Schuldnerin vor Zustellung des PfüB verstorben und dem Nachlassgericht sind die Erben unbekannt - was nun?

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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Sine04
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#1

22.09.2022, 14:33

Ihr Lieben,

mal wieder mein leidiger Fall, an dem ich nun schon so lange herumkaue... :kopfkratz

Nochmal kurz:

- MB wurd erlassen und der Schuldnerin zugestellt
- VB wurde erlassen und der Schuldnerin zugestellt
- PfÜB wurde vom Gericht erlassen und die Zustellung an die Schuldnerin und die Bank veranlasst.

Kurz vor meinem Urlaub kam dann die Drittschuldnererklärung der Bank, dass die Schuldnerin vor dem Beginn der ZV verstorben sei.

Ich habe daraufhin das Nachlassgericht mit der Antrag auf Erbenermittlung angeschrieben.

Während meines Urlaubs kam
- die Mitteilung vom OGV, dass der PfüB nicht mehr zugestellt werden konnte, da die Schuldnei nicht mehr unter der Adresse wohnt (nachvollziehbar) und
- die Mitteilung des Nachlassegrichts, dass man keine Kenntnis über die Erben habe und dass dem Nachlassgericht auch nicht jeder Sterbefall zur Kenntnis gelangt (und dass auch keine Amtsermittlungspflicht bestehe in den Fällen, in denen kein sicherungsbedürftiger Nachlass angezeigt wird).

Hier frage ich mich, warum mein Antrag auf Erbenermittlung beim Nachlassgericht keine "Anzeige eines sicherungsbedürftiges Nachlasses" ist, denn m.E. ist der Nachlass doch eben gerade sicherungsbedürftig, damit mein Mandant seine Forderung eintreiben kann, oder?

Jetzt, nach meinem Urlaub, liegt die Sache also wieder auf meinem Schreibtisch.

Die Schuldnerin scheint - nach dem, was sich weiß, nicht vermögenslos zu sein, eher im Gegenteil. Kinder und Ehemann gibt es nicht, ob es ein Testament gibt, weiß ich nicht.

Wie kann ich denn jetzt noch die Erben herausfinden?

Vielen Dank und liebe Grüße! :thx
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paralegal6
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#2

23.09.2022, 08:11

die Bank sollte doch wissen ob sich Erben für das Konto gemeldet haben :kopfkratz
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Jaku
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#3

23.09.2022, 13:20

Du könntest eine Prozesspflegschaft beantragen, wenn die Erben tatsächlich unbekannt sind (§ 1961 BGB). Diesen musst du glaubhaft machen, in dem du Ansprüche gegen die Erblasserin nachweist (VB). Gibt das Nachlassgericht deinem Antrag statt, wird ein Nachlasspfleger bestellt, welcher die Vermögensverhältnisse der Erblasserin prüft. Bei ihm kannst du deine Ansprüche anmelden und ggf. durchsetzen, sofern der Nachlass nicht dürftig oder überschuldet ist.
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Geiselmann
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#4

24.09.2022, 21:17

Hilft 779 ZPO weiter?
Sine04
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#5

26.09.2022, 15:27

Vielen Dank für Eure Antworten!

@paralegal6:
Die Bank hat mir nur mitgeteilt, dass sie die Forderung nicht als berechtigt anerkennt, da die Schuldnerin vor der ZV verstorben ist. Kann ich denn bei der Bank als Drittschuldnerin erfragen, wer der Erbe ist? Dürfen die mir das bei der Bank überhaupt sagen?

@Geiselmann:
Die Schuldnerin ist noch vor der Zustellung des PfÜBs verstorben. Das scheint die Bank so zu werten, dass der Tod der Schuldnerin noch VOR Zwangsvollstreckungsbeginn eintrat. Ich war auch überrascht, dass die ZV erst mit Zustellung des PfÜBs beginnen soll und nicht z.B. bereits mit Zustellung des VB bei der Schuldnerin (gehört ja auch zur ZV). Aus Bankensicht, die als Drittschuldnerin mit Zustellung des PfÜBs erstmalig von der ZV hört, aber schon irgendwie nachvollziehbar. Oder hast Du andere Infos?

@Jaku:
Vielen lieben Dank, das werde ich versuchen. Weißt Du, mit welchen Kosten die Einrichtung einer Prozesspflegschaft verbunden ist?

Du schreibst: "wenn die Erben tatsächlich unbekannt sind". Ich habe bisher nur beim Nachlassgericht angefragt und die kennen dort keine Erben, schreiben aber auch, dass ihnen nicht jeder Sterbefall zur Kenntnis gelangt. Bevor ich eine Prozesspflegschaft beantrage - hast du eine Idee, wie ich sonst noch nach den Erben forschen kann? Vielleicht gibt es ja welche und das Nachlassgericht weiß nur nichts davon. Ich habe keine Ahnung, in welchen Fällen dem Nachlassgericht ein Sterbefall angezeigt wird und in welchen nicht.

