Erstattung ZV-Kosten nach Aufhebung KFB

...für das vom 01.07.2004 bis 31.07.2013 geltende Gebührenrecht
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Engess
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#1

09.05.2012, 11:59

Hallo zusammen,

wir haben folgenden Fall: Wir haben aus dem KFB I. Instanz beim Gegner vollstreckt während das Berufungsverfahren noch lief. Im Berufungsverfahren wurde nun die Entscheidung I. Instanz aufgehoben, unser Mandant muss die Kosten der Verfahren tragen. Wie ist das mit den Kosten der Zwangsvollstreckung aus dem KFB für die I. Instanz? Müssen die auch an den Gegner von unserem Mandanten zurück bezahlt werden, wenn der Gegner auf den KFB nicht rechtzeitig gezahlt hatte?

Vielen Dank schon im Voraus für Eure Hilfe!
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Anahid
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#2

09.05.2012, 12:51

Klar, wenn der ja eigentlich nichts zahlen muss, so sind auch die Kosten der Zwangsvollstreckung zu erstatten.
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
Jupp03/11

#3

09.05.2012, 13:16

Gericht: BGH 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum: 07.09.2011
Aktenzeichen: VIII ZB 27/09
Dokumenttyp: Beschluss
Normen: § 104 Abs 1 ZPO, § 717 Abs 2 ZPO, § 788 Abs 3 ZPO

Erstattungsfähigkeit der Kosten der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil nach Abänderung des Urteils durch das Berufungsgericht

Leitsatz
Kosten der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil sind nicht erstattungsfähig, soweit der Verurteilung durch das Rechtsmittelgericht die materiell-rechtliche Grundlage entzogen wird (Rn.8).

Orientierungssatz
Zitierung: Fortführung BGH, 5. Mai 2011, VII ZB 39/10, WM 2011, 1142 (Rn.8)



Gründe
I.


1Der Kläger hat unter anderem den Beklagten auf Zahlung von 35.790,43 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat mit Urteil vom 7. April 2006 der Klage unter deren Abweisung im Übrigen in Höhe von 34.041,27 € nebst Zinsen stattgegeben und dem Beklagten auferlegt, 77 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten; darüber hinaus hat es die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils angeordnet. Mit Beschluss vom 11. Juli 2006 hat die Rechtspflegerin des Landgerichts die von dem Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 3.439,30 € festgesetzt. Auf die Berufung des Klägers hat das Kammergericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den Beklagten in der Hauptsache antragsgemäß zur Zahlung von 35.790,43 € verurteilt. Den geltend gemachten Zinsanspruch hat es erst ab 1. Januar 2007 für gerechtfertigt erachtet, da die Hauptforderung erst zum Ablauf des 31. Dezember 2006 fällig geworden sei. Nach der Kostengrundentscheidung dieses rechtskräftigen Urteils vom 11. Januar 2007 hat der Beklagte dem Kläger 80 % seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.



8Inhalt und Umfang der Zahlungsverpflichtung des Beklagten ergab sich für die Parteien erst aus dem Tenor und den den Tenor tragenden Entscheidungsgründen des rechtskräftigen Urteils des Berufungsgerichts vom 11. Januar 2007. Dort ist unter anderem festgestellt, dass der vom Beklagten zu zahlende Betrag in Höhe von 35.790,43 € erst mit Ablauf des 31. Dezember 2006 zur Zahlung fällig wurde. Deshalb hat das Berufungsgericht dem Kläger auch Zinsen erst ab dem 1. Januar 2007 zugesprochen. Durch dieses Urteil ist die materiell-rechtliche Grundlage der im landgerichtlichen Urteil ausgesprochenen und für vorläufig vollstreckbar erklärten Leistungspflicht des Beklagten insoweit entfallen, als sie dessen Zahlungsverpflichtung vor Ablauf des 31. Dezember 2006 zum Inhalt hatte. Die vorliegende Fallgestaltung ist daher - soweit es die vom Kläger vor Ablauf des 31. Dezember 2006 ergriffenen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen anbetrifft - vergleichbar derjenigen, dass das Urteil, aus dem die (vorläufige angeordnete) Zwangsvollstreckung betrieben worden ist, aufgehoben wird. Für diesen Fall bestimmt § 788 Abs. 3 ZPO, dass die Kosten der Zwangsvollstreckung dem Schuldner zu erstatten sind. Diese Vorschrift beruht, wie der vergleichbare § 717 Abs. 2 ZPO, auf dem allgemeinen Rechtsgedanken, dass der Gläubiger aus einem noch nicht endgültigen Titel auf eigene Gefahr vollstreckt (BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 - VII ZB 39/10, WM 2011, 1142 Rn. 10; vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 788 Rn. 22). Diesem Rechtsgedanken ist zu entnehmen, dass Kosten der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil nicht dem Schuldner zur Last fallen sollen, soweit der Verurteilung durch das Rechtsmittelgericht die materiell-rechtliche Grundlage entzogen wird. Derartige Kosten sind daher nicht nur zu erstatten, wenn sie bereits beigetrieben wurden; sie dürfen bereits im Kostenfestsetzungsverfahren keine Berücksichtigung finden.
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Anahid
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#4

09.05.2012, 13:24

Mensch Jupp, nu hast Du mir aber einen Schreck eingejagt mit dem Leitsatz Kosten der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils sind nicht erstattungsfähig ....

Da kann man echt auf komische Gedanken kommen. Zum Glück findet sich in diesem Urteil die maßgebliche Bestimmung für den hier vorliegenden Fall (die ich auswendig nicht wusste).

Für diesen Fall bestimmt § 788 Abs. 3 ZPO, dass die Kosten der Zwangsvollstreckung dem Schuldner zu erstatten sind. Diese Vorschrift beruht, wie der vergleichbare § 717 Abs. 2 ZPO, auf dem allgemeinen Rechtsgedanken, dass der Gläubiger aus einem noch nicht endgültigen Titel auf eigene Gefahr vollstreckt (BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 - VII ZB 39/10, WM 2011, 1142 Rn. 10; vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 788 Rn. 22). Diesem Rechtsgedanken ist zu entnehmen, dass Kosten der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil nicht dem Schuldner zur Last fallen sollen, soweit der Verurteilung durch das Rechtsmittelgericht die materiell-rechtliche Grundlage entzogen wird.
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Jupp03/11

#5

09.05.2012, 13:31

deshalb hab ich auch teilweise die Begründung eingestellt :roll:
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#6

09.05.2012, 13:43

Nur bis ich bis zu diesem Satz gelesen hatte, hatte ich schon einen mittelschweren Herzinfarkt :mrgreen:
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