GV rechnet gütliche Einigung ab, trotz Antrag VA

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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katuscha
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#1

20.06.2014, 08:00

Hallo,

ich bin jetzt etwas verwirrt, der GV soll ja immer die gütliche Einigung versuchen bevor er den restlichen Auftrag ausführt.

Neuerdings müssen wir dafür wohl zahlen, auch wenn wir es nicht wollen?

Hier das Schreiben von meinem GV, der nach einem Auftrag auf Abgabe der VA (Schuldner unbekannt verzogen) wie folgt abgerechnet hat:

nicht erledigte Zustellung KV 600 3,00€
2xNicht erledigte Amtshandl. KV 604 30,00 €
Wegegeld KV 711 0-10 km 3,25 €
Auslagenpauschale KV 716 6,60 €
Summe 42,85 €

Ich hatte dann die zweimalige KV 604 bemängelt und folgende Antwort erhalten:

"es gibt eine neue Entscheidung des Oberlandesgericht Düsseldorf, welche zum Ausdruck bringt, dass neben der Gebühr für die Abnahme der VAK oder Pfändung auch eine solche nach KV 207 für die gütliche oder versuchte gütliche Einigung entsteht.
Wenn wie hier KV 207 nicht greift, ist es die Nr. KV 604 zu KV 207 (Nichterledigung der gütlichen Eingung).

I-10 W 33/14
OLG Düsseldorf
4 T 66/14
LG Kleve
21 M 2565/13
AG Geidern

Die Gebühr für die gütliche Erledigung gem. Nr. 207 GvKostG fällt nach dem eindeutigen Wortlaut der Nachbemerkung zu NR. 207 GvKostG nur dann nicht an, wenn eine Beauftragung mit einer Maßnahme nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und Nr. 4 ZPO vorliegt.
Die fragliche Formulierung ist einer abweichenden Auslegung nicht zugänglich. Es handelt sich um einen Ausnahmetatbestand der grundsätzlich eng auszulegen ist (vgl. BGH NJW 1965,2526).


Ehrlich gesagt, finde ich das unmöglich, da ich den Versuch einer gütlichen Einigung ja nicht mal verhindern kann. Oder?
H.Stummeyer
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#2

20.06.2014, 09:49

Der Leitsatz der Entscheidung des OLG Düsseldorf lautet:

Die Gebühr für die gütliche Erledigung gem. Nr. 207 GvKostG fällt nach dem eindeutigen Wortlaut der Nachbemerkung zu Nr. 207 GvKostG nur dann nicht an, wenn eine Beauftragung mit einer Maßnahme nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 4 ZPO vorliegt.

Gründe:
Entsprechend der Nachbemerkung zu Nr. 207 GvKostG entsteht die Gebühr in einem derartigen Fall nur dann nicht, wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig mit einer Maßnahme nach § 802a Abs. 2 S. 1 und 4 ZPO gerichteten Amtshandlung beauftragt wird. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn der Gerichtsvollzieher war nur mit der Abnahme der Vermögensauskunft durch den Schuldner (§ 802a Abs. 2 S.1 Nr. 2 ZPO), nicht aber auch mit der Pfändung und Verwertung körperlichen Sachen (§ 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO) beauftragt. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Nachbemerkung zu Nr. 207 GvKostG fällt die Gebühr für die gütliche Einigung aber nur dann nicht an, wenn eine Beauftragung mit einer Maßnahme nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 4 ZPO vorliegt.
Einer abweichenden Auslegung ist die fragliche Formulierung nicht zugänglich. Es handelt sich um einen Ausnahmetatbestand, der grundsätzlich eng auszulegen ist (vgl. BGH NJW 1985, 2526). Auch die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 16/10069, S. 48; BR-Drucks. 304/08, S. 106 f) lassen keinen eindeutigen Schluss darauf zu, dass tatsächlich beabsichtigt war, dass der Aufwand für den Versuch einer gütlichen Erledigung durch die Gebühr für die Einholung der Vermögensauskunft oder für die Pfändung mit abgegolten sein sollte. Gleiches gilt, soweit in der Nachbemerkung zu Nr. 207 GvKostG von "einer...Amtshandlung, nicht aber von (mehreren) "Amtshandlungen" die Rede ist; denn die Einholung der Vermögensauskunft und die Pfändung kann im Rahmen einer einheitlichen Amtshandlung erfolgen (vgl. § 807 Abs. 1 ZPO).
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katuscha
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#3

20.06.2014, 14:00

Also, muss ich dies wohl zahlen und kann diese Kosten auch nicht verhindern?
silvester
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#4

20.06.2014, 15:26

Der Gläubiger kann die gütliche Erledigung ausschießen (§ 802b Ans. 2 Satz1 ZPO).

