Abfindungszahlung während der Insolvenz

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
Honig
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#1

17.06.2011, 08:38

Folgender Sachverhalt:
Unser Mandant ist Drittschuldner und hat im Mai 2008 einen PfÜB zugestellt bekommen vom Land. Gepfändet wurde Lohn wegen Unterhaltsvorschuss, die der Schuldner (also der Arbeitnehmer unseres Mandanten) jetzt zurück zahlen muss. Im Juli 2008 wurde über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet. Soweit alles schön.
Jetzt wurde der Schuldner von unserem Mandanten entlassen und hat ne dicke Abfindung erhalten (Auszahlung soll jetzt im Juni erfolgen). Die Abfindung geht doch vollständig an den Insolvenzverwalter, oder? Unser Mandant ist nun der Meinung, dass er die Pfändung vom Land befriedigt wird und der Rest an den Insolvenzverwalter geht?!?
BabyBen

#2

19.06.2011, 12:07

Bitte setz Dich mit dem Insolvenzverwalter in Verbindung. Mir erscheint der PfÜB aus insolvenzrechtlichen Gründen unwirksam. Trotzdem kann der Schuldner einen Antrag stellen, dass nicht die gesamte Abfindung an den Insolvenzverwalter fließt.
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Pepsi
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#3

19.06.2011, 12:35

aber solange es den PfÜB gibt muss er doch bedient werden oder?
BabyBen

#4

19.06.2011, 14:20

im Grunde schon - aber: Hier kann sich der Drittschuldner nur in die Nesseln setzen. Der PfÜB wirkt nach § 114 InsO nach Eröffnung nur noch für einen ganz kleinen Zeitraum. Hier kommt hinzu, dass er zwar momentan in der Welt ist, aber auf Veranlassung des Insolvenzverwalters wegen §§ 129 ff. InsO aufzuheben ist. Daneben kann der Schuldner einen Anspruch stellen, dass ihm ein Teil der Abfindung verbleibt. Auf den ganzen Kuddelmuddel würde ich mich als Drittschuldner nicht einlassen.
Honig
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#5

20.06.2011, 08:22

BabyBen, hast wohl recht. Soll sich der Insolvenzverwalter drum kümmern. Werde ich dem Mandanten dann wohl raten, den Insolvenzverwalter anzuschreiben, dass dieser mitteilt, wie mit der Abfindung zu verfahren ist?!?
Fuli
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#6

28.05.2018, 16:02

Hallo an Alle,

ich bin verwirrt und im Insolvenzrecht absolut ahnungslos. Jetzt soll ich was prüfen. Folgender Sachverhalt:

Hintergrund ist, dass unser Mandant (Drittschuldner) einen Vertrag mit einem Freiberufler hat, der als Auftragnehmer für unseren Mandanten (Drittschuldner) ein Kind in seiner Projektstelle betreut. Dieser hatte für eine „alte“ Sache eine Bürgschaft abgelegt und dafür bekam unser Mandant (Drittschuldner) Ende Juni 2017 einen Pfändungsbeschluss. Nach einigem hin und her zwischen dem Anwalt des Schuldners und unserem Mandanten (Drittschuldner) überweisen sie nun seit Juli´17 dem Gläubiger monatlich.

Nun bekam unser Mandant (Drittschuldner) gestern ein Schreiben von dem Schuldner, dass ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde und unser Mandant (Drittschuldner) nun keine Zahlung an den Gläubiger mehr leisten darf.

Frage 1: Stimmt das alles so??? Ist der Pfüb durch das Insolvenzverfahren aufgehoben? An wen muss unser Mandant nun zahlen?
Frage 2: Kann man überhaupt Honorarbeträge als "Gehalt" pfänden? Also gemäß ZPO meine ich schon oder irre ich mich da?

Mir raucht den ganzen Tag schon der Kopf. Würde mich über positive Rückmeldungen wahnsinnig freuen. Lieben Dank schon einmal im Voraus.
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mücki
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#7

29.05.2018, 09:07

Fuli hat geschrieben:Hallo an Alle,

ich bin verwirrt und im Insolvenzrecht absolut ahnungslos. Jetzt soll ich was prüfen. Folgender Sachverhalt:

Hintergrund ist, dass unser Mandant (Drittschuldner) einen Vertrag mit einem Freiberufler hat, der als Auftragnehmer für unseren Mandanten (Drittschuldner) ein Kind in seiner Projektstelle betreut. Dieser hatte für eine „alte“ Sache eine Bürgschaft abgelegt und dafür bekam unser Mandant (Drittschuldner) Ende Juni 2017 einen Pfändungsbeschluss. Nach einigem hin und her zwischen dem Anwalt des Schuldners und unserem Mandanten (Drittschuldner) überweisen sie nun seit Juli´17 dem Gläubiger monatlich.

Nun bekam unser Mandant (Drittschuldner) gestern ein Schreiben von dem Schuldner, dass ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde und unser Mandant (Drittschuldner) nun keine Zahlung an den Gläubiger mehr leisten darf.

Hat er das Schreiben vom Schuldner oder vom Insolvenzverwalter erhalten?

Frage 1: Stimmt das alles so??? Ist der Pfüb durch das Insolvenzverfahren aufgehoben? Kommt drauf an. An wen muss unser Mandant nun zahlen? Aufgrund des PfÜb's an niemanden.
Frage 2: Kann man überhaupt Honorarbeträge als "Gehalt" pfänden? Also gemäß ZPO meine ich schon oder irre ich mich da?
Gegenfrage, warum sollte Honorar nicht pfändbar sein?

