Auskunftsverpflichtung Schuldner nach § 836 ZPO

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
JfachAnge
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#1

07.06.2016, 14:45

Hallo Ihr Lieben,

ich wurschtel mich gerade durch eine Lektüre zum Thema Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und bin dabei auf "Auskunftsverpflichtung des Schuldners im Rahmen des § 836 ZPO" gestoßen. Sagt Euch das was und praktiziert Ihr das auch konsequent? Macht es überhaupt Sinn?

Wenn ich es richtig verstanden habe, kann man nach Zustellung des PfüBs an den Schuldner, diesen unter Fristsetzung schriftlich Fragen stellen (geht schon Richtung VA). Er ist eigentlich dazu gehalten auch zu antworten ansonsten könnte man den GV beauftragen...

Über Eure Meinung und Erfahrungen wäre ich sehr dankbar. Man lernt ja nie aus :pfeif

Liebe Grüße
Sandra :wink1
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Anahid
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#2

07.06.2016, 14:54

Betrifft doch nur Auskünfte zur Geltendmachung der Forderung bzw. die Herausgabe von Unterlagen. Selbstverständlich wird sowas angefordert, wenn es erforderlich ist (z.B. bei Pfändung eines Sparbuchs Herausgabe des Sparbuchs oder Herausgabe eines Versicherungsscheins). Ich weiß also nicht, was Du mit "konsequent praktizieren" meinst. In der Regel sind bei den meisten Pfändungen entsprechende Angaben des Schuldners nicht erforderlich.
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#3

07.06.2016, 15:12

Ich stimme Anahid zu. § 836 ZPO betrifft die Auskunftserteilung bezüglich der konkret per PfÜB gepfändeten Forderung. Das können z. B. bei Selbstständigen die Rechnungsdaten/Namen/Adressen von Kunden der letzten 12 Monate sein . So wie man zusätzliche Anordnungen in den PfÜB packen kann, kann man diesbezüglich auch weitere Auskünfte vom Schuldner verlangen, wenn diese für die Durchsetzung der gepfändeten Forderung benötigt werden. Man stellt dann diese Fragen in einem Anschreiben, lässt das vom GVZ zustellen und kann dann nach Ablauf der darin gesetzten Frist die Beantwortung der Fragen an Eides statt verlangen (deren grundsätzliche Zulässigkeit immer vorausgesetzt). Ab und zu kommt das hier noch vor. Es ist halt nicht immer erforderlich, weil man häufig mit den Drittauskünften und der vor Pfändung abgenommenen Vermögensauskunft nach § 802c ZPO mit maßgeschneiderten Zusatzfragen schneller ans Ziel kommt.
JfachAnge
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#4

07.06.2016, 16:01

:thx Euch für Eure schnelle Antwort!

Anahid: wie Du schon sagst "Herausgabe des Sparbuchs oder Herausgabe eines Versicherungsscheins" so kenne ich es auch. In dem Buch kam es aber so rüber - sobald ein PfüB erlassen/zugestellt wurde - hat man die Möglichkeit generell beim Schuldner "anzufragen". :kopfkratz
Da ist auch ein Musterschreiben mit drin, in dem dann der Schuldner z. B. gefragt wird: "Nennen Sie Ihr Netto-/Bruttoeinkommen", "Sind Sie gegenüber Dritten unterhaltsverpflichtet" und und und. Diese Art Schreiben kannte ich halt nicht.

Aber wenn es Euch nichts sagt, dann überspringe ich das Kapitel ;)

Liebe Grüße
Sandra
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niva
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#5

07.06.2016, 16:05

JfachAnge hat geschrieben:Da ist auch ein Musterschreiben mit drin, in dem dann der Schuldner z. B. gefragt wird: "Nennen Sie Ihr Netto-/Bruttoeinkommen"
wenn du stattdessen den Anspruch auf Herausgabe der Gehaltsabrechnungen pfändest, hast du sogar schwarz auf weiß, was der Schuldner verdient und musst dich nicht dadrauf verlassen, was er der denn antwortet (wenn ein Schuldner denn jemals darauf antworten würde...) und du kannst grade bei bei bedingt pfändbaren Bezügen nachprüfen, ob der DS alles richtig berechnet hat.
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Ernie

#6

08.06.2016, 06:51

Ich halte von der eV nach § 836 III ZPO recht viel und darf auch auf die vor etlichen Jahren stattgefundene Fragestunde verweisen:

http://www.foreno.de/zwangsvollstreckun ... ragestunde
JfachAnge
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#7

