Falschbezeichnung in Zustellung durch GV

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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Anahid
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#1

15.06.2022, 15:17

Hallo Ihr Lieben,

ich hab folgendes Problem und ich find dazu rein gar nichts an Rechtsprechung. Vielleicht hat jemand von Euch so einen Fall schon einmal gehabt und da irgendwas parat:

Ich habe eine Sicherungspfändung gemacht, also einen Pfändungsbeschluss beantragt (ohne Überweisung) und später dann, nachdem Rechtskraft eingetreten war, einen Überweisungsbeschluss beantragt. Der Gerichtsvollzieher hat in beide Zustellungsurkunden reingeschrieben "Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ....".

Ich habe folgendes Problem:

Drittschuldner hat sich nicht gerührt und daraufhin hab ich Drittschuldnerklage eingereicht. Jetzt kommt die Gegenseite um die Ecke und behauptet, die Zustellungen wären nicht wirksam, da der Gerichtsvollzieher die zugestellten Schriftstücke falsch bezeichnet hat. Ich bin zwar der Meinung dass das unschädlich ist, da eine Verwechslungsgefahr nicht besteht, finde aber rein gar nichts dazu. Zum falschen Namen...ja.....aber nicht zur unrichtigen Bezeichnung des zugestellten Schriftstücks. Hatte vielleicht schon einmal jemand so einen Fall?

Frage an die Gerichtsvollzieher hier:

Wenn an den Schuldner zugestellt wird, erhält dieser dann überhaupt eine Zustellungs"urkunde" oder ggf. nur einen Umschlag mit dem Datum der Zustellung drauf?
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Anahid
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#2

15.06.2022, 15:23

Die unrichtige Bezeichnung kann die Gegenseite ohne Weiteres den Anlagen zur Drittschuldnerklage entnommen haben. Daher fragt sich, ob der Drittschuldner selbst überhaupt eine Urkunde mit der Bezeichnung des Schriftstücks durch den Gerichtsvollzieher erhält oder dieser nur das zuzustellende Schriftstück übergibt / in den Briefkasten einlegt.
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#3

15.06.2022, 16:13

Hallo Anahid,
ich hatte so einen Fall noch nicht, schicke Dir aber mal folgende Überlegungen, die evtl. weiterhelfen:
Nach § 121 Abs. GVGA ist die Pfändung mit Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen. § 182 Abs. 2 ZPO regelt, was in der Zustellungsurkunde enthalten sein muss. Dort steht nichts von der Bezeichnung des Schriftstückes. Wenn der GVZ die Zustellung durch die Post vornehmen lässt, beschränkt sich die Zustellungsurkunde auf den gelben Umschlag und dort beschränken sich die Angaben auf die des § 182 Abs. 2 ZPO. Bei der persönlichen Zustellung - wie hier - wegen der Aufforderung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung steht allerdings oben in der Zustellungsurkunde des GVZ, dass die beglaubigte Abschrift des Pfändungs- u. Überweisungsbeschlusses und eine beglaubigte Abschrift dieser Zustellungsurkunde zugestellt wurde, d. h. der Drittschuldner hat also tatsächlich eine Abschrift der Zustellungsurkunde erhalten, die Du in deiner Akte hast. Der Schuldner dürfte aber nur den gelben Umschlag ohne Bezeichnung des Schriftstückes erhalten haben, da eine persönliche Zustellung durch den GVZ nicht erforderlich ist.

Gläubiger, Schuldner, Drittschuldner und die Art der Forderung sind im Pfändungsbeschluss korrekt angegeben worden. Moniert wird lediglich die falsche Bezeichnung des Schriftstückes in der Zustellungsurkunde selbst, allerdings wäre die Drittschuldnerin sowohl bei Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses als auch bei Zustellung eines Pfändungsbeschlusses zur Abgabe der Drittschuldnererklärung innerhalb der 2-Wochen-Frist verpflichtet. Schweigt der Drittschuldner, muss der Gläubiger davon ausgehen, dass die Forderung besteht.
Nur noch zur Klarstellung: Beschwert sich jetzt der Schuldner oder der Drittschuldner? Meiner Meinung könnte sich hier - wenn überhaupt - nur der Drittschuldner auf die Falschbezeichnung berufen (ob das Argument überhaupt greift, steht auf einem anderen Blatt, da ja nicht behauptet wird, überhaupt nichts erhalten zu haben). Die Frage ist auch, ob sich der Gläubiger die Falschbezeichnung durch den GVZ, so sie denn überhaupt Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Zustellung hätte, zurechnen lassen muss.
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#4

20.06.2022, 10:26

Der Drittschuldner beruft sich auf die Falschbezeichnung und vertritt die Auffassung, dass er keine Erklärung abgeben musste, da die Zustellung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei (Falschbezeichnung des zuzustellenden Schriftstücks). Wir haben, da der Drittschuldner sich trotz Aufforderung nicht gemeldet hat, Drittschuldnerklage eingereicht (wie oben bereits geschrieben).
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#5

20.06.2022, 10:40

Und vielen Dank für Deine Überlegungen Pitt. :-)

Also: Wenn ich das richtig sehe, hat der Drittschuldner überhaupt keine "Zustellungsurkunde", sondern lediglich einen mit dem Zustellungsdatum versehenen Umschlag mit dem zuzustellenden Schriftstück (hier: Pfändungsbeschluss) erhalten zusammen mit der Aufforderung, die Drittschuldnererklärung abzugeben.