Mir raucht den ganzen Tag schon der Kopf. Würde mich über positive Rückmeldungen wahnsinnig freuen. Lieben Dank schon einmal im Voraus.
Kurze Zusammenfassung: Wurde der PfÜb in einem Zeitraum von 3 Monate vor Insolvenzantragstellung zugestellt, ist sowohl der PfÜb an sich, als auch sämtliche Zahlungen die darauf geleistet wurden nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO gegenüber dem Gläubiger anfechtbar. Erfolgte die Zustellung vor dem 3-Monatszeitraum, bleiben trotzdem die Zahlungen während des 3-Monatszeitraums anfechtbar aber der PfÜb an sich nicht. Eine entsprechende "Anfechtungserklärung" muss aber der Insolvenzverwalter vornehmen und ist für uninteressant.

Ist das von dir erwähnte Schreiben vom Insolvenzverwalter gekommen, dürft ihr auf Grundlage des PfÜb's tatsächlich nicht mehr an den Gläubiger leisten. Kam das Schreiben vom Schuldner, wäre zunächst zu prüfen, ob tatsächlich ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, sofern der Eröffnungsbeschluss nicht beigefügt war. Auch in diesem Fall, braucht ihr nicht mehr zu leisten, müsstet dann aber ggf. mit dem Insolvenzverwalter in Kontakt treten. Sofern nämlich pfändbare Beträge entstehen, ist es gut möglich, dass ihr diese nun an die "Masse" abführen müsst.

VG
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Fuli
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#8

29.05.2018, 11:47

Hallo Mücki,

ich danke Dir für Deine Antwort. So nach eigener Rücksprache mit dem Mandanten konnte ich herausfinden, dass nicht der Gläubiger insolvent ist, sondern der Schuldner. Das was ich bisher herausfinden konnte, dürften Deine Ausführungen aber auch für diesen Fall passend sein, oder?

Das Schreiben hat der Schuldner von seinem eigenen Insolvenzanwalt erhalten und an unseren Mandanten (Drittschuldner) nur per Handy weitergeleitet. Habe dann gestern einen Auszug gezogen und tatsächlich, es ist Privatinsolvenz eröffnet worden.

Wie muss sich unser Mandant (Drittschuldner) denn jetzt verhalten, da wir ja einen Auszug haben und somit wissen, dass Privatinsolvenz läuft. Sollen wir den Insolvenzverwalter anschreiben oder einfach weiter zahlen und warten, bis der Insolvenzverwalter unseren Mandanten auffordert nicht mehr zu zahlen? Er wird sich das gezahlte Geld ja dann vom Gläubiger holen, oder?

LG und danke nochmal.


Achso, nochmal als Nachtrag:

In dem Auszug stand, dass der Insolvenzverwalter dem Gericht erklärt hat, dass das Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit (dann die komplette Bezeichnung seines Berufs) nicht zur Insolvenzmasse gehört und diese Ansprüche nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Auf § 295 II InsO wurde hingewiesen.

Heißt das jetzt, dass dem SChuldner das Geld aus dieser Tätigkeit komplett bleibt und unser Mandant an ihn ab sofort alles auskehren und nichts mehr an den Gläubiger zahlen darf. Oder bedeutet es genau das Gegenteil, dass es wie bisher quasi weiterläuft, unser Mandant (Drittschuldner) an den Gläubiger weiterhin zahlt.
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mücki
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#9

29.05.2018, 12:36

Fuli hat geschrieben:Hallo Mücki,

ich danke Dir für Deine Antwort. So nach eigener Rücksprache mit dem Mandanten konnte ich herausfinden, dass nicht der Gläubiger insolvent ist, sondern der Schuldner. Das was ich bisher herausfinden konnte, dürften Deine Ausführungen aber auch für diesen Fall passend sein, oder?
Das habe ich deinen Ausführungen auch so entnommen, wäre der Gläubiger insolvent, wäre dies für euch nur insoweit interessant, als dass ihr die pfändbaren Beträge dann an dessen Insolvenzverwalter abgeführt werden müssten. Insofern sind meine Ausführungen auf euren Fall "abgestimmt". ;)

Dass der Insolvenzverwalter die selbständige Tätigkeit aus der Masse freigegeben hat, hat vermutlich den Hintergrund, dass dieser es vermeiden möchte, Masseverbindlichkeiten zu produzieren, die dann mglw. nicht gedeckt sind.

Ich würde mich jetzt erst einmal mit dem Insolvenzverwalter in Verbindung setzen (und zwar erst einmal telefonisch) und ihn darüber informieren, dass bei euch ein PfÜb bzgl. der Honorare vorliegt. Dort wird man euch dann auch sagen, ob und ggf. welche Unterlagen ihr zur Prüfung übersenden sollt. Ihr dürft - soviel schon vorab - aufgrund des eröffneten Verfahrens nicht mehr an den Gläubiger leisten (Sinn und Zweck eines Insolvenzverfahrens ist es gerade, dass nicht mehr vollstreckt werden kann und sich der Insolvenzschuldner seiner Schulden "entledigen" kann). Ob und in welcher Höhe ihr ggf. Beträge an die Masse zahlen müsst, müsst ihr mit dem Verwalter klären.
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#10

06.06.2018, 08:21

Vielen vielen Dank, das hilft mir schon einmal sehr weiter. Konnte die Sache zum Glück paar Tage weglegen, da die zuständige Anwältin nicht da war und ich auch Urlaub hatte :)
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