Gerichtsvollzieher stellt Zusatzfragen nicht

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
Antworten
ReLo
Daueraktenbearbeiter(in)
Beiträge: 339
Registriert: 09.02.2010, 12:55
Beruf: ReFa
Software: RA-Micro

#1

27.09.2016, 10:33

Hallo zusammen,
ich habe im April einen ZV-Auftrag mit Zusatzfragen gestellt. Nachdem die GVZin längere Zeit krank war, ist nun letzte Woche doch die Vermögensauskunft abgenommen worden. Ich habe unübersehbar im ZV-Auftrag darauf hingewiesen, dass auch die Zusatzfragen gem. Anlage 2 zu stellen sind. Die Zusatzfragen sind auf den Schuldner angepasst worden - zum Zeitpunkt meiner Auftragserteilung war dieser auch noch selbständig. Nun bekomme ich das Vermögensverzeichnis übersandt (was in sich total widersprüchlich und nachweislich auch falsch ausgefüllt ist...) und zu den Zusatzfragen überhaupt keine Antwort oder Ablehnung der GVZin. Auf meine Nachfrage, was denn mit den Zusatzfragen aus unserem Auftrag ist, wird mir hier lapidar handschriftlich als Rückfax von der GVZin mitgeteilt: "Schuldner hat alle relevanten Angaben im Vermögensverzeichnis gemacht, es besteht keine Selbständigkeit mehr".

Ich finde das ehrlich gesagt extrem unverschämt, denn Zusatzfragen nach Erstattung aus Nebenkostenabrechnungen, Mietkaution, Fragen nach Kreditkarten, ob der Schuldner andere Konten nutzt etc. haben doch mit seiner inzwischen aufgegebenen Selbständigkeit nichts zu tun und was aus Gläubigersicht vollstreckungsrelevant ist, sollten wir doch selbst entscheiden, oder?

Habe ich mit diesem gefaxten Halbsatz jetzt eine erinnerungsfähige Entscheidung der Gerichtsvollzieherin und inwiefern ist die GVZin an meinen Auftrag gebunden? Ich denke, es kann doch nicht sein, dass sie einfach meint, ach die Zusatzfrage stelle ich nicht und wir als Auftraggeber werden noch nicht mal darüber informiert??? Mein Schuldner, der angeblich mit € 50,00 pro Monat von seiner Frau unterhalten wird, hat im August mit dem privaten PKW und der gesamten Familie (4 Kinder, 2 davon in Ausbildung) eine Rundreise nach Moskau, Minsk, Warschau und Berlin gemacht - alles schön im www. dokumentiert... so wie auch seine jährlichen Wandertouren im Riesengebirge und Südamerika...

Ich wäre für Tipps sehr dankbar - die Strafanzeige gegen ihn wg. falscher Angaben bereite ich gerade vor 8)

ReLo
H.Stummeyer
Kennt alle Akten auswendig
Beiträge: 635
Registriert: 11.08.2006, 17:16
Beruf: Obergerichtsvollzieher
Wohnort: Niedersachsen

#2

27.09.2016, 15:37

Nun ja, Fragen über Nebenkostenabrechnungen brauchen nicht gestellt werden (eindeutige Rechtsprechung), Fragen über Mietkautionen ergeben sich eindeutig aus dem Vermögensverzeichnis, ebenso nach den Konten.
Auch ich hätte die Fragen als reine Ausforschung angesehen und ebenfalls nicht beachtet. Tut mir leid.
Pitt
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 3281
Registriert: 12.07.2012, 10:15
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: Phantasy (DATEV)

#3

27.09.2016, 15:52

Wenn nach den Angaben des Schuldners mit einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers nicht zu rechnen ist und die 500,00 €-Grenze überschritten wird, könnte man die Drittauskunft beim Bundeszentralamt für Steuern einholen lassen, um nach weiteren Konten zu forschen. Du könntest auch beim Kraftfahrt-Bundesamt nachhaken, auf wen der Pkw zugelassen ist, aber vermutlich läuft alles über die Ehefrau. Evtl. könnte man noch überlegen, von Zeit zu Zeit im Internet zu checken, ob eine neue Firma aufgemacht wird, wo er dann als Angestellter arbeitet.
joggellive
Daueraktenbearbeiter(in)
Beiträge: 276
Registriert: 15.02.2011, 22:47
Beruf: RA-Fachangestellter
Software: RA-Micro
Wohnort: Erfurt

#4

28.09.2016, 06:35

Zusatzfragen sind sowieso immer so eine Sache. Der BGH hat dort eine ablehenende Stellung dazu und Amtsgrichte kassieren die auch regelmässig nach 766 ZPO.
Pitt
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 3281
Registriert: 12.07.2012, 10:15
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: Phantasy (DATEV)

#5

28.09.2016, 07:41

Das kann man - wie so vieles - nicht generalisieren. Zusatzfragen können insbesondere dort nützlich sein, wo das auf Privatpersonen zugeschnittene Standardformular keine entsprechenden Felder vorsieht. Alle Fallkonstellationen lassen sich eben nicht mit einem Formular abdecken. Deswegen ist es grundsätzlich auch erlaubt, notwendige/sinnvolle Zusatzfragen zu stellen. Die Grenzen werden dort gezogen, wo es sich um eine reine Ausforschung des Schuldners handelt. Wenn die Vermögensauskunft eines Selbstständigen oder eines GF einer GmbH abgenommen wird, offenbart das Standardformular aber nun mal häufig Lücken.
GV Freudenstein
Forenfachkraft
Beiträge: 108
Registriert: 16.04.2014, 22:50
Beruf: Gerichtsvollzieher

