Vertretbare oder nicht vertretbare Handlung?!

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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A13
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#1

27.01.2021, 16:06

Hallo ihr Lieben,

ich bin schon wieder am durchdrehen. Wir haben eine vollstreckbare Ausfertigung eines Versäumnisurteils. Der zu vollstreckende Tenor lautet:

"Die Beklagte wird verurteilt, einen Nachweis der Einhaltung der Energieeinsparverordnung einschließlich eines Energieausweises betreffend das Objekt XYZ zu erstellen und an die Kläger herauszugeben, der insbesondere bezüglich des Aufbaus der Wärmedämmung des Fußbodens folgenden Inhalt hat: ... ."

Mir stellt sich nun die Frage, ob hier eine vertretbare oder unvertretbare Handlung vorliegt.

Grundsätzlich gilt ja, eine Handlung, deren Vornahme auch durch einen Dritten erfolgen kann, ist ein vertretbare Handlung (§ 887 ZPO). Eine nicht vertretbare Handlung ist demzufolge, die Vornahme einer Handlung, die nur durch den Schuldner erfolgen kann ( § 888 ZPO).

Ich habe nun unterschiedliche Auffassungen finden können und bin derart verwirrt, dass ich Eure Hilfe benötige.

OLG Koblenz sagt: Eine höchstpersönliche Handlung liegt dann vor, wenn der Schuldner zur eigenen Unterschriftsleistung aufgefordert wird. Es liegt dann eine nicht vertretbare Handlung vor.

In unserem Fall, gibt nicht selbst der Schuldner die Erklärung ab, sondern ein Ingenieurbüro, dass den Nachweis erbringen soll. Der Schuldner soll diesen dann an uns herausgeben.

Laut Zöller habe ich nun auch noch eine weitere Möglichkeit gefunden.

Soll der Schuldner eine herzustellende oder zu beschaffende Sache herausgeben, so ist bei

1. bei unvertretbaren Sachen § 883 ZPO und
2. bei vertretbaren Sachen § 884 ZPO anzuwenden.

Jetzt ist die Frage, ob die Herstellung der Nachweise eine vertretbare Sache ist. Es erstellt die Nachweise der Schuldner ja nicht selbst, sondern ein Ingenieurbüro.

Demnach würde ich schon fast sagen, dass es sich in meinem Fall um eine vertretbare Handlung handelt.

Wie seht ihr das? Bin ich auf dem Holzweg?
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Geiselmann
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#2

27.01.2021, 18:22

vertretbare Handlung, die auch von einem Dritten erbracht werden kann.

S. Geiselmann
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#3

11.05.2021, 14:24

Vielen Dank Herr Geiselmann :D

Ich habe nach Ihrer Rückmeldung sodann einen Antrag auf Ermächtigung des Gläubigers zur Ersatzvornahme einer vertretbaren Handlung und zur Zahlung eines Vorschusses gemäß § 887 ZPO gestellt.

Nun erreicht mich ein Schreiben des Gerichts, zu dem ich binnen zwei Wochen Stellung nehmen soll. Beigefügt ist die nun richtig erteilte Energiebedarfsberechnung der Schuldnerin. Die Schuldnerin kam somit nun dem titulierten Anspruch nach. Ich möchte nun aber die Kosten der Zwangsvollstreckungshandlung nach § 887 ZPO erstattet verlangen.

Neben dem Ermächtungsantrag habe ich noch die Verurteilung der Schuldnerin beantragt, einen Kostenvorschuss für die Ersatzvornahme zu leisten und die Kosten des Verfahrens (§887 ZPO) der Schuldnerin aufzuerlegen.

In der Literatur finde ich bisher nichts Eindeutiges zu § 887 ZPO. Gemäß Vollkommer wird folgendes ausgeführt:

Das Gericht prüft, ob der Schuldner die titulierte Handlungspflicht erfüllt hat. Den entsprechenden Einwand kann der Schuldner in seiner Anhöhrung nach § 891 Satz 2 ZPO geltend machen. Ob er dies getan hat, weiß ich nicht, da uns nur zur Kenntnis- und Stellungnahme der Energiebedarfsausweis übermittelt wurde. Er führt aber nicht aus, was nach der Erfüllung des Schuldners im Anhörungsverfahren geschieht.

Weiter heißt es dann unter b) Erledigung der Hauptsache:

Wird der Anspruch nach Stellung eines Antrages nach § 888 ZPO erfüllt, so erledigt dies die Hauptsache des Zwangsmittelverfahrens, der Gläubiger muss das Verfahren für erledigt erklären. Es geht dann nur noch um die Frage, wer die Kosten zu tragen hat. Also ob der Antrag Erfolg gehabt hätte. Dies wäre hier zu bejahen, sofern man denn diese Ausführungen auch auf § 887 ZPO auslegen kann.

Wie sind denn nun die richtigen Schritte in meinem Fall?

Mein Vorschlag:
Erledigungserklärung ans Gericht, da Schuldnerin erfüllt hat und erklären, dass die Kosten des Verfahrens der Schuldnerin aufzuerlegen sind? Dann ergeht eine Kostengrundentscheidung und ich kann die Kosten gemäß § 788 ZPO festsetzen lassen?

Lieben Dank für eure Rückmeldungen im Voraus :D
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