Von daher verstehe ich Deinen Ansatz nicht, dass sich der Drittschuldner auf eine fehlerhafte Zustellung berufen könnte, nicht. Wenn überhaupt, dann könnte doch der Schuldner hier argumentieren. Denn § 121 Abs. 3 GVGA sagt doch aus: Nach der Zustellung an den Drittschuldner stellt der Gerichtsvollzieher den Pfändungsbeschluss mit einer beglaubigten Abschrift der Urkunde über die Zustellung an den Drittschuldner – im Fall der Zustellung durch die Post mit einer beglaubigten Abschrift der Postzustellungsurkunde – auch ohne besonderen Auftrag sofort dem Schuldner zu. Also hat doch der Schuldner und nicht der Drittschuldner eine beglaubigte Abschrift der Zustellungsurkunde erhalten.

Und damit fällt meiner Meinung nach das Argument für eine Falschzustellung seitens des Drittschuldners weg. :kopfkratz
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#6

20.06.2022, 12:00

Ich hatte hier in einer meiner letzten ZV-Akten nachgesehen und kenne es auch nur so:
Wenn die Drittschuldnerauskunft nach § 840 ZPO angefordert wird, muss eine persönliche Zustellung durch den GVZ erfolgen. In der bei der persönlichen Zustellung vom GVZ erteilten Zustellungsurkunde steht oben drin, dass der Drittschuldner auch eine beglaubigte Abschrift der Zustellungsurkunde selbst enthält, in der dann wiederum das zugestellte Schriftstück näher bezeichnet ist. Hier also als Pfändungs- und Überweisungsbeschluss statt Pfändungsbeschluss. Der Schuldner bekommt den PfÜB erst nach dem Drittschuldner zugestellt und das - soweit ich weiß - mit einfacher Postzustellungsurkunde (gelber Umschlag), also ohne gesonderter Zustellungsurkunde, in der das zugestellte Schriftstück noch mal bezeichnet wird.
Ich bin der Meinung, dass insbesondere, wenn der Drittschuldner einwenden sollte, dass er einen Pfändungsbeschluss und keinen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erhalten hat, die Zwei-Wochen-Frist des § 840 ZPO unverändert zu laufen beginnt, da § 121 Abs. 2 GVGA ausdrücklich auf einen Pfändungsbeschluss abstellt. Der BGH hat in dem verlinkten Urteil (S. 7 unten, S. 8 oben) davon gesprochen, die förmlichen Zustellungsvorschriften nicht zum Selbstzweck erstarren zu lassen, sondern die Zustellung auch dann als bewirkt anzusehen, wenn der Zustellungszweck anderweitig, nämlich durch tatsächlichen Zugang, erreicht wird.

https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi- ... os=0&anz=1

Vielleicht gibt es ja noch einen Gerichtsvollzieher, der zu dem Thema antworten möchte.
Dr. House
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#7

20.06.2022, 16:51

Alle Zustellungsempfänger und der Gläubiger erhalten den Beschluss mit der ausgefüllten 840er-Zustellungsurkunde
Da die jeweilige ZU fest mit dem Beschluss verbunden und gesiegelt werden, kann der Drittsch. wie auch der Sch. ersehen, was zugestellt wurde.
Offensichtlich hat der Gerichtsvollzieher nur vergessen auf der jeweiligen ZU die Bezeichnung händisch durch Streichung zu berichtigen. Meine Software bot nur die Möglichkeit "Pfändungs-und Überweisungsbeschluss" an und nicht die Möglichkeit "Pfändungsbeschluss", oder "Überweisungsbeschluss".
In meinen Augen handelt es sich daher nur um einen Formfehler. Der Inhalt des Beschlusses ist selbsterklärende. Die Entscheidung des BGH's hilft hier bestimmt weiter.
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#8

21.06.2022, 13:18

Vielen Dank Dr. House. Das hilft mir schon einmal ein bisschen weiter. :-)
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#9

21.06.2022, 18:35

Anahid hat geschrieben:
15.06.2022, 15:17
Jetzt kommt die Gegenseite um die Ecke und behauptet, die Zustellungen wären nicht wirksam, da der Gerichtsvollzieher die zugestellten Schriftstücke falsch bezeichnet hat.
Das halte ich für hanebüchenen Unsinn.

Für die Wirksamkeit der Zustellung kommt darauf an welches Schriftstück der Gerichtsvollzieher tatsächlich zugestellt hat und nicht wie er es in der Zustellungsurkunden nennt.
Letzteres ist nur für Beweiszwecke von Bedeutung. Was zugestellt wurde dürfte aber unzweifelhaft sein, da die Zustellurkunde ja mit dem Beschluss verbunden worden sein wird.
Der Schreibfehler ist zudem auch offensichtlich, sodass man nicht sagen kann, dass versehentlich mit dem falschen Schriftstück verbunden wurde oder so.
Wenn man überhaupt einen Zustellungsmangel annehmen will (was ich nicht tun würde) wäre dieser zudem nach §189 ZPO geheilt.
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