Drittstellenauskunft und/oder Haftbefehl beantragen

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
Walle
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#1

15.05.2017, 15:37

Hallo,

wir haben einen Schuldner, der zum Termin zur VA nicht erschienen ist. Wir hatten auch gleichzeitig die Einholung von Auskünften Dritter beantragt. Anfang des Jahres habe ich zwei Auskünfte bekommen, die vom Bundeszentramt dauert noch an. Im GV-Protokoll steht, dass wir den Erlass eines Haftbefehls nicht beantragt hätten - was ja auch stimmt. Weiter heißt es, der Antrag auf Erlass eines Haftbefehls bleibt dem Gläubiger vorbehalten.

Meine - generelle - Frage ist, wenn Ihr einen Auftrag auf VA mit Drittstellenauskunft dem GV erteilt, beantragt Ihr auch gleichzeitig einen Haftbefehl? Ich habe es in diesem Fall - und auch eigentlich immer - nie einen Haftbefehl beantragt, da ich dachte, die Drittstellenauskünfte würden reichen. Oder sehe ich es falsch? :oops:

LG
Coco Lores
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#2

15.05.2017, 16:28

Also ich für meinen Teil mache immer gerne Kombiaufträge und zwar so, dass eigentlich jedes Szenario abgedeckt ist! Ich hätte also für den Fall, dass der Schuldner die Abnahme der VA verweigert bzw. dort nicht erscheint, auf jeden Fall den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls beantragt, unabhängig, ob noch Drittauskünfte eingeholt wurden.

Die Drittauskünfte holst du ja "nur" bei der DRV, beim Bundeszentralamt für Steuern oder beim Kraftfahrt-Bundesamt ein. Mit den Auskünften erhältst du zwar schon die wahrscheinlich wichtigsten Infos die du brauchst (Arbeitgeber, Kontodaten, Fahrzeug etc.) aber so Kleinigkeiten wie Mietkaution oder pfändbare Gegenstände, die man bei einer VA erhalten würde, bekommst du dadurch nicht. Außerdem kannst du die Drittauskünfte auch nur ab einem Wert von 500,00 € machen. Sehr oft übersteigt eine Forderung diesen Wert aber nicht, dann hättest du ja nichts in der Hand!

Ich würde daher immer den Haftbefehl beantragen!
Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas Schönes bauen!!!
Walle
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#3

15.05.2017, 16:30

Super. Dankeschön.

Also ab jetzt immer Haftbefehl mit beantragen
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Anahid
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#4

15.05.2017, 16:56

Leider stimmt das, was Coco Lores hier schreibt nur zum Teil und dem anderen Teil kann ich nicht so ganz zustimmen. So stimmt es nicht, dass man die Drittauskünfte erst ab einem titulierten Betrag in Höhe von mindestens 500,00 € erhält. Dies war mal so und ist lediglich noch zutreffend im Bezug auf die Drittauskünfte der Rentenanstalt, über die Du einen Arbeitgeber in Erfahrung bringen könntest. Bei den Auskünften vom Kraftfahrtbundesamt (die ich für sinnlos halte, da ein Fahrzeug eh zu 98 % nicht verwertet werden kann) und bei den Auskünften des Steueramtes, über die Du sämtliche Konten des Schuldners in Erfahrung bringen kannst, was bei meiner Vollstreckung bisher durchaus erfolgreich war, ist dies nicht der Fall. Da gibt es keinen Mindestbetrag.

Auch halte ich es für sinnlos, grundsätzlich Kombiaufträge zu erteilen und "jedes Szenario abzudecken". Außer, dass man den Mandanten mit völlig unnötigen Kosten überzieht und der Anwalt natürlich dafür doppelte Gebühren kassiert - wo aber bleibt da die Wirtschaftlichkeit für den Mandanten? - bringt das in den seltensten Fällen etwas. Aus der früheren Zeit sollte Dir bereits bekannt sein, dass Vollstreckungsversuche in der Wohnung des Schuldners, wenn man keinen konkreten Anhaltspunkt für Vermögenswerte in der Wohnung hat, schon immer zu 98 % ins Leere gegangen sind. Entweder war der Schuldner amtsbekannt fruchtlos oder es wurde keine pfändbare Habe vorgefunden. Eine "Fruchtlosigkeitsbescheinigung", wie sie früher von Nöten war, braucht man nicht mehr für den Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft und im Grunde ist es genau die, die ich haben will. Wenn ich also nichts von Antiquitäten in der Wohnung weiß, warum soll ich dann den Gerichtsvollzieher dahin schicken, damit der mir sagt, dass da nichts zu holen ist?

Ferner verzögern beide Anträge auf einmal - Drittauskünfte und Erlass eines Haftbefehls - die Bearbeitung nicht unbedeutend, da der Gerichtsvollzieher (zumindest ist das hier so) erst auf die Drittauskünfte wartet und erst danach den Haftbefehl beantragt.