Vielen Dank und liebe Grüße!
Jaku
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#6

27.09.2022, 09:52

Die Entscheidung, ob die Erben unbekannt sind, trifft zunächst das Nachlassgericht. Dies scheint bei dir ja der Fall zu sein. Du musst in dieser Hinsicht nichts glaubhaft machen. In deinem Antrag schreibst du nur sinngemäß: "Für den Fall, dass die Erben unbekannt sind, beantrage ich gemäß § 1961 BGB einen Nachlasspfleger für die unbekannten Erben zu bestellen. Grund ist, die Durchsetzung des anliegenden Titels ...." Die Forderung machst du dann unter Beifügung des ZV-Titels und ein paar Worten dazu glaubhaft.
Das Nachlassgericht entscheidet dann nach Aktenlage, ob ein Nachlasspfleger bestellt wird. Wenn du bereits jetzt Kenntnis über bestimmte Vermögenswerte hast oder auf der oben genannten Bank vermutest, dann würde ich im Antrag ebenfalls einen kurzen Hinweis darauf geben.
Sollte der Rechtspfleger sich für die Nachlasspflegschaft entscheiden, dann wird ein Nachlasspfleger als gesetzlicher Vertreter für die unbekannten Erben bestellt. Dieser kann dann alle Vermögenswerte ausfindig machen und du kannst ihm gegenüber deine Forderung geltend machen. Die Kosten für die Pflegschaft werden dem Nachlass entnommen bzw. aus der Staatskasse gezahlt. Sollte es sich ergeben, dass im Nachlass Gelder vorhanden sind, ist der Nachlasspfleger an eine gewisse Rangfolge bei der Tilgung der Forderungen "gebunden" (Gerichtskosten und Vergütung des Nachlasspflegers, Bestattungskosten, ggf. Verbindlichkeiten aus dinglichen Rechten und die Gläubiger stehen dann hinten an). Ein Antrag auf Nachlasspflegschaft kann ein guter Weg sein, solltest du aber auf alle Fälle gut überlegen ... also hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit.
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Jaku
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#7

27.09.2022, 09:54

Achso, vergessen ... Das Nachlassgericht kann den eingesetzten Nachlasspfleger mit der Erbenermittlung beauftragen. Sollten dann im Laufe des Verfahrens Erben bekannt werden, die das Erbe dann auch annehmen, hast du dann für deine Forderung neue Ansprechpartner.
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#8

27.09.2022, 10:28

Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort! :thx

Zwei Fragen hätte ich noch:

1.) Kann ich einen Antrag auf Bestellung eines Nachlasspflegers formfrei beim Nachlassgericht stellen oder gibt es dafür ein Formblatt?

2.) Warum meinst Du, eine Nachlasspflegschaft sollte im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Kosten gut überlegt sein - wenn die Kosten ohnehin aus dem Nachlass beglichen werden? Muss unser Mandant in Vorleistung gehen oder die Kosten tragen, wenn der Nachlass - wider Erwarten - doch die Kosten nicht decken kann? Und wenn ja, wie hoch wären die Kosten einer Nachlasspflegschaft? Die Forderung unseres Mandanten liegen bei ca. 1.000,- EUR.

Liebe Grüße!
Jaku
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#9

28.09.2022, 11:48

Gern.

1.) Den Antrag kannst du formlos stellen. Wichtig ist die Nennung der gesetzlichen Norm und eine kurze Glaubhaftmachung der Ansprüche (und der ggf. bekannten Vermögensgegenstände).

2.) ;'-) ... ich sehe das wahrscheinlich ehr aus der Sicht des Nachlasspflegers. Die Gerichtskosten für eine Nachlasspflegschaft betragen i.d.R. ca. 200,00 €. Die Vergütung eines Nachlasspflegers kann stark variieren, da diese nach Stunden und Qualifikation berechnet wird und ebenso noch der Umfang des Nachlasses eine Rolle spielt. Euer Mandant muss zu keiner Zeit in Vorleistung gehen oder zu einen späteren Zeitpunkt etwas bezahlen. Was ich meinte ist, dass wenn der Nachlass dürftig oder gar überschuldet ist (also dies das Ermittlungsergebnis des Nachlasspflegers ist) ... bleibt die Staatskasse auf den Kosten sitzen und zu den ohnehin schon bestehenden Verbindlichkeiten des Nachlasses kommen in diesem Fall dann noch weitere Verbindlichkeiten hinzu.
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#10

28.09.2022, 14:26

Tausend Dank, das hat mir sehr weiter geholfen! :wink2 :dankeschoen

Liebe Grüße!
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