Gerichtsvollzieher lehnt Ratenzahlung des Schuldners ab

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
Jule69
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#1

29.11.2013, 14:34

Hallo ich habe in einem ZV-Auftrag mit aufgenommen, dass ich mit einer Ratenzahlung von mindestens 50,00 € einverstanden wäre. Jetzt schickt mir der GVZ die Unterlagen zurück, teilt mit dass der Schuldner Raten in Höhe von 50,00 € zahlen will, eine Einziehung durch den GVZ aber nicht möglich ist, da die Zahlung außerhalb des gesetzlichen Rahmens (12 Monate bis zur Vollständigen Tilgung) liegt.

Ich hatte aber schon mehrfach bei anderen GVZ vereinbart, dass die Einziehung trotzdem über den GVZ erfolgen soll, auch wenn das länger als ein Jahr dauert, da dieser dann gleich bei Ausbleiben der Rate, die ZV weiter betreiben kann.

Kann denn der GVZ die Einziehung ablehnen, obwohl ich ausdrücklich gesagt habe, dass ich mit einer Ratenzahlung in Höhe von monatlich 50,00 € einverstanden wäre?
Dane129
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#2

29.11.2013, 14:39

§ 802b Abs. 2 Satz 3 ZPO: Die Tilgung soll binnen zwölf Monaten abgeschlossen sein.

=> Eindeutig eine Soll- und eben keine Muss-Vorschrift! Würde ich dem GVZ so noch mitteilen

Sollte er sich weiterhin wehren, empfehle ich die Erinnerung gegen Art und Weise der ZV (§ 766 ZPO)
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MG
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#3

29.11.2013, 14:53

Dane129 hat geschrieben:§ 802b Abs. 2 Satz 3 ZPO: Die Tilgung soll binnen zwölf Monaten abgeschlossen sein.

=> Eindeutig eine Soll- und eben keine Muss-Vorschrift! Würde ich dem GVZ so noch mitteilen

Sollte er sich weiterhin wehren, empfehle ich die Erinnerung gegen Art und Weise der ZV (§ 766 ZPO)
Aber der GV "kann" nach pflichtgemäßem Ermessen eine länger Frist bestimmen... (§ 68 GVA (zu § 802b ZPO)).

Drum würde ich ihn nochmal daram bitten und Gründe darlegen, warum es hier notwendig ist. Eine Erinnerung o.ä. dürfte nur Erfolg haben, wenn man nachweisen könnte, dass er gegen sein pflichtgemäßes Ermessen verstoßen hat.

Gruß MG
Audiatur et altera pars!
Jule69
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#4

29.11.2013, 15:13

DANKE für Eure Meinungen, ich werde das mal so versuchen
Jule69
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#5

17.07.2014, 07:55

Ich muss noch einmal auf das Thema zurückkommen: Ich habe den GVZ mit der Abnahme der VA (ohne vorherige Pfändung) beauftragt. Vorher sollte die gütliche Erledigung erfolgen und ich teilte mit, dass ich mit Mindestraten in Höhe von 20 EUR einverständen wäre. Gestern rief mich der Schuldner an und meinte er will gern die von mir angebotenen 20 EUR monatlich über den GVZ zahlen, dieser lehnt das aber ab und teilte dem Schuldner mit, dass er mindestens 50 EUR zu zahlen hätte, sonst würde er das nicht machen. Daraufhin telefonierte ich mit dem GVZ. Sie meinte der Schuldner wäre Hartz IV Empfänger und da mache sie grundsätzliche keine Ratenzahlungen die länger als 1 Jahr dauern würden, da ja quasie der Staat meine Forderung bezahlen würde von dem Hartz IV Geld. Wenn ich mit ihm eine Ratenzahlungsvereinbarung über 20 EUR schließen wolle könne ich das gern machen, sie macht es nicht. Ich darauf hin: Aber ich habe Ihnen doch in meinem ZV-Auftrag mitgeteilt, dass ich einverstanden wäre. Sie das ist ja schön, aber sie macht das nicht, weil es ja länger als ein Jahr dauert (ich wies sie auch daraufhin, dass es eine Kann-Vorschrift keien Muss-Vorschrift ist), war nix zu machen. Ich meinte, wenn der Schuldner jetzt direkt an mich zahlt, müsste ich ja den ZV-Auftrag ruhend stellen, dann schickt sie mir die Unterlagen nach einem halben Jahr mit Kosten zurück dann zahlt z. B. der Schuldner nach 8 Monaten nicht mehr und dann würde ich sie ja wieder beauftragen und es würden wieder neue Kosten entstehen, daraufhin der GVZ: "Ja aber dann haben sie ja die Kosten vom ersten Auftrag durch die Ratenzanlung bereits wieder drin"...

Hat jemand eine Idee/Vorschlag? Würdet Ihr Erinnerung einlegen? Ich meine ich bin doch "Herr des Verfahrens" und wenn ich mich mit 20 EUR einverstanden erkläre müsste sie das doch machen oder nicht?
Dane129
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#6

17.07.2014, 09:14

Zöller, 30. Auflage, § 802b, Rn. 10:

Bei Festlegung der Raten ist den Interessen von S und Gl nach den Besonderheiten des Einzelfalls angemessen Rechnung zu tragen (Bestimmung nach Ermessen des GV). ... Abgeschlossen sein soll die Tilgung binnen 12 Monaten. ... In einem Ausnahmefall kann der GV nach pflichtgemäßen Ermessen auch eine längere Tilgungsfrist gewähren (Sollvorschrift, BT-Drs, 16/10069, S. 25)

BT-Drs 16/10069, S. 25: (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/100/1610069.pdf)

Als Tilgungsfrist werden in Satz 3 entsprechend der Regelung in § 813a Abs. 1 S. 1 ZPO zwölf Monate festgesetzt. Die Tilgungsfrist von sechs Monaten in § 806b Satz 3 und § 900 Abs. 3 ZPO wurde in der Vollstreckungspraxis als zu kurz bezeichnet. Auf Grund der Ausgestaltung als Sollvorschrift kann der GV nach pflichtgemäßen Ermessen in Ausnahmefällen auch eine längere Tilgungsfrist gewähren.