Soweit ich weiß beabsichtigt der Gesetzgeber die Regelung hinsichtlich der gütlichen Erledigung so zu ändern, dass diese soweit sie nicht ausgeschlossen ist, immer durchzuführen ist und nicht extra berechnet werden darf. Gegenwärtig wird die Regelung teilweise entgegen des gesetzgeberischen Willens ausgelegt.
silvester
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#5

23.06.2014, 08:00

1. Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende, objektive
Wille des Gesetzgebers. Stellt der Gesetzgeber in einer vorgenommenen Korrektur eine von ihm nicht gewollte
Fehlentwicklung klar, so bleibt der Rechtsprechung die anderweitige Auslegung des Gesetzes verwehrt.
2. Leitet ein Gläubiger die Vollstreckung gegen denselben Schuldner gleichzeitig aufgrund mehrerer Schuldtitel ein,
so handelt es sich kostenrechtlich um nur einen Vollstreckungsauftrag.
3. Die Rechtsbeschwerde ist im Kostenansatzverfahren nicht statthaft.
LG Karlsruhe, Beschluss v. 8. 1. 2003 – 11 T 154/02 – DGVZ 2004, 30
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katuscha
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#6

23.06.2014, 08:18

Danke, dann hoffe ich mal, dass das der Gesetzgeber bald regelt.
Giesi085
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#7

22.06.2016, 10:55

Hallo meine Frage passt hier sehr gut rein: Wir haben folgenden Auftrag erteilt
Modulnr. E4: Ratenzahlungsvereinbarung sind mit dem Gläubiger abzustimmen
Modulnr. G1 (sofortige VA)
Modulnr. G4: Sollte VA bereits abgegeben worden sein, bitten wir um Übersendung einer Abschrift des Vermögensverzeichnisses
Modulnr. H (bei Weigerung Abgabe VA Haftbefehl)
Modulnr. N1: Die Auftrage E, G, H, M werden ohne Angabe einer Reihenfolge gestellt
Modulnr. N5: zu N1 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach erfolgreicher Erledigung einer Maßnahme, die Folgeaufträge entfallen.
und die üblichen Modulnrn. P1, P5

Ergebnis der Maßnahme: Schuldner hat VA am 20.10.2015 abgegeben und GVZ übermittelt uns das Vermögensverzeichnis. Weiterhin schreibt er, dass unseren Auftrag an den Schuldner weitergeleitet hat und ihn über die Eintragungsanordnung informiert hat mit der Info über sein Widerspruchsrecht und Frist von 2 Wochen zur Zahlung der Forderung.

Seine Rechnung hierüber lautet wie folgt:

KV 207 Versuch gütliche Einigung EUR 16,00
KV 261 Übermittlung VVz EUR 33,00
KV 711 Wegegeldpauschale EUR 3,25
KV 716 Auslagenpauschale EUR 9,80

Mit den Gebühren KV 261, 711 (zähneknirschend) und 716 bin ich ja einverstanden, aber nicht mit der 207 Versuch gütliche Einigung, da ich den Anfall nicht nachvollziehen kann.
Ich habe mich auch hier durch verschiedene Foren gelesen und anscheinend darf er die KV 207 im Falle der Themenstarterin abrechnen.

Trotzdem meine Frage (auch für zukünftige ZV-Aufträge): Schuldner hat ja bereits die VA abgegeben, so dass eigentlich weitere Maßnahmen nicht notwendig wären, so auch der Versuch der gütlichen Einigung, oder?
Jule69
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#8

22.06.2016, 11:29

ich hab das jetzt auch gehabt, dass mir die gütliche Erledigung berechnet wird, obwohl ich diese nicht beantragt habe. Ich dachte auch diese wird nur abgerechnet, wenn ich diese beantrage?? Was soll das jetzt schon wieder?
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Anahid
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#9

22.06.2016, 12:57

Wenn Du E in den Auftrag reinnimmst, dann musst Du Dich leider auch nicht wundern, wenn der GV das versucht. Das ist doch unabhängig davon, ob der Schuldner bereits die VA geleistet hat. Könnte ja trotzdem sein, dass der Raten zahlen will.
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silvester
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#10

22.06.2016, 20:09

Die Gebühr der Nr. 207 KVGv entsteht nicht gesondert bei gleichzeitiger Beauftragung des Gerichtvollziehers mit einer Maßnahme nach § 802 a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und/oder Nr. 4 ZPO (Einholung einer Vermögensauskunft, § 802 c ZPO, und/oder Pfändung). Sie ist dann durch die Gebühren für diese Amtshandlungen mit abgegolten. (OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.04.2015, 8 W 458/14; OLG Frankfurt am Main, 07.01.2016 - 18 W 235/15)
Nachdem was der Gv geschrieben hat, ist keine gütliche Erledigung erfolgt.
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