Anfechtung durch Insolvenzverwalter zwei Jahre nach Zahlung

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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Kanzleihund
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#21

20.10.2017, 11:25

Ob die vier Jahre maßgeblich sind, da müsstest Du mal von dem Tag der Antragstellung (nicht dem Eröffnungszeitpunkt) exakt zurück rechnen. Wenn ich jetzt Deine wenigen Angaben Revue passieren lasse, dürfte zumindest ein Teil der Zahlungen noch in den Vier-Jahres-Zeitraum fallen.

Darüber hinaus musst Du nur eine Methode finden, dass zwar die Endsumme stimmt, aber die Zahlungen nur pauschal aufgeführt sind. Verdächtig ist nämlich immer, wenn ich erst einmal sehe, wie viel Vollstreckungsgebühren gezahlt wurden und dass danach (vielleicht sogar noch unregelmäßige) Ratenzahlungen erfolgen. Man könnte sich von dem computergenerierten Forderungskonto lösen, alle Forderungen aufführen und dann die geleisteten Raten als Pauschalsumme abziehen.

Wenn es sich um ein Gewerbemietverhältnis handelt, könntet Ihr schlechte Karten haben. Denn die schleppende Zahlung betriebsnotwendiger Verbindlichkeiten ist in der Regel ein Indiz für eine Zahlungsunfähigkeit des Mieters. Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof die Insolvenzanfechtung in zwei Entscheidungen (IX ZR 111/14 und IX ZR 178/16) auch im Fall der Zwangsvollstreckung relativ stark beschnitten. Es besteht also eine gewisse Gefahr, die halte ich aber für begrenzt.
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#22

20.10.2017, 13:35

Hallo Kanzleihund,

vielen Dank für Deine Antwort. Die Pauschalsumme sollte dann aber mit Datum eines früheren Zeitraums, also praktisch vor den vier Jahren liegen? Oder wäre da zum Beispiel 2013 kein Problem? Da wurden zum letzten Mal Raten geleistet.
Liebe Grüße

Sylvia

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#23

23.10.2017, 08:27

Letztendlich ist es egal, ob Du Deiner Forderungsanmeldung eine Forderungsaufstellung beigefügst, aus der sich die Zahlungen ergeben, oder nicht. Der Insolvenzverwalter sieht auch an Kontoauszügen, etc., dass Zahlungen erfolgt sind.
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Kanzleihund
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#24

24.10.2017, 09:52

Aber dafür muss der Insolvenzverwalter erst mal aussagekräftige Buchhaltungsunterlagen des Insolvenzschuldners in seinen Besitz bringen. Das ist in vielen Fällen gar nicht so einfach bis ausgeschlossen. Wenn einem dann natürlich der Gläubiger die Daten liefert .... :yeah
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#25

24.10.2017, 11:49

Hallo zusammen,
also grundsätzlich ist es bei mir so: stimmen Forderung gem. Titel und angemeldete Forderung nicht überein, gehe ich erstmal immer davon aus, dass Zahlungen geflossen sind. Ob der Gläubiger mir die nun genau beziffert ist für den "oho-da-könnte-was-sein-Effekt" erstmal nicht relevant.

Ob eine Anfechtung aber überhaupt Sinn macht, steht dann auf einem ganz anderen Blatt Papier. Der eine Insolvenzverwalter erklärt die Anfechtung erstmal für alles was nach Zahlung aussieht, hofft, dass möglichst viele Gläubiger möglichst viel ohne zu zucken bezahlen und geht möglicherweise gegen den Rest nicht mehr wirklich vor. Allerdings werden die Rückgewähransprüche von den meisten Insolvenzverwaltern ordentlich ermittelt, sodass man da häufig nicht so leicht raus kommt. Voraussetzung hierfür ist natürlich - wie kanzleihund schon geschrieben hat - dass man vom Schuldner erstmal ordentliche Unterlagen bekommt und daran scheitert es manchmal schon.

In eurem Fall sind ja verschiedene Konstellationen möglich: Zahlt der spätere Insolvenzschuldner in einem bestehenden Gewerbemietverhältnis nicht oder nur schleppend, dann ist das normalerweise für jeden Insolvenzverwalter eine Steilvorlage um alle Zahlungen gem. § 133 InsO anzufechten (wurde ja bereits geschrieben). Das würde ich in diesem Fall auch versuchen, selbst wenn ich vom Schuldner nicht ein Fitzelchen Papier erhalten hätte :teufel

War das Mietverhältnis zum Zeitpunkt der Zahlungen bereits beendet, kann die Sache aber schon ganz anders aussehen. Eventuell ist dann nur noch Anfechtung im Rahmen der §§ 130 oder 131 InsO möglich.

Fakt ist jedenfalls: Ob die Zahlungen nun genau aufschlüsselst oder bloß allgemein "Zahlungen" schreibst oder Raten oder sonst irgendwas spielt eigentlich keine Rolle, der Insolvenzverwalter (sollte) durch die Differenz der Zahlen aufmerksam werden.
Dumme Gedanken hat jeder, nur der Weise verschweigt sie. Wilhelm Busch
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