=> Die Bestimmung ist auch nach Vorgabe des BT klar eine Sollvorschrift.

Pflichtgemäßes Ermessen beinhaltet eine an der gesetzlichen Zielvorstellung ausgerichtete angemessene und sachgerechte Lösung im Einzelfall. Ausgehend von der Pflicht des GV; nur die notwendigen Kosten entstehen zu lassen, muss der GV die jeweils im Widerstreit befindlichen wirtschaftlichen Interessen mit sachlichen Argumente gerecht und angemessen gegeneinander abwägen (Schröder-Kay, Das Kostenwesen der Gerichtsvollzieher, 13. Auflage, Heidelberger Kommentar, § 1, Rn. 36 - Seite 51).

Ich würde klar damit argumentieren, dass der Schuldner Hartz IV bezieht und zu größeren Ratenzahlungen nicht möglich ist und ihr euch mit den EUR 20,00 einverstanden gebt. Insoweit sind in diesem Einzelfall höhere Ratenzahlungen nicht möglich, so dass von der Sollvorschrift abgewichen und eine längere Dauer vereinbart werden kann.

Ich würde dies dem GVZ auch so nochmals mitteilen und darauf hinweisen, dass bei erneuter Verweigerung dann wohl das Gericht darüber entscheiden müsste. Vorsorglich würde ich auch nochmals mit dem Schuldner sprechen, ob eine RZV ohne GV möglich ist. Sollte der Schuldner dies nicht wollen, sollte die Erinnerung nach § 766 ZPO in Erwägung gezogen werden.

Ich würde aber vorab den GVZ auf obige Zitate hinweisen und zur Vereinbarung der RZV auffordern. Für den Fall einer Weigerung soll er darstellen, weshalb der Einzelfall nach pflichtgemäßen Ermessen nicht von der Sollvorschrift abweichen können soll.
silvester
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#7

17.07.2014, 15:47

Die Frage ist auch, was ist länger als 12 Monate? Ich habe auch von einem Auftrag gehört, da liefe die Ratenzahlung 12 Jahre (wenn auf die ja weiterlaufenden Zinsen verzichtet werden würde).

Bei einer Rate von 20 EUR gehen rund 25 % des Zahlbetrags an Kosten für den Gerichtsvollzieher drauf.
Es verlängert sich mithin auch die Dauer der Ratenzahlung.

Bei einem Hartz IV Empfänger kann der GV leicht auf die fehlende Sicherheit bei der Ratenzahlung hinweisen und die Ablehnung erfolgte im Rahmen seiner Prognoseentscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen.
Dane129
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#8

17.07.2014, 16:17

silvester hat geschrieben:Bei einem Hartz IV Empfänger kann der GV leicht auf die fehlende Sicherheit bei der Ratenzahlung hinweisen und die Ablehnung erfolgte im Rahmen seiner Prognoseentscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen.
Das mag richtig sein, aber ich bin der Ansicht, dass der Entscheidung des Gläubigers hier als "Herr des Vollstreckungsverfahrens" ein größeres Gewicht zukommen müsste.

Jeder, der sich in der Praxis mit Forderungsbeitreibung beschäftigt, weiß, wie hart es ist, die ZV gegen Hartz IV Empfänger zu betreiben, da meist keinerlei pfändbare Habe vorhanden sind.

Zahlen derartige Schuldner dann Teilbeträge und werfen diese nach Abzug der GVZ-Kosten noch genug ab, dann sollte es im Ermessen des Gläubigers stehen, ob er sich hiermit einverstanden erklärt oder nicht.

Ich kann aber insoweit auch nicht den Schuldner verstehen, dass er nicht an den Gläubiger direkt zahlen möchte, nachdem durch die Zahlung über den GVZ unnötig weitere Kosten entstehen.
H.Stummeyer
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#9

18.07.2014, 20:41

Dane129 hat geschrieben:...aber ich bin der Ansicht, dass der Entscheidung des Gläubigers hier als "Herr des Vollstreckungsverfahrens" ein größeres Gewicht zukommen müsste.
Herr des Verfahrens bedeutet salopp gesagt, Sie können einen Antrag stellen und auch ggfls. zurücknehmen.

Gerichtsvollzieher sind selbständige Organe der Rechtspflege, und auch ich lasse mir nicht gerne vorschreiben, 20,00 € Raten zu kassieren, bei denen bei Abholung der Raten lediglich 11,95 € beim Gläubiger ankommen. Und das evtl. bei einer Forderung von 1000,00 €.
Dane129
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#10

17.09.2014, 15:21

Zur Thematik der Tilgung innerhalb der 12 Monate und allgemein zur gütlichen Erledigung nach § 802b ZPO befindet sich in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Forderung & Vollstreckung" ein sehr guter und vor allem zum Lesen mehr als empfehlenswerter Artikel.
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