Kann der Schuldner vom Gläubiger eine Forderungsaufstellung verlangen?

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
schebi
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#1

22.05.2024, 11:30

Hallo ihr Lieben,

unser Mandant ist der Gläubiger eines 10 Jahre alten Titels.
Unser Mandant hat zu diesem Titel in den letzen Jahren viele Kostenrechnungen von früheren Zwangsvollstreckungen angesammelt.

Der Schuldner verlangt jetzt eine aktuelle Forderungsaufstellung vom Gläubiger.

Müssen wir oder unser Mandant dem Schuldner eine Forderungsaufstellung geben?

Der Schuldner weiß nicht, wie viele Kostenrechnungen aus früheren Zwangsvollstreckungen unser Mandant noch gegen den Schuldner hat.

Was kann passieren, wenn wir oder unser Mandant dem Schuldner keine Forderungsaufstellung geben?
legalspecialist
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#2

22.05.2024, 11:55

Guck mal hier

Es sollte schon dem Anstand gehören, dem Schuldner die aktuelle Forderungshöhe mitzuteilen. Da ihr mit RA-Micro offensichtlich arbeitet, sind es nur paar Klicks und das FOKO wird an den Schuldner übersandt. Der Schuldner muss demnach wissen, was für eine Forderungshöhe im Raum steht und nach welcher Grundlage ihr mögliche Zahlungen verrechnet (§§ 366, 367 BGB).

Wenn ihr bspw. einen KFA nach § 788 ZPO stellen wollt, so müsst ihr dem Gericht auch sämtliche Kostenbelege einreichen, damit diese zusammen mit dem KFA d. d. AG an den Schuldner zwecks Stellungnahme übersandt wird.

Von daher, einfach ein FOKO hinschicken und hoffen, dass der Schuldner zahlt :pfeif
Gruß
Oli
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#3

22.05.2024, 12:57

Ihr wollt also erzählen, dass ihr und euer Mandant nicht wisst, wieviel Geld er euch schuldet? :augenreib
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schebi
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#4

22.05.2024, 19:41

viewtopic.php?t=39064

Wie ich in dem Thread lese, hat der Schuldner also keinen Anspruch darauf, dass der Gläubiger ihm eine Forderungsaufstellung gibt.

Bei uns ist es eher das Problem, dass unser Mandant (=Gläubiger) noch viele alte Kostenrechnungen von früheren Zwangsvollstreckungen hat. Der Mandant hat aber nicht die Geduld, diese alten Rechnungen alle zu suchen. Daher können wir keine vollständige Forderungsaufstellung erstellen.

Aktuell haben wir eine Lohnpfändung gegen den Schuldner am laufen.

2)
Mir stellt sich folgende Frage:

Der Schuldner kann ja nicht wissen, wie viele alte Kostenrechnungen aus früheren Zwangsvollstreckungen unser Mandant noch hat.
Was ist, wenn der Schuldner gegen unseren Mandanten einen Titelherausgabeklage erhebt und unser Mandant dann sagt, dass der Titel noch nicht vollständig bezahlt wurde, weil noch irgendeine alte 20 Euro Kostenrechnung von einem Inkassobüro offen ist, von welcher der Schuldner aber nichts wusste. (Wir nehmen mal an, dass der Titel vollständig bezahlt wurde und nur noch diese 20 Euro Kostenrechnung von z.B. Creditreform noch offen ist)
Was passiert dann mit der Titelherausgabeklage?
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#5

22.05.2024, 20:51

Wenn ihr eine Lohnpfändung Aktuell am Laufen habt, dann müsst ihr doch ein FOKO beigefügt haben, was wiederum bedeutet, dass der Schuldner anhand des PfÜB dieses auch bekommen hat. Demnach müsste doch eine "Summe" bekannt sein ...
Eine "Titelherausgabeklage" scheitert aufgrund der Befriedigung der Forderung, was der Schuldner (als Vollstreckungsschuldner), zu beweisen hat. Wenn der Beweis nicht erbracht werden kann, so ist eine derartige Klage ohne Erfolg.
Euer Mandant sollte im eigenen Interesse die Rechnungen heraussuchen und Euch zur Vfg. stellen, damit diese in das FOKO ordnungsgemäß eingepflegt werden können.
Gruß
Oli
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#6

23.05.2024, 14:22

Sehe ich anders, weil der Gläubiger alles nachweisen muss, was er über die titulierte Forderung hinaus verlangt. Hat der Schuldner die titulierte Forderung und ggf. die Zinsen beglichen, was er im Zweifel durch entsprechende Belege nachweisen kann, ist der Titel auf Verlangen herauszugeben, wenn nicht nachgewiesen kann, dass weitere Kosten entstanden sind und die Hauptforderung wg. der Verrechnung gem. BGB eben nicht beglichen ist. Aber dazu müssten diese weiteren Kosten dem Schuldner auch erstmal bekannt gegeben werden. Euer Mandant muss also, wenn er die Kosten ersetzt haben möchte, die Belege raussuchen.

