Sicherheitsleistung im KFB?

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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MrsLittletall
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#1

15.10.2021, 09:10

Obwohl ich bereits seit fünfzehn Jahren in diesem Beruf arbeite, ist mir ein so merkwürdiger Fall noch nie untergekommen. Vielleicht ist jemanden ja mal etwas Ähnliches passiert und kann das Ganze aufklären.

Wir haben einen Rechtsstreit geführt. Der ging dann in die Berufung. Die Berufung wurde zurückgenommen und das Urteil erster Instanz rechtskräftig. Also haben wir dann einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt und einen Kostenfestsetzungsbeschluss bekommen. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde zwei Monate nach Rücknahme der Berufung, also nachdem das Urteil rechtskräftig wurde, gestellt.

Nun haben wir keine Zahlung auf unseren KFB bekommen und den GV beauftragt. Der GV schickte dann die Unterlagen zurück mit der Ansicht, dass wir ja Sicherheitsleistung hinterlegen müssen.

Sicherheitsleistung bei KFB? Was? Ich hab dann mal hereingeschaut und tatsächlich steht in dem KFB

"Die auf Grund des gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbaren Urteil des Landgerichts von der Klägerin an die Beklagte werden auf xyz festgesetzt."

Okay, also habe ich das Gericht angerufen und gefragt, ob das wirklich so gemeint ist. Der Herr vom Landgericht hat gemeint, dass wenn im Urteil eine Vollstreckung auf Sicherheitsleistung war, dann überträgt sich das auf den KFB. Ich hab mit meinem Chef darüber geredet und wir sind uns einig, dass der Rechtsstreit beendet war. Wir haben ja auch einen Vollstreckungsvermerk auf dem KFB. Ich war dann gerade dabei, ein Schreiben für den GV aufzusetzen um die ganze Sache zu erklären, da meldet sich der Herr vom LG nochmal und behauptet, wir brauchen einen Vollstreckungsvermerk auf dem Urteil. Aber wir wollen doch bloß aus dem KFB vollstrecken!

Also zusammengefasst

Rechtsstreit ist durch Rücknahme der Berufung erledigt
Urteil erste Instanz ist rechtskräftig. Es gibt keinen Rechtskraftvermerk. Es ergibt auch keinen Sinn für uns daraus zu vollstrecken, weil wir Beklagte sind und die Klage abgewiesen wurde, also gibt es gar nichts zu vollstrecken.
Wir haben KFB nach Rücknahme der Berufung und nach Eingang des Beschlusses, dass Urteil rechtskräftig ist, erhalten.
Nun sollen wir eine Sicherheitsleistung in Höhe von 100 % des zu vollstreckenden Betrages zahlen.


Haben das Gericht und der GV hier Recht und wir müssen tatsächlich Rechtskraftvermerk auf dem Urteil verlangen und das mit dem KFB vorlegen? Oder haben wir Recht und der GV sollte den KFB anstandlos akzeptieren und daraus vollstrecken?
Pitt
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#2

15.10.2021, 14:17

Ihr braucht den Rechtskraftvermerk. Ohne werden GVZ/Vollstreckungsgericht immer die Sicherheitsleistung verlangen. Wenn im Urteil Sicherheitsleistung steht, umfasst das auch immer die aufgrund der dortigen Kostenentscheidung festzusetzenden Kosten. Es reicht nicht, dem Gericht mitzuteilen, dass die Berufung zurückgenommen wurde. Der Rechtskraftvermerk wird hier innerhalb weniger Tage erteilt.
...
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#3

15.10.2021, 16:30

MrsLittletall hat geschrieben:
15.10.2021, 09:10

Haben das Gericht und der GV hier Recht und wir müssen tatsächlich Rechtskraftvermerk auf dem Urteil verlangen und das mit dem KFB vorlegen?
Der GV hat Recht.

