Zwangsgeld bei Betreuung

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
cherymoon
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#1

03.06.2016, 09:37

Hallo,
ich habe ein sehr schwieriges Thema hier auf dem Tisch und habe auch schon bei diversen Fachschulungen angerufen. Leider konnte mir bis heute keiner helfen. Vielleicht habt Ihr ja eine Idee.

Es handelt sich um eine Auskunftserteilung bezüglich eines Nachlassverzeichnisses.
Unsere Mandant will dieses Verzeichnis haben, die Gegenseite ist 90, im Pflegeheim und dement, wird dadurch durch eine Betreuerin vertreten und erteilt es nicht.

Wir haben jetzt einen Zwangsgeldbeschluss erwirkt. Dieser wurde auch von uns aus mit GVZ der Oma zugestellt und der Betreuerin. Da die Oma ja dement ist, kann sie weder das Zwangsgeld bezahlen noch die Auskunft erteilen.
Die Betreuerin ist ja nach meinem Kenntnisstand nicht dazu verpflichtet.

Während das Verfahren läuft, bringt die Betreuerin (ist die Schwester unserer Mandantin) das Vermögen aus.

Habt Ihr eine Idee, was ich machen kann? Kann man den Titel irgendwie auf die Betreuerin umschreiben lassen?
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#2

03.06.2016, 10:54

Zwangsvollstreckung gegen die Oma, gesetzlich vertreten durch die Betreuerin.
Hatte das auch schon mal, n Zwangsgeld gegen jemand, der unter Betreuung steht. Bei mir hat es damals so funktioniert...und die Betreuerin haftet ja für ihre Betreute nicht mit ihrem privaten Vermögen, deshalb wäre die Titelumschreibung meiner Meinung nach unzulässig.
Viele Grüße vom Alex
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#3

03.06.2016, 11:35

Ja das denke ich eben auch. Aber das Problem ist, dass wir bei der Oma nicht vollstrecken können, da sie dement ist. Sie bekommt nix mehr mit. Hat keine Unterlagen im Heim und vergisst nach zwei Sätzen was wir von ihr wollen.
Pitt
...ist hier unabkömmlich !
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#4

03.06.2016, 12:10

Evtl. wäre hier zu überlegen, ob man einen Ergänzungsbetreuer nach § 1899 BGB bestellen kann, weil hier ein Interessenskonflikt zwischen der Betreuten und der Betreuerin vorliegen könnte.
cherymoon
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#5

03.06.2016, 12:40

Das habe ich auch schon überlegt. Aber die Frage ist ja dann, was bringt mir das? Bei dem Ergänzungsbetreuer kann ich ja dann auch nicht das Zwangsgeld pfänden. Er könnte dann nur zur Herausgabe des Verzeichnisses in Haftung genommen werden, oder sehe ich das falsch?
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#6

03.06.2016, 12:45

cherymoon hat geschrieben: Aber das Problem ist, dass wir bei der Oma nicht vollstrecken können, da sie dement ist. Sie bekommt nix mehr mit. Hat keine Unterlagen im Heim und vergisst nach zwei Sätzen was wir von ihr wollen.
...
Bei dem Ergänzungsbetreuer kann ich ja dann auch nicht das Zwangsgeld pfänden
Aber der GV geht, wenn ein Betreuer vorhanden ist, normalerweise nicht direkt zur Oma, sondern wendet sich an den Betreuer. Und der Betreuer sollte dann schauen, ob er die Auskünfte erteilen kann (oder das gewünschte rausfindet bzw. das Zwangsgeld zahlen kann (was aber sinnlos ist, da man ja die Auskünfte will)). Zwangshaft bei der Oma geht eindeutig nicht.
Vielleicht sollte man die Betreuerin mal darauf aufmerksam machen, dass sie in ihrer Aufgabe evtl. auch mit dem eigenen Vermögen haften könnte, wenn sie gegen die Interessen des Betreuten handelt (deshalb sollte u.a der Rat von Pitt nicht ignoriert werden).
Viele Grüße vom Alex
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#7

03.06.2016, 13:14

Aha ok. Das ist doch mal ein Ansatzpunkt, den ich verstehe. Also beantrage ich beim AG einen Ergänzungsbetreuer und dieser müsste dann seitens des GVZ aufgesucht werden?