Mir sind auch durchaus Fälle im Rahmen von ZV-Maßnahmen bekannt, bei denen gnadenlos Ansprüche gestrichen wurden, weil Belege fehlten.
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#7

23.05.2024, 15:00

Danke.

Das beantwortet meine Frage noch nicht ganz.

Also:
Der Schuldner erhebt eine Titelherausgabeklage gegen den Gläubiger, weil er glaubt er hätte den Titel vollständig bezahlt.
Dann kommt der Gläubiger und legt noch irgendeine alte 20 Euro Rechnung von einem Inkassobüro vor, die dem Schuldner aber nie mitgeteilt wurde.

Der Gläubiger sagt: "Der Titel ist wegen diesen 20 Euro noch nicht vollständig bezahlt. Ich habe gemäß BGB aufgerechnet, so das von dem Titel noch 20 Euro offen sind".
Der Schuldner sagt: "Von den 20 Euro konnte ich nichts wissen, da mir diese nicht mitgeteilt wurden".

Wird die Titelherausgabeklage dann wegen den 20 Euro abgewiesen? Ich vermute mal, dass die Titelherausgabeklage abgewiesen wird.

Aber wie ist es mit den Anwalts- und Gerichtskosten für die Titelherausgabeklage? Muss diese Kosten der Gläubiger zahlen, weil er dem Schuldner keine vollständige Forderungsaufstellung gegeben hat und der Schuldner daher nicht wissen konnte, dass noch 20 Euro offen sind?
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mücki
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#8

23.05.2024, 15:22

Ganz ehrlich, ob der Schuldner Anspruch auf eine Forderungsaufstellung hat oder nicht ist doch völlig wurscht, man kann doch nur das Verlangen, von dem die Gegenseite auch weiß. Wo würden wir denn sonst hinkommen? Der Gläubiger muss doch auch für jede ZV-Maßnahme alles nachweisen. Ich weiß grad nicht wie es in der ZV ist aber gem. § 305 InsO hat der Schuldner ggü. dem Gläubiger Anspruch auf eine Forderungsaufstellung, § 810 BGB fällt mir da auch noch ein.

Wenn euer PfÜb nicht ausdrücklich auf eine Teilforderung beschränkt ist und wird vollständig bedient, hat der Schuldner imho auch einen Herausgabeanspruch. Der Gläubiger ist verpflichtet, eingehende Zahlungen nur auf die Forderungen zu verbuchen, die im PfÜb erfasst sind.

Ob eine entsprechende Klage Aussicht auf Erfolg hätte oder nicht, sollten die Berufsträger in deiner Kanzlei wissen.
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#9

23.05.2024, 15:25

Dein Beispiel wird auch so gar nicht auftreten. Entweder die Kosten waren in der Vollstreckung bekannt, dann wurden sie mit eingezogen. Oder sie waren nicht mitgeteilt, dann war nach Meinung von Schuldner und Gerichtsvollzieher vollständig vollstreckt, und der Titel ist bereits herausgegeben.

Im übrigen erlaube ich mir mal @paralegal6 aus dem anderen Thread zu zitieren:

Das Forum ist dazu da um Hilfestellung bei aktuell auftretenden Rechtsfragen zu leisten aber nicht um hier irgendwelche theoretischen Fantasien und Einzelfallentscheidungen durchzuspielen.
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#10

23.05.2024, 16:09

mücki hat geschrieben:
23.05.2024, 15:22
Ganz ehrlich, ob der Schuldner Anspruch auf eine Forderungsaufstellung hat oder nicht ist doch völlig wurscht,
Wurscht ist es nicht.
Gemäß InsO kann der Schuldner ja eine Forderungsaufstellung verlangen. Aber wir sind ja nicht in der InsO, sondern in der Zwangsvollstreckung (PFÜB) und da kann der Schuldner soweit ich weiß, vom Gläubiger keine extra Forderungsaufstellung verlangen. In dem Pfüb steht ja drin wie viel gepfändet wird.

Wir können, wie gesagt, keine vollständige Forderungsaufstellung erstellen, weil wir wie gesagt nicht alle Kostenrechnungen vom Gläubiger (=Mandant) haben.
Wir haben bisher auch nur einen PFÜB über eine Teilforderung beantragt/erlassen.

Ich wollte jetzt nur wissen, welche Nachteile es für unseren Mandanten (=Gläubiger) hat, wenn wir keine Forderungsaufstellung abgeben würden?
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