Der Bestand und die Vollstreckbarkeit eines KFB richtet sich stets nach der ihm zugrundeliegenden Kostengrundentscheidung (hier das Urteil des LG).
Zur Vollstreckung (mit Ausnahme der Sicherungsvollstreckung nach §720a ZPO) ist daher der Nachweis der Rechtskraft des Urteils erforderlich oder der Nachweis der Sicherheitsleistung.
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#4

18.10.2021, 08:28

Alles klar. Danke. Das war mir völlig neu. Dann werde ich einen Rechtskraftvermerk auf das Urteil setzen lassen.

Muss ich das Urteil dann mit unserem Auftrag auch mitschicken, damit der GV sieht, dass wir keine Sicherheitsleistung mehr hinterlegen müssen?
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#5

18.10.2021, 09:48

MrsLittletall hat geschrieben:
18.10.2021, 08:28
Dann werde ich einen Rechtskraftvermerk auf das Urteil setzen lassen.
Eigentlich brauchst du den Rechtskraftvermerk nur auf dem KFB, wenn das Urteil keinen vollstreckbaren Inhalt hat. Aber es schadet (und kostet auch) nichts, auch das Urteil mitzusenden.

Zur ZV sollte der KFB dann genügen.
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#6

18.10.2021, 10:13

icerose hat geschrieben:
18.10.2021, 09:48
MrsLittletall hat geschrieben:
18.10.2021, 08:28
Dann werde ich einen Rechtskraftvermerk auf das Urteil setzen lassen.
Eigentlich brauchst du den Rechtskraftvermerk nur auf dem KFB, wenn das Urteil keinen vollstreckbaren Inhalt hat. Aber es schadet (und kostet auch) nichts, auch das Urteil mitzusenden.

Zur ZV sollte der KFB dann genügen.
Auf dem KFB ist der Rechtskraftvermerk aber schon. Da haben wir eindeutig einen Vermerk, dass wir die Zwangsvollstreckung betreiben dürfen. Genau der kam aber zurück mit der Mitteilung, dass es nicht geht und das Gericht hat auch gemeint, das Urteil braucht den Rechtskraftvermerk.

Ich hab vorsichtshalber jetzt mal das Urteil mit der Bitte um Rechtskraftvermerk geschickt und werde, sobald es zurückkommt, neuen Auftrag machen und beide Titel mitschicken.
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#7

18.10.2021, 10:31

MrsLittletall hat geschrieben:
18.10.2021, 10:13
Da haben wir eindeutig einen Vermerk, dass wir die Zwangsvollstreckung betreiben dürfen.
Das klingt für mich aber eher nach der Vollstreckungsklausel als nach einem Rechtskraftvermerk. :kopfkratz

Na egal, also lass den Rechtskraftvermerk am Urteil anbringen und ja, schick das dann bei der ZV mit dem KFB mit - dann dürften alle Klarheiten beseitigt sein. :lol:
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#8

18.10.2021, 11:33

...

Irgendwie war ich der Überzeugung, der Rechtskraftvermerk und die Vollstreckungsklausel sind dasselbe... mein Fehler! Ich hab das Schreiben noch nicht rausgeschickt, ich korrigiere das eben mal...
...
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#9

18.10.2021, 17:33

icerose hat geschrieben:
18.10.2021, 09:48

Eigentlich brauchst du den Rechtskraftvermerk nur auf dem KFB, wenn das Urteil keinen vollstreckbaren Inhalt hat.
Das stimmt nicht.
Der KFB wird unabhängig vom Urteil rechtskräftig.
Es ist ohne weiteres möglich, dass der KFB rechtskräftig ist, während in der Hauptsache noch das Rechtsmittelverfshren läuft.
Die Rechtskraft des KFB sagt über dessen Vollstreckbarkeit nichts aus, da sich diese wie gesagt nach dem Urteil richtet.
Im Übrigen wird auch ein rechtskräftiger KFB gegenstandslos, wenn die Kostengrundentscheidung aufgehoben oder abgeändert wird.
Die Rechtskraft des KFB bedeutet nur, dass dieser nicht mehr selbständig anfechtbar ist.

Für die Vollstreckung muss daher in der Tat das Urteil nebst Rechtskraftvermerk eingereicht werden.
Ob dieses selbst einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat ist ohne Belang.
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