Pfüb P-Konto – Pfändungsfreibetrag – sofortige Beschwerde

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PostGretel
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#1

06.08.2018, 15:42

Hallo zusammen,

der RENOpraxis-Artikel über "Die Lohnpfändung – Teil 4: Erweiterte Vollstreckung gemäß § 850f Abs. 2 ZPO" (2014) hat mir den einen oder anderen Tipp gegeben, den ich auch schon anwendete. Jetzt stehe ich allerdings auf dem Schlauch, da ich so einen Fall nach mehr als 30 Jahren ZV noch nie hatte. Ich muss dazu ein wenig ausholen, weil der Schuldner renitent ist, und daher die ZV nicht glatt verlief.

Der Schuldner hat etliche Gläubiger bei Internetverkäufen geprellt. Um sich zu verstecken, zieht er oft um. Ich habe einen VB sowie ein Feststellungsurteil wegen vbuH. Als mir das alles vorlag, hatte ich 2016 zwei Konten gepfändet. Auf Seite 1 des Pfüb-Formulars hatte ich ferner den Antrag gestellt "Beschränkung des unpfändbaren Betrages auf den Sozialhilfesatz (ca. 921 €) (850k IV i. V. m. 850f I ZPO)". Die Höhe des Betrages hatte ich vorher mit der zuständigen Rechtspflegerin abgestimmt. Dabei waren wir davon ausgegangen, dass er einer Arbeitstätigkeit nachgeht. Die Rechtspflegerin setzte im Pfüb dann folgende Beträge bei ihrer Berechnung an:

Regelsatz (Pfüb 2016) 399,00 €
Mehraufwand für Beschäftigte 117,30 €
Arbeitsbedingte Aufwendungen 78,20 €
Kaltmiete (Kreisstadt in NRW) 261,00 €
Heizkosten 65,25 €
zusammen 920,75 €

Der Pfüb wurde dem Schuldner zugestellt. Das eine Konto bestand dann nicht mehr, das andere war ein P-Konto. Daraufhin hatte ich den GV mit der Abnahme der Vermögensauskunft beauftragt. Die Ladung konnte nicht zugestellt werden, obwohl der GV sogar persönlich bei der EMA wegen einer neuen Adresse vorstellig war und auch Nachbarn befragt hatte. Eine Drittauskunft beim Träger der gesetzlichen Rentenversicherung ergab dann eine neue Adresse, und zwar in Niedersachsen.

Dann hatte sich die Angelegenheit leider um ein Dreivierteljahr verzögert, den Grund weiß ich nicht mehr genau. Ich hatte dann eine neue Bonitätsauskunft eingeholt, in der das letzte Negativmerkmal bereits zwei Jahre alt war. Die mir aus der DA bekannte "aktuelle" Adresse stand dort nicht drin, auch keine andere neuere. Ich beauftragte dann erneut einen GV mit der Abnahme der VAK. Auch der konnte die Ladung nicht zustellen. Weder eine EMA von mir noch eine DA durch den GV ergab eine neue Anschrift.

Durch eine DA bei dem Bundeszentralamt für Steuern erfuhr ich aber viele Bankverbindungen. Hinsichtlich der drei jüngsten beantragte ich einen Pfüb. Jedoch vergaß ich darin den Zusatz hinsichtlich der Beschränkung des unpfändbaren Betrages. Das fiel mir erst später auf, als ich alle Drittauskünfte hatte, von denen eine auch ein P-Konto angab. Der Pfüb konnte dem Schuldner nicht zugestellt werden, da ich ja keine neue Adresse hatte.

Ich hatte dann beantragt, den erlassenen Pfüb dahin gehend zu ergänzen, dass der Pfändungsfreibetrag auf 832,00 € festgesetzt wird. Als Grundlage dafür hatte ich einen anderen Artikel genommen, in welchem zur Berechnung von dem doppelte Regelsatz nach § 28 SGB XII ausgegangen wurde, wenn weder Kaltmiete noch Heizkosten bekannt sind. Der beträgt derzeit 416,00 €.

Der entsprechende Beschluss konnte dem Schuldner erst nicht zugestellt werden, weshalb mich das Gericht nach einer neuen Anschrift fragte. Bei Durchsicht der Akte fiel mir auf, dass einer der Drittschuldner mir die jetzt aktuelle Anschrift angegeben hatte, die ich dann auch dem Gericht mitteilte. Unter der konnte der Beschluss auch zugestellt werden.

