Arbeitsrecht: Abrechnung des Arbeitsverhältnisses

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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nulpe
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#1

28.02.2023, 11:39

Hallo,

ich habe einen ZV-Titel (Urteil) auf "ordnungsgemäße Abrechnung" eines Arbeitsverhältnisses mit Angabe der Monate usw. Der Arbeitgeber (Schuldner) hat abgerechnet und auch ausgezahlt. Er hat aber falsch abgerechnet, indem er den Arbeitnehmer in Lohnsteuerklasse 6 statt 1 eingestuft hat. Der Arbeitnehmer war immer in Klasse 1 beschäftigt und abgerechnet worden und er hatte auch keine anderweitige Tätigkeit ausgeübt oder mitgeteilt, die eine Einstufung in Klasse 6 rechtfertigen würde. Die Folge ist simpel: Die vom Arbeitgeber abgezogene und an das Finanzamt abgeführte Lohnsteuer ist etwa doppelt so hoch, das heißt, der Arbeitnehmer hat diesen Betrag nicht ausgezahlt bekommen.

Kann hier irgendwas gegen den Arbeitgeber (Schuldner) vollstreckt werden, also quasi Korrektur der Abrechnung und Auszahlung der Differenz an den Arbeitnehmer (Gläubiger)?

Im Prinzip kann der Arbeitnehmer ja einfach eine Lohnsteuererklärung abgeben und die zu viel an das Finanzamt abgeführte Lohnsteuer vom Finanzamt erstattet bekommen. Das Problem ist nur, dass das dauert und dass dem Arbeitnehmer hierdurch ja zusätzlicher Aufwand entsteht.

LG
Nulpe
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Anahid
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#2

28.02.2023, 11:47

Per Vollstreckung geht da gar nichts. Ihr könnt den Arbeitgeber auffordern, die Abrechnungen zu berichtigen und bei Nichterledigung neu klagen. Aber da er die aus dem Urteil geschuldeten "Abrechnungen" erbracht hat (auch wenn die falsch sind), ist die Schuld aus dem Urteil erledigt.
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nulpe
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#3

28.02.2023, 11:52

Hm, dass nichts vollstreckbar ist, habe ich mir schon gedacht, aber im Übrigen soll die Pflicht zur "ordnungsgemäßen" Abrechnung durch eine falsche Abrechnung erbracht werden können? Ich denke, eine neue Klage müsste hier doch erfolgversprechend sein, wobei das natürlich keine Frage der ZV mehr wäre.
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#4

28.02.2023, 13:02

Es könnte durchaus sein, dass die Steuerklasse VI korrekt ist, auch wenn er seinerzeit mit Steuerklasse I abgerechnet worden ist.

Ich bin mir nicht zu 100 % sicher .... aber, wenn der Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, das Lohnkonto geschlossen ist und die Lohnsteuerbescheinigung bereits dem Finanzamt übermittelt wurde, ist eine nachträgliche Änderung der Daten nicht mehr möglich. Hat der Arbeitnehmer dann auch noch ein neues Arbeitsverhältnis begonnen und bezieht dort bereits Lohn bzw. Gehalt nach Steuerklasse I, dann müssen diese nachträglichen Zahlungen des alten Arbeitgebers mit Steuerklasse VI abgerechnet werden.

Bevor also hier ein neues Verfahren angestrengt wird, würde ich versuchen, über einen Steuerberater vielleicht hierzu genauere Informationen zu erhalten.

Bzgl. der Zwangsvollstreckung aus dem Titel, diese dürfte wohl erledigt sein, da abgerechnet. Auch die ordnungsgemäße Abrechnung könnte mit Steuerklasse VI durchaus korrekt sein. Wie gesagt, hier vielleicht sich noch bei einem Steuerberater oder dem Finanzamt selbst erkundigen.
nulpe
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#5

28.02.2023, 14:22

Danke für die Antwort. Der Arbeitnehmer hatte während der gesamten Zeit kein neues Arbeitsverhältnis und war auch nicht arbeitslos gemeldet. Er hat dem Arbeitgeber hierzu auch nichts entsprechendes mitgeteilt, wobei der Arbeitgeber nicht gefragt hat und es auch keine sonstigen Umstände gibt, aus denen eine Änderung der Steuerklasse ersichtlich war. Der Arbeitgeber hatte bis März regulär das Gehalt gezahlt und mit Steuerklasse 1 abgerechnet. Er ging davon aus, dass das Arbeitsverhältnis wegen seiner Kündigung Ende März enden würde. Das Arbeitsgericht hat allerdings festgestellt, dass die Kündigung unwirksam ist. Im Rahmen eines Vergleichs wurde vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis Ende Juni endet. Der Arbeitgeber hat sich zur "ordnungsgemäßen" Abrechnung der Monate bis Ende Juni verpflichtet. Die Abrechnung erfolgte aber eben mit der falschen Steuerklasse 6 - ohne jeden ersichtlichen Grund.

Meines Erachtens handelt es sich hierbei um Mätzchen des Arbeitgebers, die nur geschehen sind, um den Arbeitnehmer zu ärgern. Natürlich kann der Arbeitnehmer die zu viel gezahlte Lohnsteuer vom Finanzamt zurück erhalten. Dazu muss er aber eine entsprechende Steuererklärung abgeben und warten, was ihn Arbeit und Zeit kostet. Sicherlich ist das keine Frage der Zwangsvollstreckung mehr und eine erneute Klage wird viel mehr Geld und Zeit kosten. Aber dann würde sich der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber auf der Nase herumtanzen lassen und der Vorfall hätte für den Arbeitgeber keinerlei Konsequenzen.
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#6

28.02.2023, 14:32

Wie Du selbst schreibst, war die Kündigung zum 31.03. ausgesprochen und damit ist es durchaus möglich, dass der Arbeitgeber bereits die Abmeldung vorgenommen hat, womit dann wieder der von 188F geschilderte Fall vorliegen würde. Bevor ich also hier mit Kanonen auf Spatzen schieße, würde ich einen Steuerberater fragen. ;-)
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#7

08.03.2023, 16:28

Anahid hat geschrieben:
28.02.2023, 11:47
Per Vollstreckung geht da gar nichts. Ihr könnt den Arbeitgeber auffordern, die Abrechnungen zu berichtigen und bei Nichterledigung neu klagen. Aber da er die aus dem Urteil geschuldeten "Abrechnungen" erbracht hat (auch wenn die falsch sind), ist die Schuld aus dem Urteil erledigt.
:kopfkratz Das sehe ich etwas differenzierter. Die ordnungsgemäße Abrechnung kann m.E. über 887 vollstreckt werden. Geschuldet war ja eine "Ordnungsgemäße" und diese liegt nicht vor. Die sich daraus ergebende Differenz wäre ggf. neu einzuklagen.
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#8

08.03.2023, 16:32

Du kannst auch ein Zeugnis der Note "sehr gut" nicht vollstrecken. Zeugnis selbst ja - Note nein. Ich denke nicht, dass Du im Wege der Zwangsvollstreckung den Begriff "ordnungsgemäß" klären kannst.
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