PÜ vor Erlass zurücknehmen?

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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Crydea
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#1

24.08.2017, 10:47

Ich habe hier eine ganz doofe Sache, in welcher einiges schief gelaufen ist.

Mandanten haben Vergleich mit der Gegenseite geschlossen, haben den Vergleich aber nicht zeitig gezahlt, GegenRA fordert zur Zahlung auf und verlangt die 3309. Mandanten haben dann umgehend bezahlt. Es entbrannte dann ein Streit um die 3309 zwischen den Anwälten. Meiner Meinung nach war es nicht nett, direkt die 3309 zu berechnen, jedoch völlig legitim. Letztlich hat die Gegenseite PÜ hinsichtlich der 3009 beantragt (für mich schon fraglich, da zu diesem Zeitpunkt schon die Hauptforderung hinfällig war). Mandaten haben ein vZV erhalten und dann unter Vorbehalt auch bezahlt, dies war Ende Mai 2017. Jetzt, also drei Monate später, erhalten die Mandanten durch förmliche Zustellung durch den GV heute den richtigen PÜ zugestellt. Da will der GV natürlich jetzt auch noch Geld sehen.

Hätte die Gegenseite den Antrag auf PÜ nicht zurücknehmen müssen, nachdem die Mandanten, wenn auch unter Vorbehalt, die 3309 bezahlt haben? Dann wären zwar die 20 € GK entstanden, jedoch keine GV-Kosten mehr. Zumal in dem Betrag, welchen die Mandanten bezahlt hatten die 20 € ja auch schon enthalten waren. War ja die Summe aus dem vZV.

Hat schonmal jemand eine ähnliche verbockte Sache gehabt?
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Anahid
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#2

24.08.2017, 12:10

Die Frage ist doch eher, wann der PfÜB beantragt wurde. Welches Gericht braucht denn 3 Monate, um den zu erlassen? Wenn der PfÜB gleichzeitig mit dem VZV beantragt wurde, dann ist das so. Deine Annahme, dass die 20,00 € die einzigen Kosten bei vorzeitiger Rücknahme gewesen wären, kann ich so nicht bestätigen, da ja auch für den PfÜB erneut Anwaltskosten entstanden sind. Ob der Anwalt "verpflichtet" war, nach der Zahlung den bereits beantragten PfÜB zurückzunehmen, dürfte wohl eher streitig sein; vor allem dann, wenn nur "unter Vorbehalt" gezahlt wird. Ich würde das sogar verneinen.

Der ganze Ärger wäre ja nicht entstanden, wenn Deine Mandanten sofort die 3309 gezahlt hätten für die Vollstreckungsandrohung. Dass das insgesamt auch von dem gegnerischen Anwalt keine Glanzleistung ist, wie der hier vorgegangen ist (ich z.B. hätte die 3309 festsetzen lassen; danach erfolgt die Zahlung dann in der Regel doch "freiwillig"), ist auch keine Frage. Aber ist Deinen Mandanten klar, welches Kostenrisiko denen ins Haus steht, wenn die sich jetzt wegen des nächsten Betrages von ca. 30,00 € streiten wollen? Darüber sollten die sich vielleicht mal Gedanken machen.
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#3

24.08.2017, 12:39

Ich gebe dir ja vom Prinzip her Recht Anahid. Bei der Dauer vom PÜ.. vielleicht gab es Monierungen oä. Ich hatte mal eine Sache, da hat es 6 Monate gebraucht bis der PÜ erlassen war.

So, jetzt noch einmal genauer...

Verhandlung, Parteien schließen Vergleich. Unsere Partei musste an die Gegenseite zahlen. Verhandlung war 05.04. Am 10.04. erfolgte Zustellung des Protokolls von Anwalt zu Anwalt. Am 13.04 teilte der gegnerische Anwalt auf Anfrage mit, wohin unsere Mandanten mit schuldbefreiender Wirkung zahlen können. Am 26.04. erfolgte die Zahlugsaufforderung mit 3309. Mandanten haben am 27.04. die Hauptforderung bezahlt. Gegner hat dies am 09.05. bestätigt und nochmals die 3309 angefordert. Danach wurde gestritten, weil Chef der Meinung war, dass die 3309 nicht als Verzugsschaden erstattungsfähig seien und sein Schreiben vom 26.04. eher als Mahnung anzusehen sei. Am 22.05. wurde dann PÜ beantragt, welcher heute unseren Mandanten wie gesagt vom GV zugestellt wurde.

