Sozialgerichtliches Verfahren abrechnen

...für das vom 01.07.2004 bis 31.07.2013 geltende Gebührenrecht
samara
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#1

04.05.2011, 10:32

Hallo! Ich darf zum ersten Mal (glaub ich) PKH für eine Sozialsache abrechnen, in der das Gericht ohne mündl. Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden hat. Was darf ich in einem solchen Fall alles abrechnen außer Verfahrensgebühr? Wir hatten im vorhergehenden Widerspruchsverfahren Beratungshilfe abgerechnet, wird das eigentlich auf die VG für das Klageverfahren angerechnet? VIelen Dank im Voraus.
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Birne
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#2

04.05.2011, 10:43

Hallo Samara,

ich versuche mich auch immer mal an sozialrechtlichen Abrechnungen, deswegen möcht ich versuchen, dir so gut es geht zu helfen.

Wenn wir hier eine PKHAbrechnung in einer sozialrechtlichen Angelegenheit haben, nutzen wir insbesondere die Chemnitzer Tabelle, da viele Gerichte danach auch abrechnen bzw. sich danach richten.

Hast du denn schon einen Gebührenvorschlag? Also du kannst ja mal kurz auflisten, was du abrechnen würdest!?
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#3

04.05.2011, 10:52

Obwohl unsere Kanzlei in Chemnitz ist, halte ich mich nicht an die Tabelle. Ich find die :uebel

Lies dir mal die 3106 durch, wann eine TG entsteht. :wink:
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#4

04.05.2011, 10:58

Liesel du rechnest ja normal immer ab, nich!? Wir versuchen es meist mal mit Erhöhungen! :)

Also wie Liesel schon schreibt, mal die 3106 durchlesen, dass dürfte schon mal einen Teil deiner Frage beantworten. Und da ihr vorher schon tätig wart, würde ich für die VerfGeb die 3103 nehmen.
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#5

04.05.2011, 11:05

Erhöhung, davon kann man hier nur träumen. :roll:

Problem Anrechnung BerH-Gebühr:

Das sehen die Gerichte unterschiedlich. Das BayLSG geht in seinem Beschluß vom 04.11.2010 zu AZ L 15 B 617/08 SB KO davon aus, daß die BerH-Gebühr hälftig anzurechnen ist, allerdings dann eine VG nach 3102 berechnet werden kann. Den Beschluß findest du im Internet.

Vom SG Chemnitz habe ich gestern - nachdem ich die Festsetzung entsprechend des o. g. Beschlusses beantragt habe - eine Festsetzung dahingehend bekommen, daß eine VG nach 3103 festgesetzt wurde, allerdings ohne Anrechnung der BerH-Gebühr. Hier wurde verwiesen auf LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluß vom 29.11.2010, AZ: L 6 AS 52/10 B; Sächs. LSG, Beschluß vom 12.08.2009, AZ: L 6 R 167/09 B KO.

Diese Problematik wurde zur Klärung allerdings dem BVerfG vorgelegt.
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#6

04.05.2011, 11:10

Wir rechnen in so einem Fall immer nach 3103 ab, ohne Anrechnung der BerH-Gebühr - eben wie du es geschrieben hast, Liesel, nach dem obigen Beschluss.
Aber genau das ist das Problem, dass es vielerorts anders gehandhabt wird.

Würden die bei euch die Erhöhungen denn immer streichen, Liesel?!
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#7

04.05.2011, 11:48

Das mit der Anrechnung ist aber auch eine blöde Angelegenheit: Abgestellt auf den Gesetzestext müsste man die Beratungshilfegebühr auch auf Nr.3103 VV RVG anrechnen. Um es nicht zu machen, müsste man Nr.2503 Abs.2 oder Nr.3103 teleologisch reduzieren bzw. dem Gesetzgeber unterstellen, dass er da eine Anrechnung vorgesehen hat, die es so eigentlich gar nicht geben sollte. Und dann steht man vor der Frage, warum der Gesetzgeber trotz knapp bislang 20 Änderungen des RVG dieses Problem nicht durch eine Klarstellung (§ 15a RVG lässt grüßen) beseitigt hat. Angesichts der Menge an Rechtsprechung wird ihm die Problematik wohl kaum verborgen geblieben sein.

Die Chemnitzer Tabelle ist für mich eine grundsätzlich gute Idee (Schematismus, Förderung von Einheitlichkeit), die allerdings in der Praxis zu einer Katastrophe geführt hat. Dem Ermessen des RA nach § 14 Abs.1 S.1 RVG kann man nicht mit Schematismus gegenübertreten, selbst wenn das schön wäre.
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#8

04.05.2011, 11:59

Garfield2805 hat geschrieben:Die Chemnitzer Tabelle ist für mich eine grundsätzlich gute Idee (Schematismus, Förderung von Einheitlichkeit), die allerdings in der Praxis zu einer Katastrophe geführt hat. Dem Ermessen des RA nach § 14 Abs.1 S.1 RVG kann man nicht mit Schematismus gegenübertreten, selbst wenn das schön wäre.
:zustimm wenn man die Kriterien nach § 14 RVG berücksichtigt, müsste man eigentlich ne ordentliche Erhöhung veranlassen. Ich mein, insbesondere die Bedeutung für den Auftraggeber - die ist m.E. immer von großer Bedeutung. Und sich auch in gewisse Gebiete als RA einzuarbeiten, erfordert Zeit und Ausdauer - wie zB in den medizinischen Bereich bei Auswertung eines Gutachtens.
Ich will nich wissen, wie oft mein Chef dann daran sitzt...
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Garfield2805
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#9

04.05.2011, 12:16

@Birne: Ja, da fangen die Probleme erst richtig an und man kann stundenlang debattieren. Beispielsweise: Wenn die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber immer erhöht ist, dann ist eine erhöhte Bedeutung gerade der Regelfall in einem sozialgerichtlichen Verfahren. Die erhöhte Bedeutung wird dann schnell zur durchschnittlichen Bedeutung. Genau so könnte man sagen, dass jedes sozialgerichtliche Verfahren eine Einarbeitung voraussetzt und darin keine besondere Schwierigkeit gesehen werden kann.

Zum Glück kann man mittlerweile argumentieren, dass SGB-II-Verfahren den Großteil der sozialgerichtlichen Verfahren darstellt und es daher schon etwas besonderes ist, wenn sich der RA in SGB-V oder SGB-VI-Verfahren mit medizinischen Gutachten herumschlagen muss.

Und nochmal zur Bedeutung - die sehe ich (gerade in AS) auch fast immer als erhöht an. Allerdings findet auch regelmäßig ein Ausgleich durch die reduzierten Einkommensverhältnisse statt.
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#10

04.05.2011, 12:20

Da kann ich alles in allem nur noch :zustimm :wink:
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