Insolvenzverfahren

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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Tölpel
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#1

18.07.2008, 15:23

Hallo,

bin huete zum ersten Mal im Forum und bin noch etwas ungeschickt. Ein Insolvenzverwalter behauptet, dass Zahlungen, die vor Insolvenzeröffnung an den Gläubiger geleistet wurde, zurückgefordert werden können, wenn bekannt war, dass der Schuldner in Zahlungsschwierigkeiten war. Dies würde bis zu 10 Jahre zurück liegende Zahlulngen betreffen. Wenn Gläubiger Ratenzahlungen gewährt, weil Schuldner erwähnt, dass er mehrere Gläubiger hat, wäen die Voraussetzungen zur Rückforderung erfüllt. Ich kann das nicht glauben und bitte um Rat.

Abi
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blackcat
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#2

18.07.2008, 15:28

Das mit der Rückforderung stimmt.
Ich weiß nur leider im Moment nicht, über welche Zeitperiode sich die Rückzahlung beläuft.
[url=http://ticker.7910.org/deu][img]http://ticker.7910.org/an1dzwz07KB1102MDA1MTMxbHN8NDIxNDU1bGF8U2lsYmVyaG9jaHplaXQ.gif[/img][/url]
Manu_75

#3

18.07.2008, 15:30

Erstmal herzlich willkommen im Forum!

Hab mich eben auch erstmal "schlau" gemacht, kannte vorher nur die 3-Monats-Frist, in der einzelne Gläubiger möglicherweise was zurückzahlen müßten.

Grundsätzlich ist nach § 133 InsO eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten 10 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.

Aber lies mal hier, da gibt es eine Entscheidung, die das verneint:

http://www.justiz.baden-wuerttemberg.de ... OT=1180141
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Tölpel
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#4

18.07.2008, 18:43

Vielen Dank für die prompte Antwort.

Dass die Rückforderung nicht in Frage kommt, wenn die Zahlungen über den Gerichtsvollzieher erfolgt sind, hat dieser Insolvenzverwalter bestätigt. Würde die Ratenzahlungsvereinbarung aber zwischen Schuldner und Gläubiger bzw. dessen Anwalt getroffen, käme die Rückforderung auch noch nach Jahren in Frage. Der Mandant müsste damit rechnen, verklagt zu werden, zur Rückzahlung verurteilt und mit den Prozeßkosten belastet zu werden. Der Insolvenzverwalter empfhielt deshalb, Gelder nur über den Gerichtsvollzieher einzuziehen. Das halte ich für wenig praktikabel. Bisher habe ich jedenfalls fast jedes Ratenzahlungsangebot angenommen, damit überhaupt was rum kommt. Hinzu kommt, dass der Gerichtsvollzieher Raten nur annehmen darf, wenn die Ratenhöhe annehmen lässt, dass die Forderung innerhalb von 6 Monaten getilgt sein wird.
Manu_75

#5

18.07.2008, 20:38

Ich seh das natürlich genauso; wir sind auch immer froh, wenn Raten gezahlt gezahlt werden. Heutzutage nimmt man ja alles, was man kriegen kann. Und wenn der Schuldner sich gleich direkt meldet und Raten anbietet, ist das noch besser, keine weiteren ZV-/GVZ-Kosten...

Aber wenn ich mir nochmal den § 133 InsO ansehe, dann kommt doch eine Rückforderung seitens des Insolvenzverwalters nur in Betracht, wenn der Schuldner mit seinen Raten an Euch vorhatte, die anderen Gläubiger zu benachteiligen UND Ihr von diesem Vorsatz der Benachteiligung gewußt habt.

Da stellt sich mir die Frage, wie der Insolvenzverwalter das mal eben nachweisen will. Aber ich geb auch gern zu, daß ich nicht grad der Experte auf dem Gebiet der Insolvenz bin. Vielleicht haben einige unserer anderen Cracks noch einen Kommentar dazu.