Und da du das mit dem titulieren lassen ansprichst... der Meinung bin ich auch. Ich habe auch schon öfter, vor allem in langen Verfahren mit zig Belegen, die Kosten irgendwann titulieren lassen. In diesem Fall war ja bei Beantragung des PÜ die Hauptforderung schon weggefallen, so dass eigentlich kein vollstreckbarer Titel mehr vorlag, aus welchem hätte können vollstreckt werden.

Und ich bin der Meinung, dass für den PÜ keine neue 3309 entstanden sein dürfte. Die 3309 wurde ja mit der Zahlungsaufforderung schon verlangt. Diese Aufforderung verlief fruchtlos, also wurde PÜ beantragt.

Wenn ich in der Zahlungsaufforderung die 3309 verlange, diese Maßnahme fruchtlos verläuft und ich darauf hin in die "richtige" ZV einsteige, also PÜ oder GV-Auftrag, dann fällt die 3309 nicht erneut an. Habe dies glaube ich so vor einigen Wochen in einem Kommentar gelesen.

Wie gesagt, alles ne ziemlich doofe Sache... Ichhab von Anfang an gesagt, die 3309 sollte gezahlt werden, auch wenn das Verhalten unkollegial war. Chef musste ja streiten und jetzt haben wir den Salat. :-?
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icerose
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#4

24.08.2017, 13:25

Sch...sache.
Richtig ist, dass die 3309 für eine ZV-Androhung (die der Kollege am 26.4. korrekt verdient hat) auf eine folgende Maßnahme anzurechnen ist. Allerdings ist das hier ein besonderer Fall - der PÜ wird ja gerade wegen der ZV-Androhungsgebühr gemacht (was der Titel in meinen Augen sehr wohl mit abdeckt), also entsteht die Gebühr hier tatsächlich noch einmal.

Ich hatte das auch schon mal, hab es aber anders gelöst: Mangels Verrechnungsbestimmung der Schuldner hab ich die Zahlung wie üblich nach 367 BGB verrechnet, somit blieb ein Rest HF offen, wofür ich natürlich einen Titel hatte. :mrgreen:

Im Übrigen: Nichts für ungut, aber wenn ich einen Vergleich schließe, in dem ich mich zur Zahlung von was auch immer verpflichte, dann sollte eine Zahlung möglichst rasch ohne gesonderte Aufforderung erfolgen, schon um genau so was wie hier beschrieben zu vermeiden. ;)
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#5

24.08.2017, 13:36

Hab mir jetzt mal das FoKo, welches dem PÜ beihängt genauer angeschaut. Die sind so vergangen wir von dir, icerose, beschrieben, und haben verrechnet.

Trotz allem haben die Mandanten ja nach Zustellung des vZV die Forderung (3309) bezahlt. Dies war Anfang Juni.

Ich hätte in einem Fall von zwischenzeitlich erfolgter Zahlung den beantragten PÜ doch zurückgenommen, sofern dieser noch nicht erlassen war.

Und da die hier verrechnet haben (auf die Idee da genauer zu schauen bin ich vorher nicht gekommen -.-) und somit quasi einen Restteil aus der HF vollstrecken, welche sie am 26.04. angemahnt haben, fällt die 3309 doch nur einmal an, oder?
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#6