Ich verfahre daher in der Regel (und Ausnahmen gibt es natürlich immer) wie folgt:

Titulierte Forderung unter 500 € - Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft ohne vorherigen Vollstreckungsversuch mit Antrag auf Haftbefehl bei Nichterscheinen (weil ich einen Arbeitgeber eben über die Drittauskünfte nicht in Erfahrung bringen kann)
Titulierte Forderung über 500 € - Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft ohne vorherigen Vollstreckungsversuch mit Antrag auf Einholung von Drittauskünften bei Nichtabgabe und zwar beim Steueramt und bei der Rentenversicherung.
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#5

15.05.2017, 17:56

Also wenn sich Schuldner und Gläubiger kennen oder sonstige besondere Konstellationen dann kreuze ich es nicht an, sonst immer v.C. weil den Haftbefehl extra beantragen auch immer extra Zeit kostet und der Schuldner länger Zeit hat Kram zu verkaufen o.ä. Drittauskunft über Stereramt mache ich nie, Rente geht eigentlich schnell. Und wenn ich denke der Schuldner hat Geld nehme ich “nach Vollstreckungsversuch.“ über Rentenkasse bekommt man den Arbeitgeber genannt
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#6

17.05.2017, 09:50

Anahid hat geschrieben:Leider stimmt das, was Coco Lores hier schreibt nur zum Teil und dem anderen Teil kann ich nicht so ganz zustimmen. So stimmt es nicht, dass man die Drittauskünfte erst ab einem titulierten Betrag in Höhe von mindestens 500,00 € erhält. Dies war mal so und ist lediglich noch zutreffend im Bezug auf die Drittauskünfte der Rentenanstalt, über die Du einen Arbeitgeber in Erfahrung bringen könntest. Bei den Auskünften vom Kraftfahrtbundesamt (die ich für sinnlos halte, da ein Fahrzeug eh zu 98 % nicht verwertet werden kann) und bei den Auskünften des Steueramtes, über die Du sämtliche Konten des Schuldners in Erfahrung bringen kannst, was bei meiner Vollstreckung bisher durchaus erfolgreich war, ist dies nicht der Fall. Da gibt es keinen Mindestbetrag.

Auch halte ich es für sinnlos, grundsätzlich Kombiaufträge zu erteilen und "jedes Szenario abzudecken". Außer, dass man den Mandanten mit völlig unnötigen Kosten überzieht und der Anwalt natürlich dafür doppelte Gebühren kassiert - wo aber bleibt da die Wirtschaftlichkeit für den Mandanten? - bringt das in den seltensten Fällen etwas. Aus der früheren Zeit sollte Dir bereits bekannt sein, dass Vollstreckungsversuche in der Wohnung des Schuldners, wenn man keinen konkreten Anhaltspunkt für Vermögenswerte in der Wohnung hat, schon immer zu 98 % ins Leere gegangen sind. Entweder war der Schuldner amtsbekannt fruchtlos oder es wurde keine pfändbare Habe vorgefunden. Eine "Fruchtlosigkeitsbescheinigung", wie sie früher von Nöten war, braucht man nicht mehr für den Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft und im Grunde ist es genau die, die ich haben will. Wenn ich also nichts von Antiquitäten in der Wohnung weiß, warum soll ich dann den Gerichtsvollzieher dahin schicken, damit der mir sagt, dass da nichts zu holen ist?

Ferner verzögern beide Anträge auf einmal - Drittauskünfte und Erlass eines Haftbefehls - die Bearbeitung nicht unbedeutend, da der Gerichtsvollzieher (zumindest ist das hier so) erst auf die Drittauskünfte wartet und erst danach den Haftbefehl beantragt.

Ich verfahre daher in der Regel (und Ausnahmen gibt es natürlich immer) wie folgt:

Titulierte Forderung unter 500 € - Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft ohne vorherigen Vollstreckungsversuch mit Antrag auf Haftbefehl bei Nichterscheinen (weil ich einen Arbeitgeber eben über die Drittauskünfte nicht in Erfahrung bringen kann)
Titulierte Forderung über 500 € - Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft ohne vorherigen Vollstreckungsversuch mit Antrag auf Einholung von Drittauskünften bei Nichtabgabe und zwar beim Steueramt und bei der Rentenversicherung.

Oh ok das ist scheinbar an mir vorbei gegangen :kopfkratz Danke für die Info! Aber so wie ich das verstanden und gelesen habe gilt der Wegfall der 500 €-Grenze für alle drei Möglichkeiten ?!

Natürlich muss man wirtschaftlich denken. Aber wenn ich einen Zwangsvollstreckungsauftrag mache, dann muss ich doch auch versuchen so viel wie möglich aus diesem einen Auftrag rauszuholen. Den klassischen "Kombiauftrag" von früher meinte ich damit auch nicht, denn dank der neuen Regelung braucht es eine fruchtlose Pfändung ja zum Glück nicht mehr, daher beantrage ich auch immer die Abgabe der VA ohne vorherigen Pfändungsversuch durch den Gerichtsvollzieher. Aber ist es nicht so, dass der Gerichtsvollzieher in der Regel zum Schuldner geht und die VA dort abnimmt in der Wohnung? Dann ist er doch sowieso schon da, das Wegegeld angefallen, deshalb beantrage ich dann nach Abnahme der VA für den Fall, dass sich aus der VA eben was pfändbare ergibt, gleich die Pfändung mit. Meistens weiß ich doch nicht vorher wie es in der Wohnung aussieht.

Wieso unterscheidest du dann hier zwischen Forderungen unter 500 € und über 500 €, wenn es diese Grenze nicht mehr gibt?

Ich habe leider in dieser Kanzlei nicht mehr so viel mit Zwangsvollstreckungen zu tun und bin daher nicht mehr so im Thema wie ihr, daher bin ich für Eure Kritik total dankbar.
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#7

17.05.2017, 09:53

@ Anahid: Ok das mit der DRV habe ich jetzt hier in einem Thread auch gefunden, da wurde wohl gepennt! Das leuchtet mir dann ein :D
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#8

17.05.2017, 11:36

Der GV geht nicht zum Schuldner für die Vermögensauskunft, sondern der Schuldner geht zum GV. Von daher kommt der GV gar nicht in die Wohnung.
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#9

03.07.2017, 14:53

Die 500,00 €-Mindest-Grenz ist weggefallen (Stand, Seminar 24.03.2017)
Aelizia
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#10

03.07.2017, 15:26

Auch für die Auskunft bei der RV? Ist der § 74a SGB X schon geändert?
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