Kosten GV bei UmZug Schuldner

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Biene61
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#1

14.07.2017, 14:08

Hallo Forengemeinde,

wir haben GV mit Pfändung u. ggfls. danach Vermögensauskunft beauftragt.

Jetzt teilt er uns mit, dass Schuldner unbekannt verzogen ist und berechnet Gebühren wie folgt:

208 - 8,00 €
604 - 15,00 €

Ist das Eurer Meinung nach so berechtigt?

Wir hatten keinen Auftrag zur gütlichen Einigung erteilt. Im Übrigen dürfte ein "Versuch" der gütlichen Einigung meiner Meinung nach auch erst dann vorliegen, wenn er den Schuldner angetroffen und sich auf irgendeine Weise bemüht hat, eine gütliche Erledigung herbeizuführen. Würde die Gebühr bereits anfallen, wenn sich der GV auf den Weg macht, würde die Gebühr ansonsten ja praktisch immer anfallen. Wir denken deshalb, dass 208 unberechtigt ist, sind uns aber unsicher.

Vielen Dank schon mal für die Antworten.
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paralegal6
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#2

14.07.2017, 21:58

208 ist ja schon die ermäßigte Gebühr
“Für einen nicht erledigten Versuch einer gütlichen Erledigung der Sache wird in dem in Nummer 208 genannten Fall eine Gebühr nicht erhoben.“
Meinst du das?
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H.Stummeyer
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#3

17.07.2017, 09:02

KV 208 wird auch angesetzt, wenn der Schuldner unter der Anschrift nicht zu ermitteln ist (AG Karlsruhe, Beschluss vom 27.06.2017, 5 M 81/17)
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Pepples
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#4

17.07.2017, 09:06

Du kriegst für den Auftrag an sich doch auch Gebühren,egal ob er durchgeführt werden konnte oder nicht. Warum soll der GVZ das dann umsonst machen? ;)
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silvester
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#5

17.07.2017, 15:39

Die gütliche Versicherung ist letztlich ein Vergleich mit dem Schuldner und setzt m.E. voraus, dass der Schuldner auf ein Angebot des Gerichtsvollziehers reagieren kann. Dies ist nicht möglich, wenn der Schuldner nicht ermittelt werden kann.
Ansonsten ist mit der Einführung der Gebühr eine reine Kostenerhöhung beabsichtigt gewesen, was ich mir nicht vorstellen will.
H.Stummeyer
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#6

17.07.2017, 17:07

...In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, dass die Gläubigerin keinen isolierten Antrag auf gütliche Erledigung gestellt hat. Da der Gerichtsvollzieher nach § 802 b Abs. 1 ZPO in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung bedacht sein soll, fällt diese Gebühr auch ohne expliziten Auftrag des Gläubigers an. Auf die Frage, ob der Gerichtsvollzieher ausdrücklich mit dem von Amts wegen ohnehin vorzunehmenden Versuch der gütlichen Einigung beauftragt worden ist, kommt es daher für die Frage der Entstehung der Gebühr nicht an (OLF Düsseldorf, Beschluss vom 19.11.2015, I-10 W 148/15-, Rn 3 juris). Vorliegend hat der Gerichtsvollzieher in seiner Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft entsprechende Hinweise erteilt, weshalb die Gebühr angefallen ist.
Unerheblich ist insoweit auch, dass die Ladung mit den entsprechenden Hinweisen der Schuldnerin nicht zugestellt werden konnte. Für das Entstehen der Gebühr kann es auf einen konkreten Erfolg der Einigungsbemühung nicht ankommen. Vielmehr soll hierdurch jeglicher Aufwand des Gerichtsvollziehers abgegolten werden. Zwar ist der Aufwand, der mit dem Einigungsversuch für den Gerichtsvollzieher verbunden ist, im Fall eines formelhaft an den Schuldner herangetragenen Einigungsversuchs gegebenenfalls gering. Zu berücksichtigen ist indes auch, dass der Gerichtsvollzieher aus eigener Kompetenz keine materiell-rechtlichen Vereinbarungen mit dem Schuldner treffen kann, so dass sich der Versuch der gütlichen Erledigung regelmäßig ohnehin in den beiden Maßnahmen, die in § 802 b Abs. 2 Satz 1 ZPO vorsieht (Zahlungsfrist oder Ratenzahlung) erschöpfen wird. Zudem differenziert der fragliche Gebührentatbestand auch im Übrigen nicht danach, wie viele Einigungsversuche der Gerichtsvollzieher im Laufe des Verfahrens unternimmt, d. h. wie hoch sein Aufwand tatsächlich ist; die Gebühr fällt in jedem Fall nur einmal an. Eine generalisierende Betrachtung, bei der der Aufwand des Gerichtsvollziehers, der dem Schuldner eine gütliche Erledigung - in welcher Form, Individualität und Intensität auch immer - anträgt, pauschal abgegolten wird, erscheint angesichts dessen insgesamt sachgerecht. (vgl. NJW-RR 2016, 1278, beck-online, zu Nr. 207 GvKostG, siehe auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.08.2015, 11 W 3/15-, Rn. 9, juris)
H.Stummeyer
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#7