Und der GVZ hätte also gar nicht zur Oma sondern zur Betreuerin gehen müssen?
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#8

03.06.2016, 13:49

Kommt darauf an (Juristenantwort :mrgreen: ).
Der Schuldner hat die Vermögensauskunft (eidesstattliche Versicherung) normalerweise persönlich zu leisten, und zwar vor dem Gerichtsvollzieher. Dieses ergibt sich aus §§ 802c ZPO und § 185a GVGA. Die Abgabe der Erklärung ist jedoch stets dann Pflicht des Betreuers mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge, wenn der Betreute geschäftsunfähig ist oder ein entsprechender Einwilligungsvorbehalt besteht (LG Osnabrück BeckRS 2011, 12569).
Quelle: http://www.bundesanzeiger-verlag.de/bet ... lstreckung
LG Osnabrück, Beschluss vom 23.5.2005, 1 T 437/05; DGVZ 2005, 128:

Auch wenn der betreute Schuldner selbst noch verfahrensfähig ist, kann die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch den zu Vermögenssorge bestellten Betreuer verlangt werden, wenn dieser, etwa durch die Ladung und die Abgabe von Erklärungen, in das Verfahren eingetreten ist.

BGH, Beschluss vom 14.08.2008, I ZB 20/08'; BtPrax 2008, 257 = BtMan 2008, 221 = FamRZ 2008, 2109 = NJW-RR 2009, 1 = MDR 2008, 1357 = WM 2008, 2264 = FoVo 2009, 18 = Rpfleger 2009, 37 = NJW 2008, 2125:

Wenn für die Vermögenssorge des Schuldners ein gesetzlicher Vertreter bestellt, nicht aber ein Einwilligungsvorbehalt gemäß § 1903 BGB angeordnet ist, hat das Vollstreckungsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen, ob der Vertreter oder der Schuldner die eidesstattliche Offenbarungsversicherung abzugeben hat. Im vorliegenden Fall wurde die Betreuerin verpflichtet, die eV. abzugeben.

BGH, Beschluss v 12.6.2014, I ZB 37/13:
1. Der zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung Verpflichtete hat sich die für die Auskunft notwendigen Kenntnisse und Unterlagen soweit erforderlich auch von Dritten zu beschaffen.
2. Gibt die von dem Verpflichteten abgegebene eidesstattliche Versicherung etwa aufgrund von in der Erklärung enthaltenen Zusätzen Anlass zu der Annahme, dass er die von ihm zuvor erteilte Auskunft nicht mit der gebotenen Sorgfalt vorgenommen hat, kann das Vollstreckungsgericht gemäß § 261 I BGB auf Antrag des Gläubigers eine den Umständen entsprechende Änderung der eidesstattlichen Versicherung beschließen und anordnen, dass der Schuldner seine bislang unvollständige Auskunft nachbessert und die vollständige Auskunft an Eides Statt versichert.
Quelle: http://www.bundesanzeiger-verlag.de/bet ... %A4higkeit


Ich arbeite in der Vollstreckung bei einem überörtlichen Sozialhilfeträger. Unsere Hilfeempfänger (HE) sind u.a. Pflegefälle und Menschen mit einer Behinderung.
Einige von diesen HE leben in Einrichtungen wie Pflegeheimen und stehen unter Betreuung.
Nun müssen unsere HE, wenn sie Einkommen haben, dieses auch einsetzen. Das heißt, diese HE werden zugleich zu unseren Schuldnern.
Ich vollstrecke somit regelmäßig Personen, die nicht in der Lage sind persönlich eine Vermögensauskunft abzugeben. Wenn ich im Vollstreckungsauftrag angebe, dass ein gesetzlicher Betreuer vorhanden ist, dann hat sich der zuständige GV bislang immer (bis auf einen Ausnahmefall, bei dem der Schuldner ca. 200 km vom Betreuer entfernt lebte - in diesem Fall musste ich dann den Vollstreckungsauftrag nochmals an das Gericht schicken, in dessen Zuständigkeitsbereich der Betreuer seinen Aufenthaltsort hatte) an den Betreuer gehalten und bei diesem entweder das Geld eingetrieben oder die VA abgenommen.
Viele Grüße vom Alex
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#9

03.06.2016, 14:05

Vielen lieben Dank. :thx

Ich gebe das jetzt mal an mein Chefchen weiter. Ich denke das könnte jetzt was werden ;-)
:wink1


Ein schönes Wochenende...... ;)
cherymoon
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#10

20.09.2016, 12:13

Hallo,

so nun habe ich erfolgreich das Zwangsgeld in obiger Sache vollstreckt. Die Betreuerin hat gezahlt.

ABER wir wollten ja eigentlich mit dem Zwangsgeld erreichen, dass eine Vermögensaufstellung abgegeben wird für einen Verstorbenen. Das wurde immer noch nicht getan.

Wie kann ich das jetzt in die Wege leiten?
Die eigene Frau des Verstorbenen ist w.o.e. 90 und nicht mehr in der Lage dazu. Also müsste die Betreuerin ran. Muss ich jetzt wieder ein Zwangsgeld festsetzen lassen? Diesmal ein höheres?

Danke schön.
Antworten