Kostenfestsetzung gegen die eigene Partei (§ 11 RVG)

...für das vom 01.07.2004 bis 31.07.2013 geltende Gebührenrecht
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Schnubbel
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#1

01.09.2011, 17:08

Hallo liebe Forenteilnehmer,

die Patenttante (vielleicht sollte ich meinen Nickname mal ändern!?) hat mal wieder ein Problem:

Sachverhalt: Wir vertreten den Inhaber einer eingetragenen Marke. Die Gegenseite verletzt diese Marke durch unberechtigte Benutzung. Wir richten außergerichtlich eine sog. Berechtigungsanfrage an die Gegenseite. Diese bestreitet die Verletzung, wir erheben Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadenersatzklage. Leider wird dabei der nicht anzurechnende Teil der Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Tätigkeit nicht als Nebenforderung mit eingeklagt. Wir schließen einen Vergleich und berücksichtigen auch dabei die Geschäftsgebühr nicht ausdrücklich. Unsere Mandantin hat 2/3 der Kosten zu tragen, also wird bei der Kostenausgleichung nichts für unsere Mandantin herauskommen. Wir stellen also unsere Kosten der Mandantin in Rechnung. Da die aber nicht zahlen will (hat die Nase voll, weil sie gehofft hatte, zu gewinnen), beantragen wir Kostenfestsetzung gegen die eigene Partei.

Fragestellung: Natürlich weiß ich, dass die Geschäftsgebühr im gerichtlichen Verfahren eigentlich nicht festgesetzt werden kann. Ich kann aber das Argument nicht nachvollziehen, dass sich die außergerichtliche Tätigkeit der Überprüfung durch das Gericht entzieht. Ich werde ja den Teufel tun, etwas zu verlangen, was ich nicht auch beweisen kann. Die Entstehung der Geschäftsgebühr, die ich hier verlangen könnte, lässt sich doch wunderbar durch Vorlage der vorgerichtlichen Korrespondenz belegen. Diese Dokumente sind sogar als Beweismittel in das Gerichtsverfahren eingegangen. Der Streitwert steht auch nicht zur Diskussion, da es sich ja um ein und denselben Sachverhalt handelt. Man kann sich darüber streiten, ob die Berechtigungsanfrage zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war. Aber wir wollten damit vermeiden, dass die Gegenseite die Forderung im gerichtlichen Verfahren einfach anerkennt und unsere Mandantin dann zur Tragung der Kosten verurteilt wird, weil die Gegenseite behaupten kann, keinen Anlass zur Klage geboten zu haben. Entsprechende Einwendungen könnte unsere Mandantin im Kostenfestsetzungsverfahren ja durchaus vorbringen. Aber das ganze von vornherein abzubügeln finde ich schon abartig. Jetzt soll ich also deswegen noch einen Mahnbescheid gegen unsere Mandantin machen? Ich wette, die erhebt Widerspruch, und dann gehts ins streitige Verfahren. Also Kosten über Kosten... Gibt es denn da überhaupt keine Möglichkeit? Kann mir jemand den Sinn dieser Regelung beibringen?

Sorry, falls das mehr so klingt als wollte ich mich nur mal ausweinen, aber mich nervt das, wenn ich den Sinn einer Sache nicht verstehe... Nichts für ungut! Ich bin gespannt, ob mich jemand eines Besseren belehren kann. Schon mal ganz vielen lieben Dank vorab!
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#2

01.09.2011, 17:44

Da gibt es nicht viel zu diskutieren. Ich bin zwar kein Patentonkel und kann daher nur aus dem Zivilbereich berichten. Eine VORgerichtliche GG ist nun mal kein Bestandteil des gerichtlichen Verfahrens und hat daher im KFV und VFV nichts zu suchen. So einfach ist das. Die genannten Verfahren sind nun mal für das Kostenpotential des gerichtlichen Verfahrens vorgesehen und daran bzw. an die gesetzliche Bestimmung und die Rechtsprechung hat man sich zu halten. Dass ihr die GG nicht mit eingeklagt oder im Vergleich explizit benannt habt, dafür kann niemand etwas. Da ist dann eben gepennt worden. Nun bleibt nur noch das Einklagen bzw. ein MB - auch wenn´s kostet. Oder man verzichtet... :roll:
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#3

02.09.2011, 09:19

Ich schließe mich meinem Vorredner an. Hier bleibt nur die Möglichkeit des Mahnbescheids bzw. das Einklagen der Geschäftsgebühr.
Xuka
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#4

02.09.2011, 09:42

Also so unverständlich finde ich es gar nicht, dass vorgerichtliche Kosten nicht festsetzbar sind. Zum einen hat der Rpfl selten die Möglichkeit, aus den Gerichtsakten den vollständigen vorgerichtlichen Sachverhalt zu prüfen, zum anderen behaupte ich jetzt einfach mal, dass ein Großteil der Kosten wegen angeblicher Schlechtleistung nicht bezahlt wird bzw. andere materiellrechtliche Einwendungen erhoben werden, woran dann auch die Festsetzung der im gerichtlichen Verfahren entstandenen Kosten gem. § 11 RVG scheitern würde.

Nur so als kleiner Tipp: Es empfiehlt sich, gerade bei neuen Mandanten, den nicht anrechenbaren Teil der Geschäftsgebühr als Vorschuss einzuholen.
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