08.06.2016, 13:09

Ernie: Danke für Deinen Link! Hab die Fragestunde schon durchgelesen. :thx

D.h. es macht vlt. doch Sinn? Habe ich es richtig verstanden, dass dieser "Fragebogen" aber nur an den Schuldner rausgehen darf, wenn eine Zahlung aus dem PfüB erfolgte? Sprich erhalte ich nur die Info vom DS das Pfändung vorgemerkt ist, kann ich den Fragebogen nicht rausschicken? :kopfkratz

Liebe Grüße
Sandra
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Ernie

#8

08.06.2016, 13:43

Relevant ist der Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sowie die Zustellung. Durch den wirksamen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bekommst Du sozusagen einen Titel, der Dich berechtigt, die eidesstattliche Versicherung nach § 836 III ZPO vom Schuldner zu verlangen.
JfachAnge
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#9

09.06.2016, 10:19

@Ernie: :thx nochmal für Deine Antwort. Wir haben hier nicht viele PfüBs aber beim nächsten Mal werde ich es einfach mal wagen :mrgreen:

In dem Buch sind auch Beispielfragen:

"Lohn- und Gehaltspfändung":
- Erhalten Sie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld...?
- Erhalten Sie zusätzlich Sachzuwendungen (Firmenwagen...)?
- Welche Tätigkeiten führen Sie für den DS aus und wie viele Wochenstunden sind Sie für diesen tätig?...

"Kontopfändungen" - hier wird sogar der Unterschied gemacht ob P-Konto oder nicht
- Geben Sie sämtliche Konten mit Kontonummer an, die bei der DS geführt werden.
- Besteht ein zugesagter Kontokorrentkredit, bzw. eine Kreditzusage?
- In welche Höhe ist der Kredit eingeräumt?
- Inwieweit wurde der Kontokorrentkredit in Anspruch genommen?...

bei P-Konto:
- Welche Unterhaltsverpflichtungen bestehen und werden auf diese Leistungen erbracht? Wenn ja, in welcher Höhe?
- Erhalten Sie Kindergeld? Wenn ja, in welcher Höhe?...

"Lebensversicherung":
- Wie viele Lebensversicherungen haben Sie bei der DS abgeschlossen?
- Wann haben Sie die letzte Prämie auf die Lebensversicherung bezahlt?
- Wie hoch ist der derzeitige Rückkaufswert?...

Ob die Fragen alle sinnvoll sind kann ich schlecht beurteilen, einige finde ich aber schon interessant. Schlussendlich ist es ja auch nicht verkehrt den Schuldner etwas zu drangsalieren :teufel

Über Eure Meinungen und evtl. Erfahrungen würde ich mich freuen!

Liebe Grüße
Sandra
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Sandra :wink1
Ernie

#10

09.06.2016, 12:35

Als "drangsalieren" würde ich die eidesstattliche Versicherung nach § 836 III ZPO nicht bezeichnen.

Wenn Du z.B. beim Schuldner (verheiratet, 2 Kinder) das Arbeitseinkommen pfändest, teilt der Arbeitgeber in seiner Drittschuldnerauskunft mit: Der Schuldner ist drei Personen gegenüber unterhaltspflichtig. Es ergibt sich demgemäß kein pfändbarer Betrag.

Über die eidesstattliche Versicherung (836) kannst Du den Schuldner gezielt um Auskunft bitten, z.B. Wie alt sind die Kinder. Stehen sie in der Berufsausbildung? Wie hoch ist die Ausbildungsvergütung? Verfügt die Ehefrau über eigenes Einkommen? Wenn ja, in welcher Höhe?

Vorteil: Nur der Antragsteller (in diesem Fall: Du) bekommt die eidesstattliche Versicherung mit den ausführlichen Informationen vom Gerichtsvollzieher übermittelt. Es erfolgt keine Eintragung in irgendeinem Register.

Was machst Du mit der erteilten Auskunft, dass (Beispiel!) beide Kinder in Ausbildung sind und eine monatliche Vergütung von EUR 700,00 erzielen und die Ehefrau berufstätig ist und EUR 900,00 netto verdient?

Na klar, Du beantragst hinsichlich Deines ausgebrachten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, dass alle 3 Personen bei der Pfändung keine Berücksichtigung mehr finden, da sie über eigenes Einkommen verfügen.

Vorteil: Dadurch dass Du mehr Informationen als andere Gläubiger, die von dem 836 keinen Gebrauch machen, hast, weißt Du mehr über den Schuldner und kannst für den Gläubiger "bessere" Anträge stellen.

Dein Antrag auf Nichtberücksichtigung unterhaltsberechtigter Personen wirkt sich auch ausschließlich auf Deinen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aus, mit der Folge, dass Dein Pfänder z.B. auch als dritter beim Arbeitgeber eingeht und dennoch -aufgrund Deines Antrags- als einziger bedient wird.
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