Ein Verfahren - zwei Anwälte (2300, 1300)

...für das vom 01.07.2004 bis 31.07.2013 geltende Gebührenrecht
Louloudi

#1

30.10.2012, 10:04

Huhu! :wink1

Hab mal ne komische Frage:

Wir haben einen Fall, da hat ein Anwalt die vorgerichtliche Tätigkeit (Mahnschreiben an die Gegenseite und Schriftverkehr) gemacht und wir haben dann das Mandat ab Klageantrag übernommen.

Abrechnung ist klar:

1,3 Geschäftsgebühr nach 2300
1,3 Verfahrengebühr nach 3100
- 0,65 Geschäftsgebühr (Anrechnung)
usw.

Das bedeutet, wenn wir einen KoFe-Antrag machen, schreibe ich die Verfahrensgebühr und die Anrechnung und die Terminsgebühr und so weiter. (Geschäftsgebühr haben wir schon im Klageantrag verlangt und auch zugesprochen bekommen).

Das heißt doch aber, dass wir weniger Geld bekommen (Verfahrensgebühr mit Anrechnung), ne? Eigentlich stünde uns ja mehr zu, weil wir keine Geschäftsgebühr bekommen. Aber das ist jetzt Pech, oder?

LG, Louloudi
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#2

30.10.2012, 10:06

Wieso bekommt Ihr weniger Geld? Gegenüber dem Mandanten machst Du die VG ohne Anrechnung geltend. Sollte man einem Mandanten auch sagen, dass durch einen Anwaltswechsel höhere Kosten entstehen, die nicht von der Gegenseite zu übernehmen sind. Er bleibt also auf der nicht anrechenbaren 0,65 GG sitzen.
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Louloudi

#3

30.10.2012, 10:09

Aha. Hätte ich nicht gedacht! :D

Aber in unserem Fall wurde die Gegenseite dazu "verdonnert" alle Gebühren zu zahlen. Da muss ich natürlich die Anrechnung machen. Die Gegenseite kann ja nichts dazu, dass ein Anwaltswechsel war, oder?

Kann ich dann die Differenz (0,65 GG) der Mandantschaft in Rechnung stellen?
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#4

30.10.2012, 10:10

Die Gegenseite braucht die Kosten des Anwaltswechsels nicht zu tragen, richtig.

Dem Mandanten schickst Du ganz normal Eure Abrechnung, nur ohne Anrechnung der GG, da die ja bei einem anderen Rechtsanwalt entstanden ist.
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Louloudi

#5

30.10.2012, 10:14

:thx
Vielen Dank! Du bist ein Schatz!
:knutsch
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#6

30.10.2012, 10:17

Gern geschehen :knutsch
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#7

30.10.2012, 10:27

Die Anrechnung ist falsch. Beide Anwälte haben die Gebühren ungeschmälert verdient, es ist nicht anzurechnen. Und da es auch nicht rechtsmißbräuchlich ist, für die vorgerichtliche und die gerichtliche Vertretung verschiedene Anwälte zu beauftragen, kann sich auch ein Dritter nicht auf eine "fiktive" Anrechnung berufen. Die VG ist voll erstattungsfähig, und die vorgerichtliche GG, wenn sie denn materiellrechtlich zu erstatten ist, ebenso. Siehe Gerold, §15a, Rn.70.

Nur wenn innerhalb des gerichtlichen Verfahrens der Anwalt gewechselt wird, ist die Erstattung auf die Kosten eines Anwalts beschränkt.
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#8

30.10.2012, 10:42

Da muss ich Dir leider widersprechen AB.

Davon abgesehen, dass ich keine Rn. 70 finde, sagt Gerold bei § 15 unter Rn. 85 ganz klar, dass die Kosten mehrerer RAe nur insoweit zu erstatten sind, als sie die Kosten eines RA nicht übersteigen.
(...)
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#9

30.10.2012, 10:50

Öhm. Es geht nicht um §15, sondern um §15a. Und mein Gerold (20. Auflage) hat auf Seite 387 eine Rn.70, etwa zu Beginn des 2. Seitendrittels. Dort steht wörtlich:

Es ist nie missbräuchlich, wenn der Erstattungsberechtigte vorgerichtlich und gerichtlich unterschiedliche RA genommen und dadurch eine Anrechnung verhindert hat. Eine fiktive Anrechnung, weil kein sachlicher Grund für die Mandatierung unterschiedlicher Anwälte gegeben ist, kommt nicht in Betracht. Daran ändert auch §91 Abs.2 Satz 2 ZPO nichts, da er sich nur auf einen Anwaltswechsel innerhalb des gerichtlichen verfahrens bezieht.
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#10

30.10.2012, 11:54

Ich hab noch die 19. Auflage. Vielleicht liegt es daran. Wobei ich mir da den ganzen 15 a durchgelesen habe und da nirgendwo auch nur was annähernd ähnliches steht. Bisher war es auch gang und gäbe, dass entsprechend gekürzt wurde. Aufgrund Deiner Ausführungen hab ich aber jetzt mal nachgeschaut und habe tatsächlich auch Entscheidungen dazu gefunden, u.a. OLG Koblenz, Beschl. v. 20. 8. 2008 - 14 W 524/08.

Da muss ich mich dann entschuldigen Louloudi. Dass die Kosten für zwei Anwälte nur dann nicht geltend gemacht werden können, wenn der Anwaltswechsel innerhalb eines Prozesses erfolgt, ist/war mir total neu. Bisher war es gängige Praxis, wie Gerold es auch in der 19. Auflage unter Rn. 85 zu § 15 beschrieben hat, dass der Gegner grundsätzlich nur die Kosten zu tragen hat, die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts entstanden sind.

Danke AB. Man kann so alt werden wie ne Kuh und lernt doch immer noch dazu :oops:
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