Taschenpfändung?

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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Birne
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#11

26.04.2013, 09:38

Aber der GVZ soll ja eben nicht die Kasse komplett leer räumen, dem Schuldner ist ja ein Wechselgeld zu belassen! Und der GVZ soll ja auch nicht von morgens bis abends im Geschäft stehen und quasi jeden Kunden, der einkaufen kommt, gleich das Geld aus der Hand rausnehmen. Und, ich weiß ja nicht, wie das genau läuft, aber allein von dem Kassengeld werden nicht zwingend neue Waren gekauft. Üblicherweise hat man sicherlich ein Bankkonto, von welchem die Waren gekauft werden.
Und der GVZ soll ja auch nicht jeden Tag in das Geschäft gehen, nur an bestimmten, wo der meiste Kundenandrang vermutet wird. So kann ja auch schneller dafür gesorgt werden, dass der Gläubiger schneller befriedigt wird und der GVZ dann irgendwann nicht mehr kommen muss.
Und wie Liesel schon schreibt: der Gläubiger muss befriedigt werden, dass ist unsere Aufgabe, wenn wir diesen Auftrag vom Gläubiger erhalten. Und wenn es nunmal keine andere Möglichkeit gibt, bleibt eben nur sowas. Und der Schuldner hätte es ja auch verhindern können, wäre er von Anfang an zahlungswillig gewesen.
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joggellive
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#12

26.04.2013, 14:23

Anahid hat geschrieben:Das Geld, was ich für meinen Mandanten durch die Taschenpfändung reinhole, das hab ich erstmal .
Und dann kommt der Insolvenzverwalter und bittet dich zur Kasse, zur Rückzahlung aller gepfändeten Gelder der letzten Monate. Somit hast du wieder 0€ Und aus einer Anmeldung vielleicht dann garnichts mehr zu bekommen. Aber naja muss ja nicht aber möglichkeit is immer da.
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Anahid
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#13

26.04.2013, 14:39

Wenn ich mir Sorgen machen würde, dass jeder Schuldner in die Insolvenz geht, dann dürfte ich keine Vollstreckung mehr betreiben. Wenn Du so denkst joggelive, darfst Du auch kein Bankkonto pfänden. Denn dann ist der Schuldner auf jeden Fall zahlungsunfähig.
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#14

26.04.2013, 14:53

Eine "Kassenpfändung" ist zumeist nur einmal erfolgreich. In der Regel ist § 811 ZPO zu beachten, insbesondere § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Außerdem muss dem Inhaber auch ein angemessenes Wechselgeld verbleiben, was mindestens 100 EUR bis 150 EUR betragen darf. Ansonsten sind Kassenpfändungen keinen speziellen Einschränkungen unterworfen, soweit dem Schuldner der notwendige Lebensunterhalt verbleibt (LG Berlin DGVZ 79, 43). Spätestens nach dem 2. Mal wird jedoch in der Kasse nur noch Wechselgeld sein.
Ähnlich funktioniert es bei einer Taschenpfändung. Auch da ist natürlich § 811 ZPO zu beachten und dem Schuldner der für den normalen Lebensbedarf erforderliche Geldbetrag bis zum nächsten Zahltag zu belassen.
Wie einige meiner Kollegen musste ich mich auch schon vom Richter belehren lassen, dass das Geld in der Tasche des Schuldners nicht diesem gehören muss sondern auch einem Dritten gehören kann für den der Schuldner irgend welche Besorgung zu machen hat. (Eine eidesstattliche Versicherung des Dritten hat ausgereicht.)
In einem konkreten Fall ging es um 50.000 DM die im Haushalt des Schuldners aufgefunden wurden und (angeblich) der Tochter des Schuldners gehörten. Die Pfändung wurde aufgehoben. !!!!
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