Zwangsvollstreckung Insolvenzverwalter

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
Antworten
XLadyX
Forenfachkraft
Beiträge: 104
Registriert: 04.01.2012, 21:34
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: a-jur
Wohnort: NRW

#1

30.11.2016, 07:28

Guten Morgen,

ich brauche mal HILFE.

Folgender Fall:

Unser Mdt. hat von seinem Arbeitgeber die ordentliche Kündigung Anfang des Jahres erhalten und zwei Monate Arbeitslohn stehen noch aus. Vor dem Arbeitsgericht ist ein VU gegen den Arbeitgegeber ergangen weil er nicht zum Termin erschienen ist. Der Arbeitgeber hat ein Insolvenzverfahren am Laufen. Wir haben einen Titel vorliegen und wollen jetzt das Geld im Wege der ZV eintreiben. Unser Mdt. teilte mit, dass er die letzeten Monate vor der Kündigung seinen Lohn immer vom Insolvenzverwalter erhalten hat. Was sollen wir jetzt machen. Erstamal Gerichtsvollzieher beauftragen oder können wir direkt beim Insolvenzverwalter pfänden?

:thx
Benutzeravatar
Tigerle
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 3584
Registriert: 30.01.2008, 09:20
Beruf: Wirtschaftsassistenin/selbständige ReFa
Software: RA-Micro
Wohnort: Augsburg

#2

30.11.2016, 08:30

Hat Euer Mandant denn schon Insolvenzausfallgeld beantragt?

Die ZV wird vermutlich eingestellt, wenn das Insolvenzverfahren läuft. Ich würde einfach mal den Insolvenzverwalter anschreiben ggfs. müsst Ihr die Forderung zum Insolvenzverfahren anmelden.
Benutzeravatar
Kanzleihund
Absoluter Workaholic
Beiträge: 1716
Registriert: 16.01.2012, 20:55
Beruf: Rechtsanwältin
Software: Phantasy (DATEV)

#3

30.11.2016, 10:12

Gegen den Insolvenzverwalter vollstrecken, ist eine ganz ganz dumme Idee, weil ... (er nur in ganz ganz wenigen Fällen wirklich für den Arbeitslohn haftet).

Leider fehlen bei dem Sachverhalt die wesentlichen Informationen: Für welchen Zeitraum liegt Euch ein Titel vor? Wann würde das Insolvenzverfahren eröffnet (http://www.insolvenzbekanntmachungen.de). Wann und durch wen erfolgte die Kündigung? Fakten! Fakten! Fakten!

Also im Allgemeinen läuft es so, dass zunächst ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird. Der tritt in einem einstelligen Prozentsatz in die Rolle des Arbeitgebers ein (nur bei sogenannter starker vorläufiger Insolvenzverwaltung, die durch die Übernahme der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gekennzeichnet ist und wirklich sehr sehr selten vorkommt). Vielmehr bleibt der ursprüngliche Arbeitgeber Arbeitgeber und der vorläufige Insolvenzverwalter hat nur einen sogenannten Zustimmungsvorbehalt. U.a. muss er Kündigungen von Arbeitnehmern (arbeitgeberseits) zustimmen. Der Lohn kommt dann in der Regel weder direkt vom vorläufigen Insolvenzverwalter, noch vom eigentlichen Arbeitgeber. Meist dieser über eine Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes bezahlt. Hierzu muss Eurer Mandant umfangreiche Unterlagen unterschrieben haben. Weiterhin werden die Arbeitnehmer meist auch in einer Betriebsversammlung über den Fortgang des vorläufigen Insolvenzverfahrens informiert. Dem Arbeitnehmer kann es natürlich während dieser Zeit so vorkommen, als hätte ein Insolvenzverwalter seinen Lohn bezahlt. Für die meisten Arbeitnehmer gibt es nämlich gleich von Beginn an nur DEN INSOLVENZVERWALTER.

Sollte noch kein Insolvenzgeld gezahlt worden sein (was ich aber nicht annehme), dann wäre ein solcher Anspruch vorrangig zu prüfen. Dieser besteht auch, wenn das Arbeitsverhältnis vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet wurde. Dann eben für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses.

Erst wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wird, geht die Arbeitgebereigenschaft auf den Insolvenzverwalter über. Damit ist dieser zur Zahlung des Lohns verpflichtet. Aber wenn dieser den Arbeitnehmer sofort kündigt und freistellt, muss er den Arbeitslohn u.U. nicht zahlen. Nämlich dann, wenn er Masseunzulänglichkeit anzeigt. Dann hat Euer Mandant im Rahmen der sogenannten Gleichwohlgewährung sofort einen Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld. Auch wenn die Kündigung später erfolgt, kann es dazu kommen, dass der Insolvenzverwalter den Lohn (zunächst) ganz legal nicht bezahlen muss.

Will man gegen den Insolvenzverwalter vorgehen, muss sich der Titel gegen diesen richten und auch (zwingend) Zeiträume nach Insolvenzeröffnung betreffen. Nehme ich vorliegend nicht an.

Ich verweise mal ergänzend auf §§ 60, 61 InsO, nur damit das Bild vollständig ist.
"Mein Leipzig lob ich mir, es ist ein klein Paris und bildet seine Leute" ("Faust, der Tragödie erster Teil")
Antworten