ZV eines Arbeitszeugnisses

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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Frau Geheimrat
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#1

04.12.2017, 08:23

Guten Morgen,

ich bereite gerade eine Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO vor. In einem arbeitsgerichtlichen Vergleich wurde beschlossen, dass "...der Klägerin ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis, das sich auf Führung und Leistung erstreckt, erteilt und herausgegeben wird. Die Klägerin ist berechtigt, einen Zeugnisentwurf zu erstellen, von dem die Beklagte nur aus wichtigem Grund abweichen kann."

Diesen Entwurf haben wir Anfang Oktober erstellt und der Gegenseite zugestellt. Mittlerweile habe ich die vollstr. Ausf. des Vergleichs per Einschreiben Rückschein dem gegnerischen RA zugestellt.

Jetzt kam ein völlig unzureichendes Zeugnis mit negativer Bewertung, männlicher Anrede der Klägerin und ein falsches Datum. :evil:

1. Kann ich dennoch den Antrag nach § 888 ZPO beim zuständigen Arbeitsgericht stellen?
2. Reicht als Zustellungsnachweis der Rückschein der RA-Kanzlei?
Der liebe Herr Rechtsanwalt hat das EB natürlich eine Woche nachdem er das Schreiben und wir den Rückschein erhalten haben, datiert. :roll:

Vielen Dank für Eure Antworten!
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paralegal6
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#2

04.12.2017, 08:47

Den Rückschein datiert eigentlich der Postbote oder meinst du ein EB? Ist eigentlich egal was drauf steht, Hauptsache der Zugang ist bestätigt
Ich würde ZV nach 888 machen, ist ja kein wohlwollendes Zeugnis
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icerose
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#3

04.12.2017, 09:38

Ja, du kannst die ZV nach § 888 ZPO betreiben. Das erteilte Zeugnis entspricht nicht annähernd dem, was tituliert ist.
Zustelldatum (und für etwaige Fristen maßgebliches) ist jenes auf dem Rückschein. Wann der RA seine Post zur Kenntnis genommen hat (=Datum auf EB), ist unerheblich.
Mit mir kann man Pferde stehlen ... aber morgen bringen wir sie zurück :!:
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Frau Geheimrat
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#4

04.12.2017, 09:59

Danke!
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jojo
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#5

04.12.2017, 10:00

Nein, ein Zeugnis ist erteilt.

Wohlwollend ist sowieso nicht vollstreckbar, da zu unbestimmt.

Hier ist nun die Zeugniskorrekturklage das Mittel der Wahl
Denn für immer Punk, will ich sein mein Leben lang,
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Der Totenschädel lacht, die schwarzen Fahnen wehen... Viva St. Pauli ! 177
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#6

04.12.2017, 14:00

Quelle http://www.iww.de/aa/archiv/zwangsvolls ... rden-f5047

Der Inhalt eines Zeugnisses und die Richtigkeit der Eintragungen in Arbeitspapiere dürfen im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht geprüft werden. Die Zwangsvollstreckung kann also nur Erfolg haben, wenn das Zeugnis überhaupt nicht erteilt ist oder keinerlei Eintragungen in die Arbeitspapiere vorgenommen worden sind.

Eine Ausnahme wird man allerdings in dem Fall machen müssen, dass die Eintragungen in den Arbeitspapieren oder die Angaben in dem Zeugnis, ohne weiteres erkennbar, unvollständig sind (z.B. decken die Eintragungen nicht die gesamte Dauer der Beschäftigung ab, oder ein zu erteilendes qualifiziertes Zeugnis verhält sich nur zu der Leistung, nicht zu der Führung). Gleiches hat für ein Zeugnis zu gelten, dass bereits den formellen Anforderungen nicht entspricht (LAG Düsseldorf DB 73, 1853; Hess. LAG MDR 98, 544).
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#7

05.12.2017, 13:30

Ernsthaft? Was soll ich denn nun der Klägerin raten? Ist das ernüchternd!
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#8

05.12.2017, 13:58

Bleibt jetzt "sicherheitshalber" nur die Klage auf Berichtigung?
Pitt
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#9

05.12.2017, 14:09

Ich kann Dir zu dem Thema 3 Beschlüsse anbieten: BAG, 14.02.2017, 9 AZB 49/16 - BAG, 09.09.2011, Az. 3 AZB 35/11 - LAG Hamm, 04.08.2016, 12 Ta 475/16
Man müsste hier den genauen Wortlaut des Vergleichs und das Zeugnis checken. Wenn in dem Vergleich lediglich von einem wohlwollenden, qualifizierten Zeugnis die Rede ist und keine konkrete Benotung der Leistung enthalten ist, dann besteht m. E. grundsätzlich erst mal nur ein Anspruch auf ein Arbeitszeugnis mit der Note "befriedigend". Weicht der Arbeitgeber nach unten ab, ist er für die unterdurchschnittliche Leistung des Arbeitnehmers beweispflichtig. Ebenso muss der Arbeitnehmer im Streitfall beweisen, dass er eine überdurchschnittliche, also gute oder sogar sehr gute Leistung an den Tag gelegt hat. Zeugnisentwurf hin oder her, der Arbeitgeber ist verpflichtet, ein wahrheitsgemäßes Zeugnis zu erteilen. Insbesondere der Beschluss vom LAG Hamm aus 2016 könnte Dir evtl. weiterhelfen. Dort hatte der Arbeitgeber ein so extrem gutes Zeugnis erteilt, dass es durch seine Überhöhungen nur ironisch aufgefasst werden konnte.
Der BAG-Beschluss aus 2011 befasst sich u. a. mit dem gesetzlich geschuldeten Inhalt eines Zeugnisses.
likema31
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#10

05.12.2017, 14:21

Schau mal hier: LAG Hessen Beschl. v. 21.10.2014 – 12 Ta 375/14, BeckRS 2015, 70674.

Das Zeugnis muss auch formal passen.
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