Geht es denn um viel Geld, das zurückgefordert wird? Dann sollte man vielleicht schon das Risiko eines Prozesses abwägen...
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Tölpel
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#6

18.07.2008, 21:34

Nein, es geht nicht viel um Geld. Diese Information, dass Gelder nach Jahren zurückverlangt werden können, versetzt nur das ganze Büro in Aufruhr. Ich bin auch der Meinung, dass man dem Schuldner den Vorsatz, andere Gläubiger zu benachteiligen, schwer nachweisen kann und dem Gläubiger schon gar nicht, dass er von dem Vorsatz gewusst hat. Dennoch gibt es Stimmen, die jetzt fordern, dass wir keine Ratenzahlungsvereinbarungen mehr mit dem Schuldner direkt treffen sollen. Da dieser Vorschlag von einer sehr erfahrenen Kollegin kommt, muss ich mein Wissen hierzu wohl doch etwas vertiefen, bin nämlich auch keine InsO-Experte. Hinzu kommt, dass man empfiehlt, den Mandanten auf dieses Problem hinzuweisen. Mir erscheint diese Problem aber nicht brisant genug, um Mandanten zu vergraulen.

Liege ich da richtigt?
Manu_75

#7

19.07.2008, 11:08

Ich sehe das eigentlich genauso wie Du. Ich bearbeite bei uns im Büro seit Jahren die Mahn-/ZV-Sachen. Und ziemlich häufig treffe ich Ratenzahlungsvereinbarungen direkt mit den Schuldnern. Davon würde ich jetzt auch nicht abrücken, zumal der geschilderte Fall mir noch nie untergekommen ist. Wie gesagt, wie will der Insolvenzverwalter das denn nachweisen??

Und wenn der Schuldner erst Raten anbietet, wir das ablehnen und später in der ZV letztlich gar nichts gezahlt wird?? Wie erkläre ich das denn dem Mandanten?
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Tölpel
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#8

19.07.2008, 20:50

Vielen Dank, Du sprichst mir aus dem Herzen und ich fühle mich darin bestärkt, so weiter zu machen, wie bisher. Man sollte das angesprochene Problem für Ausnahmefälle (für die meine ansonsten sehr lebhafte Phantasie kaum ausreicht) natürlich im Hinterkopf behalten. Wenn sich hierzu noch etwas Interessantes ergeben sollte (unsere Anwälte prüfen sich zur Zeit die Köpfe heiß), werde ich es Dich wissen lassen.

Also dieses Forum gefällt mir, werde ich jetzt öfters nutzen.
Manu_75

#9

19.07.2008, 22:25

Also dieses Forum gefällt mir, werde ich jetzt öfters nutzen.
Das ist schön zu hören :-) Hier bekommt man wirklich meist - schon auf Grund der vielen "Mitglieder" - ziemlich schnell Antwort. Und ich schätze mal, daß Deine Anwälte nach Heißlaufen der Köpfe auch in unserm und damit Sinne der Mandanten handeln werden.
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wifey
...ist hier unabkömmlich !
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#10

19.07.2008, 23:22

Und ich sag jetzt einfach auch noch mal :welcome

Dass Insolvenzverwalter auf die Idee kommen, Zahlungen, die in den letzten 3 Monaten vor der Insolvenz geflossen sind, zurückzufordern, ist leider Gottes normal. Aber auch hier würde ich mich jederzeit auf ne Diskussion/Schriftwechsel mit dem Verwalter einlassen und versuchen, mich um die Rückzahlung zu drücken (hat bei mir die letzten Jahre eigentlich immer geklappt)

Aber auch ich würde deshalb nicht auf freiwillige Ratenzahlungen des Schuldners verzichten; aber es wäre sicherlich sinnvoll die Mandanten darauf hinzuweisen, dass es passieren kann.

Die Rückforderung der Zahlungen der letzten 10 Jahre halte ich für extrem schwierig, weil es wirklich auf den Nachweis der Gläubigerbenachteiligung ankommt.
Viele Grüße

ich
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