Verrechnung der Forderungen

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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Jokull1908
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#1

11.02.2020, 14:07

Hallo ihr Lieben!

Ich bin kurz vorm verzweifeln... Zu erst teil ich kurz mit, dass ich mit a-jur arbeite..

Jetzt zur Sache:
Unser Mandant bat uns, eine Forderung gegenüber einem seiner Kunden geltend zu machen bzw. die ZV einzuleiten. VB wurde von denen bereits beantragt. Jetzt ist es so, dass es denen nicht schnell genug geht mit der ZV und die die Akte zurück haben wollte. Wir hatten es zwar erklärt, dass es momentan leider nichts zu machen gibt aber wenn die das so wollen...
Nach dem die unsere Handakte hatten wollten die eine genaue Forderungsaufstellung von uns haben, aus der ersichtlich wird, wie die Zinsen berechnet wurden. A-jur kann dazu eine sogenannte "Erbsenzählung" erstellen, die auch sehr übersichtlich und gut zu verstehen ist. Allerdings nennt a-jur dieses Dokument dann auch Erbsenzählung und ich hab das an die Mandanten per Mail geschickt und dann einen Anruf erhalten das ich unverschämt und beleidigend sei, weil ich denen eine "Erbsenzählung" schicke. Auch als ich erklärt habe, dass das Programm dieses Dokument automatisch so nennt, wurde es nicht besser. Also könnt ihr euch etwas vorstellen, wie anstrengend die sind. :patsch

Jetzt geht es darum, dass der Schuldner einmal zu Anfang einen Betrag von 110,50 € gezahlt hat. Das ist genau die Höhe der Kosten. Allerdings sind auf die Kosten bis dahin schon 4,73 € Zinsen angefallen. Wenn a-jur das jetzt nach §376 BGB anrechnet, wird es erst auf die Kostenzinsen und dann auf die Kosten angerechnet. Heißt, Zinsen 0 € und Kosten bleibt ein Betrag von 4,73 € stehen. Es ist klar, dass auf diesen Kostenbetrag weitere Zinsen laufen. :kopfkratz

Jetzt schrieb mir die Mandantin, dass ich die Zinsen verzinst hätte weil man erst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und dann auf die Hauptforderung anrechnet. Ist ja im Prinzip auch richtig, aber kommen nicht die KOSTENZINSEN vor den Kosten? Heißt Kostenzinsen, dann Kosten, dann Zinsen der Hauptforderung und dann Hauptforderung? ich meine so rechnet das a-jur auch und das wird ja wohl keine Fehlfunktion sein. Und ich muss dazu sagen ich kenne das auch nur so.

Wie ich aber oben geschrieben habe, sind die mehr als anstrengend. Ich hab schon im BGB Kommentar geguckt um meine Aussage das die Kostenzinsen vor den Kosten kommen zu belegen. Finde aber leider nichts. Wie genau würdet ihr das begründen? :nachdenk

Vielen Dank und viele Grüße aus NRW :thx
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Anahid
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#2

12.02.2020, 09:19

Die Verrechnungsbestimmung lautet Zinsen, Kosten, Hauptforderung. Von "Kostenzinsen" ist da nicht die Rede. Ich wüsste auch nicht, warum man erst auf Kostenzinsen, dann auf Kosten und dann auf Zinsen Hauptforderung buchen sollte. Ist m.E. falsch. Zinsen sind Zinsen. Also werden von mir aus erst die Zinsen der Kosten mit der Zahlung weggerechnet und danach Hauptforderungszinsen. Erst wenn alle Zinsen gezahlt sind, wird auf Kosten und dann auf Hauptforderung gerechnet.

Ich kenne Dein Programm nicht; aber mal ehrlich: dass ein Programm eine Forderungsberechnung "Erbsenzählung" nennt, halte ich schon für ein starkes Stück; vor allem wenn diese Berechnung ja an Dritte (wie hier die Mandanten) weiterzugeben ist.

Unabhängig davon würde ich mir die ganze Arbeit gar nicht machen. Wenn der Mandant das Mandat kündigt und die Unterlagen rausfordert, dann soll der sich auch seine Forderung berechnen; das gehört nicht zu meinen Aufgaben - nur mal so am Rande. ;)
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#3

12.02.2020, 09:29

Anahid hat geschrieben:
12.02.2020, 09:19
Unabhängig davon würde ich mir die ganze Arbeit gar nicht machen. Wenn der Mandant das Mandat kündigt und die Unterlagen rausfordert, dann soll der sich auch seine Forderung berechnen; das gehört nicht zu meinen Aufgaben - nur mal so am Rande.
Nur mal so vorweg: Das sehe ich auch so. ;)

Zum Thema:
Mein Programm unterteilt auch in Kosten und HF. Und selbstverständlich werden die Zinsen für HF und Kosten je gesondert ausgewiesen. Und wenn dann was gezahlt wird, verrechnet das Programm auch auf Zinsen, Kosten, Zinsen HF und dann HF. Find ich vollkommen in Ordnung so. Bei etwaigen Ratenzahlungsvereinbarungen weise ich auch gesondert darauf hin. Bisher (seit 2007) hat das auch noch niemand moniert - nicht mal die Gerichte, die ja gern mal an Forderungsaufstellungen (so nennt mein Programm das) mosern.
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#4

12.02.2020, 11:15

Also meiner Meinung nach sagt § 367 BGB "zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptforderung".

Also erst einmal müssen alle Kosten erledigt werden, was dann automatisch die verzinslichen Kosten einbezieht und somit die Kostenzinsen auch nicht höher als nötig ausfallen lässt.
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Anahid
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#5

12.02.2020, 12:53

Hast Du absolut Recht. :oops:

Aber ich denke, dann hilft Dir der Beitrag.
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#6

12.02.2020, 13:30

Danke, Ana. Dann mach ich es doch aber richtig (bzw. mein Programm). :lol:
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#7

12.02.2020, 14:12

Ja, aber Jokull will ja irgendwas für die Mandanten haben. Zitate schinden da immer Eindruck. :mrgreen:
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#8

13.02.2020, 15:55

BGB § 367 Abs. 1
Das Vollstreckungsgericht ist im Rahmen des streng formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahrens nicht befugt, eine vom Gläubiger vorgenommene Verrechnung an ihn geleisteter Zahlungen auf ihre Richtigkeit gemäß § 367 Abs. 1 BGB hin zu überprüfen.
- BGH, Beschluss vom 15. Juni 2016, VII ZB 58/15 -

S. Geiselmann
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#9

18.02.2020, 16:58

Vielen lieben Dank für die viele Rückmeldungen. :)

Zunächst werde ich eine "Beschwerde/ Anmerkung" an ajur schreiben.. Wie gesagt das Programm nennt dieses Dokument auch automatisch in der E-Mail so und ich habe mir da auch nicht so viel dabei gedacht, zumal ich den Mandanten auch erklärt habe, was in dem Fall eine Erbsenzahlung ist. Bin wirklich froh, dass wir die los sind.

Ich habe das jetzt genau wie ihr es sagtet erklärt und seit dem kommt auch nichts mehr :D
Also nochmal vielen Dank!!!
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