24.08.2017, 13:42

Crydea hat geschrieben:Ich hätte in einem Fall von zwischenzeitlich erfolgter Zahlung den beantragten PÜ doch zurückgenommen, sofern dieser noch nicht erlassen war.
Das hätte ich nur Zug um Zug mit der Vorbehaltloserklärung der Zahlung gemacht.
Crydea hat geschrieben:Und da die hier verrechnet haben (auf die Idee da genauer zu schauen bin ich vorher nicht gekommen -.-) und somit quasi einen Restteil aus der HF vollstrecken, welche sie am 26.04. angemahnt haben, fällt die 3309 doch nur einmal an, oder?
Nein, die Gebühr fällt erneut an, da die "erste" durch Zahlungsverrechnung vom Tisch war und weil ja die Nichtzahlung der Gebühr überhaupt Auslöser für den PÜ war.
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#7

24.08.2017, 13:47

Crydea hat geschrieben: Und ich bin der Meinung, dass für den PÜ keine neue 3309 entstanden sein dürfte. Die 3309 wurde ja mit der Zahlungsaufforderung schon verlangt. Diese Aufforderung verlief fruchtlos, also wurde PÜ beantragt.
Die Vollstreckungsandrohung oder wie Du es nennst "Zahlungsaufforderung" verlief eben gerade nicht erfolglos; Eure Mandanten haben ja die Forderung gezahlt. Die Gebühr war angefallen und eben dann, wenn der gegnerische Kollege (hier also Dein Chef) meint, er könne rumstreiten, lasse ich wegen Rechtssicherheit die Kosten festsetzen. Damit habe ich einen weiteren Titel und kann dann die Vollstreckung wegen der Kosten einleiten, was natürlich weitere Kosten (so wie auch hier) auslöst.

Die Gebühr für die Vollstreckungsandrohung ist also gerade nicht in der Gebühr für den PfÜB aufgegangen, da hier ja nicht mehr die Hauptforderung im PfÜB vollstreckt wird, sondern nur noch die Gebühr für die Vollstreckungsandrohung.

Unkollegial sehe ich an dem Verhalten Deines Gegenanwalts rein gar nichts. Am 05.04. wurde ein Vergleich geschlossen. Anscheinend ja ohne Widerrufsfrist, was bedeutet, der Vergleichsbetrag war sofort zu zahlen. Der Gegner muss eine Frist zur freiwilligen Zahlung einräumen. Insoweit reichen, was ständiger Rechtsprechung entspricht, zwei Wochen aus. Ab dem 20.04. konnte daher der Gegner die Zwangsvollstreckung androhen bzw. durchführen, was er am 26.04. gemacht hat. Für diese Vollstreckungsandrohung entsteht die Gebühr Nr. 3309 VV RVG. Wenn Dein Chef das nicht weiß, dann ist das schlimm genug. Im Grunde sind die weiteren Kosten der Zwangsvollstreckung aufgrund der Falschberatung Deines Chefs entstanden.

Und ich schreibe z.B. auch nicht die Gegenseite an und bitte höflich, den Vergleichsbetrag zu zahlen. Ich bin hier nicht bei der Caritas, um das mal so knallhart zu sagen. Arbeiten die ich mache, lösen in der Regel Gebühren aus und darum hättest Du bzw. Deine Mandanten von mir schon am 20.04. eine Vollstreckungsandrohung mit Kosten erhalten. Nur hätte ich dann, wenn die Zahlung verweigert wird, eben die Kosten festsetzen lassen. Ich halte dann die weitere Vollstreckung ohne vorherige Festsetzung für unglücklich, aber nicht für falsch; vor allem aber ist das Vorgehen des Gegenanwalts nicht unkollegial, sondern gesetzlich so verankert.
Zuletzt geändert von Anahid am 24.08.2017, 13:50, insgesamt 2-mal geändert.
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#8

24.08.2017, 13:47

Ach Himmel.. wie ich so nen Kram hasse... Ich danke euch jedenfalls für eure Antworten. Mal schauen wie lange mein Chef da noch streiten will, bevor die Sache erledigt ist. :roll:
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#9

24.08.2017, 13:55

Anahid hat geschrieben:Ich halte dann die weitere Vollstreckung ohne vorherige Festsetzung für unglücklich, aber nicht für falsch;
Danke, Anahid. Ich merk mir das mal vorsorglich. :pfeif
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