Insolvenz und Gläubiger wusste nichts davon

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
Schnattchen
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#1

09.11.2011, 12:45

Hallo, ich habe folgendes Problem:

Wir haben eine Forderungssache, die schon ewig läuft ('93). Es ist immer wieder mal vollstreckt worden, immer mit dem Ergebnis dass der Schu. die eV geleistet hat. Nun sind mal wieder die 3 Jahre um gewesen und wir haben den Schuldner mal "freundlich angeschrieben". Jetzt teilt dieser auf einmal mit, dass er in 2009 bereits Insolvenz angemeldet hat. Hiervon wussten wir bzw. Gläubiger nichts. Es gab kein Schreiben des Insolvenzverwalters zwecks Forderungsanmeldung, etc. Eine nachträgliche Forderungsanmeldung haben wir versucht, wurde jedoch vom Insolvenzverwalter als "nicht mehr möglich" zurückgeschickt.
Meine Frage ist nun: Was ist mit unserer Forderung? Können wir die vergessen? Wir bzw. Gläubiger haben es ja nicht schuldhaft versäumt, die Forderung anzumelden. :fluch

Ist etwas länger geworden, sorry.
Danke schonmal für Eure Hilfe!
Jupp03/11

#2

09.11.2011, 12:49

Welchen Grund hat der Inso-Verwalter denn angegeben?
Über den Stand des Verfahrens kann man sich im übrigen auch über Internet informieren.

Bzgl. eines schuldhaften Versäumnisses gibt es auch Gegenansichten. Ich vertrete diese.
Schnattchen
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#3

09.11.2011, 12:53

Einen Grund hat der Inso-Verw. gar nicht angegeben. Welche gegenteilige Meinung vertrittst du denn? Bin nicht gerade InsO-Fachfrau (wie man merkt) und daher für jede Hilfe / Tip dankbar!
Ernie

#4

09.11.2011, 13:02

@ Jupp: Man "kann" sich nicht nur im Netz informieren, sondern es wird regelmäßig "angeraten", denn gemäß § 9 III InsO genügt die öffentliche Bekanntmachung zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten, auch wenn dieses Gesetz neben ihr eine besondere Zustellung vorschreibt.
Jupp03/11

#5

09.11.2011, 13:03

Meine Bearbeitungsweise derartiger -oft aussichtsloser- Inkassosachen war eine andere; bei mir gab es keine Fristen von drei Jahren und dann wieder von vorn anfangen. Bei relativ hohen Forderungen habe ich WV-Fristen von ca. einem Jahr gehabt und dann Schuldnerkartei und Inso geprüft. Bei den übrigen Forderungen über 1.000,00 € WV-Fristen von etwa einem Jahr und dann Inso geprüft. So ging mir keiner durch die Latten.
Ernie

#6

09.11.2011, 13:08

Der BGH hat in aktuellen Urteil entschieden, dass die Restschuldbefreiung auch dann zu versagen ist, wenn letztlich trotz der fehlenden Angabe eines Gläubigers keine Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger erfolgt ist. Der Versagungsgrund wegen nicht vollständiger Gläubigerauflistung aus § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO greift folglich auch dann ein, wenn es im konkreten Fall nicht zu einer Gläubigerbenachteiligung gekommen ist, weil der Gläubiger beispielsweise anderweitig vom Insolvenzverfahren erfahren und seine Forderung noch rechtzeitig angemeldet hat (BGH, Beschluss vom 24.03.2011, AZ IX ZB 80/09).

Diese Entscheidung des BGH liegt in einer Linie mit einem vorherigen Urteil, in dem die Versagung der Restschuldbefreiung sogar (nach Auffassung des BGH zu Recht) in einem Fall erfolgt ist, in dem die Forderung des betreffenden Gläubigers vom Insolvenzschuldner bestritten wurde (BGH, Beschluss vom 02.07.2009, AZ IX ZB 63/08). Auch streitige Forderungen müssen also vom Insolvenzschuldner bei Antragstellung angegeben werden.
Hasinator
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#7

09.11.2011, 15:35

ich arbeite in einer reinen Insolvenzverwalterkanzlei... Sowas kommt öfter vor, dass Gläubiger nicht angegeben werden... Antrag auf Versagung Restschuldbefreiung ans zuständige Insolvenzgericht und dann hat sich des, dann kannst nämlich weiterhin Vollstrecken ;)
tiko73

#8

09.11.2011, 16:43

Seit wann ist das denn so, dass man RSB-Versagung beantragen kann, weil man "vergessen" wurde?
Wir haben bislang die Sachen dann immer abgehakt. Dachte auch, der Gläubiger muss sich eben drum kümmern, dass er vom Inso-Verfahren erfährt und das Vergessen durch den Schuldner sei gerade kein Versagungsgrund.
Jupp03/11

#9

09.11.2011, 19:28

Ernie hat geschrieben:Der BGH hat in aktuellen Urteil entschieden, dass die Restschuldbefreiung auch dann zu versagen ist, wenn letztlich trotz der fehlenden Angabe eines Gläubigers keine Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger erfolgt ist. Der Versagungsgrund wegen nicht vollständiger Gläubigerauflistung aus § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO greift folglich auch dann ein, wenn es im konkreten Fall nicht zu einer Gläubigerbenachteiligung gekommen ist, weil der Gläubiger beispielsweise anderweitig vom Insolvenzverfahren erfahren und seine Forderung noch rechtzeitig angemeldet hat (BGH, Beschluss vom 24.03.2011, AZ IX ZB 80/09).

Diese Entscheidung des BGH liegt in einer Linie mit einem vorherigen Urteil, in dem die Versagung der Restschuldbefreiung sogar (nach Auffassung des BGH zu Recht) in einem Fall erfolgt ist, in dem die Forderung des betreffenden Gläubigers vom Insolvenzschuldner bestritten wurde (BGH, Beschluss vom 02.07.2009, AZ IX ZB 63/08). Auch streitige Forderungen müssen also vom Insolvenzschuldner bei Antragstellung angegeben werden.
Jupp03/11

#10

09.11.2011, 19:32

Ich hatte Ernies Beitrag zitiert und dann zu den Urteilen was geschrieben. War ein wenig länger, natürlich kam wieder der Mist von gestern und ich hab keine Lust, alles nochmal reinzuschreiben.

Im Ergebnis halte ich fest, dass die pauschale Behauptung, Restschuldbefreiung wird versagt, falls ein Gläubiger vergessen wurde, nicht haltbar ist, wenn man sich die Beschlüsse mit Begründung durchliest. Hier verweise ich nur auf den Beitrag von Hasinator.

Bevor dieses Thema in die Versenkung verschwindet und andere User dann ggf. diese Geschichte falsch auffassen könnten, es ist nicht so, dass pauschal unter Berufung auf diese Beschlüsse des BGH die Restschuldbefreiung versagt wird....
Zuletzt geändert von Jupp03/11 am 09.11.2011, 21:31, insgesamt 1-mal geändert.
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