzugerechnet wird, wie das von der Schuldnerberatung berechnet wird. Aber das Jobcenter zieht sowohl Unterhaltsvorschuss als auch Kindergeld von seinen Leistungen ab.
Dadurch würde der Schuldner fast 400,00 € weniger vom Jobcenter bekommen, als ihm nach dem erhöhten Freibetrag zustehen würden. Für mich widerspricht sich das. beziehungsweise es gäbe keine Logik für den Antrag auf Erhöhung des Freibetrages. Oder denke ich wegen der Formulierung des Beschlusses nur zu kompliziert?

Zweite Frage:
Das Jobcenter überweist einen Teil seiner Leistung nicht an den Schuldner, sondern direkt an einen Dritten (in diesem Fall an Stromanbieter sowie an Jobcenter). Muss die Bank als Drittschuldnerin auch diese Beträge bei der Berechnung des pfändbaren Betrages berücksichtigen? Oder muss sie nur die Beträge berücksichtigen, die tatsächlich auf dem Schuldnerkonto eingehen?

In meinem Fall ist die Bank – ohne dies in der Antwort klar auszudrücken – der Meinung, dass sie nur von den auf dem Konto eingehenden Zahlungen ausgehen muss. Dabei kennt die Bank meiner Meinung nach den Bescheid des Jobcenters, eventuell sogar immer den aktuellsten.

Ich bin mal gespannt, was Ihr meint, und was ich ggf. lernen kann!

Wirre Grüße :kopfkratz

PostGretel
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Geiselmann
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#2

07.03.2023, 20:13

Hallo,

gem. § 902 Nr. 5 ZPO wird Kindergeld nicht von der Pfändung des Kontos erfasst.
Die Bank muss nur die Beträge berücksichtigen, die auf dem Konto eingehen.

S. Geiselmann
Oliverreinhardt2
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#3

08.03.2023, 08:57

Gruß
Oli
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komm ich irgendwie auf dumme Ideen...
:yeah
Oliverreinhardt2
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#4

08.03.2023, 09:55

Bitte beachte, dass sich der monatliche Pfändungsfreibetrag auf einem Bankkonto gesetzlich regelmäßig ändert.

Siehe Pfändungstabelle des Bundesjustizministerium.
Gruß
Oli
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PostGretel
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#5

08.03.2023, 11:29

#Geiselmann und Oliverreinhardt2:

Danke, das weiß ich auch (Kindergeld nicht pfändbar, Pfändungstabelle). Auch der Goebel-Beitrag - soweit ich ihn kostenlos lesen kann - sagt mir nichts Neues.

Meine zweite Frage ist aber dank dem zweite Satz von Geiselmann beantwortet!

Jetzt fehlt mir nur noch eine "Aufklärung" hinsichtlich der ersten Frage. Ich habe für mich folgende Berechnung vorgenommen:

Zahlung Jobcenter 1.201,85 € plus Unterhaltsvorschuss 232,00 € plus Kindergeld 438,00 € gleich 1.871,85 €
1.871,85 € minus 443,57 € minus 247,12 € gleich 63,26 € pfändbar

Oder muss ich hier zusätzlich noch das Kindergeld wieder abziehen? Sprich: Zu den im Beschluss genannten "3 Beträgen" muss ich das Kindergeld noch hinzurechnen?
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#6

08.03.2023, 12:03

Meiner Meinung nach hat das Kindergeld in der Rechnung nichts zu suchen, da es eben nicht pfändbar ist.
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
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#7

08.03.2023, 12:18

PostGretel hat geschrieben:
08.03.2023, 11:29


Zahlung Jobcenter 1.201,85 € plus Unterhaltsvorschuss 232,00 € plus Kindergeld 438,00 € gleich 1.871,85 €
1.871,85 € minus 443,57 € minus 247,12 € gleich 63,26 € pfändbar

Oder muss ich hier zusätzlich noch das Kindergeld wieder abziehen?
Abzüglich KiG bitte.
:huepf
Gruß
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#8

09.03.2023, 11:04

Verstehe ich es dann richtig, dass in dem Beschluss doch noch Kindergeld hinzuzurechnen ist, also „Zahlen im Beschluss plus Kindergeld wären: 2.246,59 €“? Würde auf dem Schuldnerkonto also monatlich der Betrag, den die Schuldnerberatung berechnete (2.277,28 €), eingehen, wären 30,69 € pfändbar?

Aber wieso bekommt der Schuldner selbst einen Betrag, der wesentlich niedriger ist (830,99 €) als der diesem laut Schuldnerberatung zustehenden Grundfreibetrag (1.178,59 €)?

:bahnhof
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#9

09.03.2023, 11:23

Der dem Schuldner grundsätzlich zustehende Grundfreibetrag ist eine Zahl im Gesetz. Das heißt aber doch nicht, dass er automatisch auch in dieser Höhe Leistungen durch das Jobcenter beziehen muss. Und nein, mach Dich mal von dem Kindergeld frei. Wenn Du ohne das Kindergeld keinen pfändbaren Betrag hast, dann hast Du leider keinen pfändbaren Betrag.
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PostGretel
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#10

09.03.2023, 11:35

PostGretel hat geschrieben:
07.03.2023, 15:34
„Der nach § 850k Abs 1 ZPO pfändungsfreie Betrag des P-Kontos vom Schuldner wird auf 1.117,90 EUR plus 443,57 EUR für das erste unterhaltsberechtigte Kind plus 247,12 EUR für das zweite unterhaltsberechtigte Kind plus eventuell Freibeträge nach § 840k [richtig wäre m. E. 850k] Abs. 1 Satz 3 und 850k Abs. 2 Satz 1 Nr. 1b, 2 und 3 ZPO festgesetzt.“
Also noch einmal zur Klarheit für mich: Rechtspfleger spricht dem Schuldner 1.117,90 € pfändungsfrei zu. Außerdem sind bei den Kindern pfändungsfrei 443,57 € plus 247,12 € plus Kindergeld "und mehr" entsprechend § 850k ZPO. Richtig?
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