Rechtsanwalt gibt Titel nicht heraus

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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rip3000
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#1

08.04.2009, 15:38

Hallo, wie würdet ihr folgenden Fall beurteilen:
der Mandant war mit seinem alten Rechtsanwalt beim Jugendamt und hat dort mit dem Unterhaltsschuldner eine Vereinbarung über Kindesunterhalt getroffen. Es wurde eine Jugendamtesurkunde erstellt, die sich im Besitz des alten Rechtsanwalts befindet. Wirhaben ihn zur Herausgabe des Vollstreckungstitels aufgefordert. Der will die Urkunde aber nicht herausgeben, weil noch eine Honorarforderung offen sei. Kann er denn einfach die Urkunde zurückhalten. Was meint ihr?
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schneewittchen1984
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#2

08.04.2009, 15:47

Ja, der Anwalt hat ein Zurückbehaltungsrecht und darf die Originale solange bei sich behalten, bis die offenen Rechnungen bezahlt sind, siehe § 50 BRAO.
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skugga
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#3

08.04.2009, 15:57

Obacht. Nach § 50 Abs. 3 BRAO kann aber im Einzelfall die Zurückbehaltung von Unterlagen unangemessen sein. Im vorliegenden Fall wäre ich also vorsichtig, wenn da dem Unterhaltsgläubiger ein Schaden durch die Zurückbehaltung entstehen kann. Ich würde den alten RA unter Hinweis auf § 50 Abs. 3 BRAO und eventuelle Schadenersatzpflichten nochmal höflich zur Herausgabe auffordern und mir vorbehalten, im Falle der Nichtherausgabe mich an die zuständige RAK zu wenden.
Milchreis schmeckt ganz vorzüglich, wenn man ihn kurz vor dem Verzehr durch ein saftiges Steak ersetzt.
rip3000
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#4

08.04.2009, 16:01

danke für den Hinweis. Hab mir § 50 BRAO mal genauer angesehen.
Im Prinzip besteht ein Zürückbehaltungsrecht (ZBHR) wegen offener Forderungen. Nach S.2 gilt dies jedoch nicht, wenn die Vorenthaltung unangemessen ist.
Meinste das hat Chancen, wenn man sich darauf beruft. Schließlich geht es um einen Vollstreckungstitel und nicht irgendein Schreiben .

Gibt es eine Möglichkeit eine 2. vollstreckbare Ausfertigung zu bekommen, vielleicht vom Jugendamt?
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skugga
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#5

08.04.2009, 16:03

Ich denke schon, dass das Chancen hat. Bezüglich der 2. vollstreckbaren Ausfertigung muss ich eher passen. Vermutlich müßte man da aber zumindest nachweisen, dass man alle möglichen und zumutbaren Schritte unternommen hat, an den ursprünglichen Titel zu kommen. Frag da doch einfach parallel nach.
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