Pfändung von Pflichtteilsansprüchen vor Erbfall

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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Bea2603
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#1

18.08.2015, 10:02

Hallo zusammen,
mein Chef hat mir gerade die Aufgabe gestellt herauszufinden, ob es möglich sei den Pflichtteilsanspruch an einem Millionenerbe vor Eintritt des Erbfalls zu pfänden.
Kann mir hier jemand kurzfristig weiterhelfen?
Besteht die Möglichkeit?
Gibt es einen Mustertext?

Für eure Hilfe vielen Dank schon mal
Bea
:thx
Maddien
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#2

18.08.2015, 14:09

Nein.

Stöber, Rn 274

"Pfändbar ist der Anspruch auf den Pflichtteil vom Erbfall an, mit dem er entsteht (§ 2317 Abs. 1 BGB). Vor dem Erbfall besteht keine "Anwartschaft" oder "künftige Forderung" auf den Nachlass oder gegen den Erben. Vor dem Tod des Erblassers ist ein später möglicher Pflichtteilsanspruch nur eine nicht pfändbare Erwartung."

LG :)
läuft...
:huch
Geiselmann
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#3

18.08.2015, 18:57

Gepfändet wird der angebliche Anspruch des Schuldners an die Erben... (Drittschuldner) auf Zahlung des Pflichtteils nach dem am ... in... verstorbenen Erblasser.

Der Pflichtteilsanspruch ist übertragbar und damit auch pfändbar, § 2317 Abs. 2 BGB, 851 ZPO. Die Pfändbarkeit des Pflichtteilsanspruchs beginnt mit dem Erbfall.
Gem. § 852 Abs. 1 ZPO ist der Pflichtteilsanspruch der Pfändung nur unterworfen, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist. Der Pflichtteilsberechtigte soll alleine entscheiden können, ob er den Pflichtteil geltend macht.
Die vertragliche Anerkennung erfordert keine besondere Form, die Rechtshängigkeit tritt mit Zustellung der Klage ein.

Vor vertraglicher Anerkennung oder Rechtshängigkeit wird die Pfändung des Pflichtteilsanspruchs als aufschiebend bedingter Anspruch für zulässig erachtet. Dadurch wird die Entscheidungsbefugnis des Pflichtteilsberechtigten gewahrt. Durch diese Pfändung entsteht ein eingeschränktes Pfandrecht. Die Einschränkung entfällt nach vertraglicher Anerkennung oder Rechtshängigkeit.
Nach wirksamer Pfändung hat der Pfändungsgläubiger gegenüber den Erben einen Auskunftsanspruch über den Bestand des Nachlasses.


ZPO § 766; ZPO § 836 Abs. 3; ZPO § 852 Abs. 1 (Antrag auf Pfändung eines Pflichtteilsanspruchs muss keine Angaben zu seiner vertraglichen Anerkennung oder Rechtshängigkeit enthalten)
1. Ein Pflichtteilsanspruch kann vor vertraglicher Anerkennung oder Rechtshängigkeit als in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit aufschiebend bedingter Anspruch gepfändet werden. Der Anspruch ist dann ohne Einschränkung mit einem Pfandrecht belegt, darf aber erst verwertet werden, wenn er durch Vertrag anerkannt worden oder rechtshängig geworden ist.
2. Der Antrag auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses und dieser Beschluss müssen keine Angaben dazu enthalten, ob vertragliche Anerkennung oder Rechtshängigkeit vorliegen. Sie sind keine Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung.
3. Der gepfändete Pflichtteilsanspruch darf ferner dem Gläubiger erst zur Einziehung überwiesen werden, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist.
4. Schuldner und Drittschuldner können mit der Erinnerung nach § 766 ZPO geltend machen, dass die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO für die Überweisung zur Einziehung nicht vorliegen.
- BGH, Beschluss vom 26.02.2009, Az. VII ZB 30/08 -

S. Geiselmann
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