Der Schuldner hatte dann durch eine RAin sofortige Beschwerde eingelegt. Sie beantragte zum einen "den Beschluss ... kostenpflichtig aufzuheben". Sie gab an, dass der Schuldner außer dem Regelsatz von 416,00 € einen Zuschuss für Unterkunftskosten und Heizkosten von 536,50 € erhalten würde. Am Schluss schrieb sie: "Damit ist der Beschluss vom ... rechtswidrig."

Als Anlage beigefügt wurde der Beschluss des Jobcenters für 2018, allerdings nicht alle 32 Seiten davon. Nachdem ich den Berechnungsbogen für einen Zeitraum durchgelesen hatte, machten mich etwas stutzig.

Unter Ermittlung des Bedarfs stehen diese Beträge:
Grundmiete 369,50 €
Nebenkosten 96,00 €
Heizkosten 71,00 €
zusammen 536,50 €

Diese Beträge – und zwar angegeben jeweils als Anteil - zuzüglich dem Regelbedarf nach § 20 SGB II stehen auch unter Bedarfsfestsetzung i. S. d. § 19 ff. SGB II. Über andere Einkünfte verfügt der Schuldner nicht. Aber dazwischen steht der Satz "Die Summe der festgestellten Bedarfe für die Bedarfsgemeinschaft beträgt insgesamt 952,50 €."

Der Pfüb wurde dann mit einem neuen Beschluss auf diesen Betrag statt auf nur 832,00 € geändert.

Von solchen Berechnungen habe ich mehr oder minder keine Ahnung, hatte mich deswegen nur ein wenig schlau gemacht. Zum einen fiel mir aber jetzt auf, dass ihm bei einer Bedarfsgemeinschaft eigentlich statt 416,00 € nur 374,00 € zustehen dürften. Außerdem stehen die Mietkosten einmal als (nicht genauer kenntlich gemachte) Gesamtmiete, und einmal als Mietanteil.

Meine erste Frage:
Ich habe dann überlegt, ob ich ebenfalls sofortige Beschwerde wegen dieser für mich merkwürdigen Beträge einlegen sollte. Derzeit tendiere ich aber eher nicht dazu. Selbst wenn das Jobcenter bemerken sollte, dass die Beträge ihm nicht zustehen, würde es mir nichts bringen, wenn für mich die unpfändbaren Beträge wieder reduziert würden. Oder gäbe es für mich doch einen Grund, sofortige Beschwerde einzulegen? Fristablauf ist der 13.08.18.

Vom Gericht bekam ich erst nur den geänderten Beschluss zugestellt, nicht aber die sofortige Beschwerde der Gegenseite samt Anlage. Dies hatte ich dann per Fax erhalten, wobei ich eine handschriftliche Notiz der Rechtspflegerin neben dem Antrag der Gegenseite hinsichtlich Kosten sah. Dem Sinn nach steht dort, "nein, keine Kosten; Gläubiger hat zu Recht ... (beantragt?); Schuldner hätte Bescheid direkt vorlegen können".

Dabei gingen bei mir noch mehr Fragen durch den Kopf, die ich Euch hiermit stelle:

• Wann hätte der Schuldner Gelegenheit gehabt, den Bescheid des Jobcenters wem auch immer (ist aus der Handschrift nicht klar) vorlegen können? Denn ich habe keine VAK von ihm vorliegen. Und der 2018er-Pfüb selbst konnte ihm ja nicht zugestellt werden.
• Eine Kostenentscheidung ist im Beschluss nicht zu sehen. Da ich nie eine sofortige Beschwerde in der ZV hatte, habe ich keine Ahnung hierzu. Falls die Rechtspflegerin Unrecht hat, können dann die RA-Kosten vom Schuldner meinem Gläubiger auferlegt werden?
• Und wenn ja: Wie hoch können die Kosten sein? Ich habe hierzu im Internet nichts Gescheites gefunden. Eine 0,5 nach Nr. 3500 RVG nach einem Streitwert von höchstens demjenigen der Gläubigerforderung?

Konfuse Grüße von PostGretel
ReFa seit 1987 :omi
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