17.07.2017, 17:10

silvester hat geschrieben:Die gütliche Versicherung ist letztlich ein Vergleich mit dem Schuldner und setzt m.E. voraus, dass der Schuldner auf ein Angebot des Gerichtsvollziehers reagieren kann. Dies ist nicht möglich, wenn der Schuldner nicht ermittelt werden kann.
Ansonsten ist mit der Einführung der Gebühr eine reine Kostenerhöhung beabsichtigt gewesen, was ich mir nicht vorstellen will.
KV 207 Versuch einer gütlichen Erledigung!

Der Versuch wurde vom Gerichtsvollzieher unternommen. Ob es zu einer gütlichen Erledigung kommt oder nicht, ist für die Entstehung der Gebühr KV 207/208 unerheblich.
Zuletzt geändert von H.Stummeyer am 18.07.2017, 15:50, insgesamt 1-mal geändert.
Biene61
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#8

18.07.2017, 11:11

Haben wir befürchtet, dass es solch "kreative" Rechtsprechung gibt, um die GV-Gebühren unnötig weiter in die Höhe zu treiben...

Neue Anweisung vom Chef: Ab sofort werden Zahlungsvereinbarungen bereits mit Auftragserteilung ausgeschlossen. (Punkt F)

Dann gibts für den GV - jedenfalls bei gesundem Menschenverstand - keinen Grund, eine gütliche Einigung zu versuchen. Mal sehen, wie die Gerichte dann argumentieren, damit die Gebühr trotzdem anfällt...
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#9

18.07.2017, 15:30

Das Amtsgericht Hameln hat mit Beschluss vom 29. Juni 2017 (24 M 45598/17) entschieden, dass die Gebühr KV 208 auch angesetzt werden kann, wenn der Gläubiger sich mit einer Zahlungsvereinbarung ausdrücklich nicht einverstanden erklärt hat.

Er kann zwar eine Zahlungsvereinbarung ausschließen, jedoch nicht die gütliche Einigung, die der Gerichtsvollzieher in jedem Stadium des Verfahrens versuchen soll.
H.Stummeyer
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#10

18.07.2017, 15:52

Biene61 hat geschrieben:Neue Anweisung vom Chef: Ab sofort werden Zahlungsvereinbarungen bereits mit Auftragserteilung ausgeschlossen. (Punkt F)

Dann gibts für den GV - jedenfalls bei gesundem Menschenverstand - keinen Grund, eine gütliche Einigung zu versuchen...
Doch. Der Grund ist § 802 b Abs. 1 ZPO. Der Gerichtsvollzieher soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein.
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