#6

28.09.2016, 12:22

Die sog. Zusatzfragen werden in den meisten Fällen durch das Vermögensverzeichnis abgedeckt. Oftmals werden hier allgemeine Vorlagen benutzt, die offenbar aus einer Zeit sind, als das Vermögensverzeichnis noch viel weniger umfangreich war. Die hier genannten Fragen nach Kreditkarten und Konten bzw. Kontonutzung, sind unter Ziffer 14. einzutragen, die nach Nebenkosten und Mietkaution unter Ziffer 17 des VV. Wenn dort nein angekreuzt, dann ist das eben nach Angabe des Schuldners nicht vorhanden. Stellt sich im Rahmen der Drittauskünfte dann heraus, dass es z. B. (weitere) Konten gibt, dann liegt eine Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung vor, der dann strafrechtlich nachgegangen werden kann. Ist die Selbstständigkeit aufgegeben, erübrigen sich auch Zusatzfragen hierzu.
PostGretel
Forenfachkraft
Beiträge: 115
Registriert: 05.07.2013, 13:57
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: RA-Micro

#7

05.03.2019, 16:54

ReLo hat geschrieben:
27.09.2016, 10:33
Habe ich mit diesem gefaxten Halbsatz jetzt eine erinnerungsfähige Entscheidung der Gerichtsvollzieherin und inwiefern ist die GVZin an meinen Auftrag gebunden? Ich denke, es kann doch nicht sein, dass sie einfach meint, ach die Zusatzfrage stelle ich nicht und wir als Auftraggeber werden noch nicht mal darüber informiert??? Mein Schuldner, der angeblich mit € 50,00 pro Monat von seiner Frau unterhalten wird, hat im August mit dem privaten PKW und der gesamten Familie (4 Kinder, 2 davon in Ausbildung) eine Rundreise nach Moskau, Minsk, Warschau und Berlin gemacht - alles schön im www. dokumentiert... so wie auch seine jährlichen Wandertouren im Riesengebirge und Südamerika...

Ich wäre für Tipps sehr dankbar - die Strafanzeige gegen ihn wg. falscher Angaben bereite ich gerade vor 8)

ReLo
Hallo ReLo und Forenos,

einen ähnlichen Fall habe ich auch. Das Ehepaar meldet sich unter einer Adresse in Ort A an, gibt dort die VAK ab, lebt aber tatsächlich in einem Nachbarort. Letzteres hatten meine Kunden durch eigene Detektivarbeit herausgefunden. In der VAK gaben die Schuldner an, von den Eltern der Schuldnerin zu leben, verreistenen aber ständig. Und die Eltern der Schuldnerin gaben mal den Gläubigern an, dass sei kein Geld hätten, und der Schuldner deren Flug aus dem Heimatland der Schuldnerin bezahlte. Die Schuldner gaben beide an, dass sie gar kein Einkommen hatte (dabei war sie selbständig) und er nur einen 400-Euro-Job hätte. Er muss aber schwarz - evtl. illegal - gearbeitet haben, wahrscheinlich immer noch. Dies wäre echt ein Fall für Moskau-Inkasso!

Die Schuldnerin ist seit längerem in ihrer ausländische Heimat, daher komme ich an die nicht heran. Der Schuldner hat nun selbst einen Insoantrag gestellt, das Verfahren wurde eröffnet. Leider konnte ich meine Forderung nicht als eine auch aus vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung anmelden. Da die Forderung aber gut 10 TEUR beträgt, möchte ich, dass der Schuldner nicht so einfach mit dem Insoverfahren davon kommt. Denn dort wird er auch ziemlich sicher nicht vollständige Angaben machen.

Ich würde gerne auch eine Strafanzeige stellen. Gibt es da Fristen, binnen derer man z. B. nach §§ 156 oder 288 StGB eine Strafanzeige einreichen muss? Ich habe leider noch nichts dazu gefunden. Die VAKs, die ich vom Schuldner habe, sind von 2014 und 2016. "Beweise", die mir durch meine Kunden vorliegen, stammen aus 2013 bis etwa 2016.

Ratlose Grüße :hm

PostGretel
ReFa seit 1987 :omi
Pitt
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 3281
Registriert: 12.07.2012, 10:15
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: Phantasy (DATEV)

#8

06.03.2019, 10:43

Zwischenfrage:
Wurde die Forderung nicht als solche aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zur Insolvenztabelle angemeldet oder habt Ihr die Forderung so angemeldet und wurde das vom Schuldner bestritten? Ob hier die Voraussetzungen für eine Strafanzeige vorliegen, müsste der RA klären, ebenso, ob - falls der letztere Fall vorliegt (Schuldner bestreitet die in der Anmeldung angegebene Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung) - eine Feststellungsklage Sinn macht.
ReLo
Daueraktenbearbeiter(in)
Beiträge: 339
Registriert: 09.02.2010, 12:55
Beruf: ReFa
Software: RA-Micro

#9

27.03.2019, 11:52

Ich würde zunächst Einsicht in das Insolvenzgutachten beantragen und dann mal schauen, was der Schuldner dort so gegenüber dem Insolvenzverwalter angegeben hat. Bis jetzt habe ich unter Vorlage des Titels gegen den Insolvenzschuldner immer Einsicht in das Gutachten erhalten. Von Fristen bezüglich der Strafanzeige weiß ich leider auch nichts, wir haben gleich nach Kenntnis der Falschaussage die Strafanzeige gestellt; vielleicht hilft es auch, wenn man das Einwohnermeldeamt mal wegen Verstoßes gegen das Meldegesetz auf den Schuldner aufmerksam macht... ?
Antworten