vorl. Vollstreckbarkeit Urteilsverkündung

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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AndreaMP612
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#1

22.03.2022, 12:29

Guten Tag liebe Kolleg:Innen,

bei meiner Suche bin ich leider nicht fündig geworden... :kopfkratz Chef hat mich gebeten, das mal zu recherchieren :augenreib

Wir hatten letzte Woche einen Gerichtstermin mit Entscheidung am Ende der Sitzung. Heute haben wir das Protokoll erhalten - inhaltlich steht drin, dass am Ende der Sitzung ein Urteil verkündet wurde mit dem Tenor "Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger folgende Wertpapiere zu übertragen [...]. Die Kosten des Rechtsstreit trägt der Beklagte. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 57.000 EUR vorläufig vollstreckbar."

Jetzt kommt unser Problem: Chef meint, wir könnten hieraus schon vorläufig vollstrecken. Er möchte das so schnell wie möglich - klar weil er Angst hat, dass der Beklagte die Wertpapiere vorher verscherbelt.

Das Ding ist jetzt nur: Ich habe zum einen von vorläufiger Vollstreckung - auch noch gegen Sicherheitsleistung - überhaupt keine Ahnung. :oops: Dann weiß ich nicht, ob ich diesen Tenor aus dem Protokoll vollstrecken kann - das Urteil als solches liegt mir noch nicht vor. Und dann Vollstreckung "Wertpapiere zu übertragen"

Ich hoffe, dass mir da irgendjemand ein bisschen helfen kann :panik

Bereits an dieser Stelle vielen lieben Dank
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#2

22.03.2022, 12:44

Ja, du kannst pfänden, aber nicht verwerten. Nennt sich Sicherungspfändung. Heißt, du musst die Herausgabe der Papiere pfänden - würde ich vermuten. Gemacht hab ich das speziell auch noch nicht.
Mit mir kann man Pferde stehlen ... aber morgen bringen wir sie zurück :!:
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#3

22.03.2022, 14:05

Herausgabe der Papiere pfänden... mache ich das mit nem PfÜB? Anspruch D (an Banken und dann Seite 5 Punkt 4) oder ist das Anspruch G? Und was ist, wenn das verschiedene Wertpapiere sind - auch noch fünf verschiedene mit je etwa 100 bis 200 Stück? Und es handelt sich teilweise um Namens- und teilweise um Inhaberaktien... Ich weiß dann nichtmal wer dann Drittschuldner ist...
Sorry, aber ich habe überhaupt keinen Plan :panik
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#4

23.03.2022, 08:09

Eine Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO ist hier meiner Meinung nach nicht möglich, da es sich bei dem titulierten Anspruch nicht um eine reine Geldzahlung handelt, sondern um die Herausgabe und Übertragung von Aktien, für die zudem bei den Namensaktien vor der Verwertung noch die Umschreibung auf den Gläubiger erforderlich ist, § 822 ZPO. Ich fürchte daher, dass der Gläubiger in diesem Fall zunächst Sicherheit leisten muss, wenn er bereits vor Rechtskraft auf die Wertpapiere zugreifen will.
Bei der Zwangsvollstreckung von Aktien kommt es zunächst darauf an, wo sich die Aktien befinden. Sind sie in einem Wertpapierdepot, dann erfolgt die Zwangsvollstreckung per PfÜB, Drittschuldner ist die Bank. Die Verwertung erfolgt durch den GVZ nach § 821 ZPO. Sind die Aktien beim Schuldner oder in einem Bankschließfach, erfolgt die Pfändung durch den GVZ durch Herausgabevollstreckung nach §§ 808, 821 ZPO. Der GVZ muss sich also Zutritt zur Wohnung oder zum Bankschließfach des Schuldners verschaffen, wenn der Schuldner die Aktien nicht freiwillig herausgibt, diese an sich nehmen und dann anschließend verwerten. Er kann aber auch davon absehen, die Wertpapiere an sich zu nehmen, wenn nicht zu befürchten ist, dass der Schuldner diese in der Zwischenzeit selbst verwertet.
In jedem Fall würde ich den Mandanten bei einer Zwangsvollstreckung vor Rechtskraft vorsorglich auf mögliche Schadensersatzansprüche hinweisen, falls im Rahmen einer Berufung das Urteil abgeändert/einkassiert wird.

Eventuell meldet sich zu diesem Thread ja auch noch einer der Gerichtsvollzieher zu Wort.
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