Reisekosten des Richters zum OT - Taxi ?!

...für das vom 01.07.2004 bis 31.07.2013 geltende Gebührenrecht
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Angie-Maus
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#1

23.10.2009, 15:45

Hallo,

ich habe in einer Sache einen KFB zu prüfen.

Die Gerichtskosten sind auszugleichen. Nun bin ich über die Position "9006 GKG Auslagen für auswärtige Geschäfte" gestolpert, da diese knapp 200,00 € beträgt. Ich habe die Abrechnung hierfür angefordert und dann festgestellt, dass der Richter mit dem Taxi zum Ortstermin gefahren ist. Der Ort, an dem der OT stattgefunden hat, liegt vom Gericht 55 km entfernten. Auf der Abrechnung steht drauf, dass kein Dienstwagen zur Verfügung stand.

Find ich ja schon ein bisschen heftig.

Sind das notwendige Kosten? Das Gericht hat eine gute Anbindung zur Bahn, ebenso der Ort, an dem der OT stattgefunden hat. Vom Bahnhof bis zum OT sind es ca. 400 m. Also hätte der Richter doch auch super mit der Bahn fahren können, wenn kein Dienstwagen zur Verfügung stand? 1. Klasse kostet eine Fahrt knapp 20,00 €. Macht schon einen kleinen Unterschied.

Was sagt ihr dazu? Oder hat möglicherweise sogar jemand entsprechende Rechtsprechung?

Vielen Dank schonmal!
LG
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#2

23.10.2009, 17:52

[font=Times New Roman]Dann versuche mal, dem Gericht vorzuschreiben, wie es einen Termin wahrzunehmen hat. Entsprechende Rechtsprechung ist mir zwar nicht bekannt, aber wenn man davon ausgeht, dass Akten, Beiakten, Gesetze und evtl. auch Kommentare mitzuschleppen sind, dann möchte ich den Richter sehen, der das alles buckelt, um damit zum Bahnhof zu kommen.
Solltet ihr gegenan gehen und es kommt zu einer Entscheidung, dann wäre ich gleichwohl daran interessiert. Immerhin kommt so ein Fall nicht tagtäglich vor...
[/font]
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#3

23.10.2009, 20:25

Mein Chef meinte, der Richter kam nur mit einer ganz normalen Aktentasche zum Termin.

Ich habe zwischenzeitlich noch ein bisschen was gefunden zu Reisekosten des Richters. Dort steht, dass Taxikosten nur erstattet werden, wenn sie auf Grund eines triftigen Grundes z. B. Nichterreichbarkeit des Ortes mit öffentlichen Verkehrsmitteln, viel Gepäck oder Gesundheitszustand entstattbar sind.
Ist ein triftiger Grund, dass kein Dienstwagen zur Verfügung stand?
Meiner Meinung nach nicht.
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#4

23.10.2009, 21:56

[font=Times New Roman]Ist Deine Fundstelle ein Kommentar oder eine Entscheidung? Dann bitte mal angeben.[/font]
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#5

24.10.2009, 07:53

Ich habe das aus einem "Merkblatt Reisekosten" für Richter und Beamte in Hessen entnommen, welches ich im Internet gefunden habe.
Es gibt ja ein Landesreiskostengesetz (LRKG) und in dem steht nicht ausdrücklich etwas für Taxi, aber dass die notwenidgen Reisekosten erstattet werden, so z. B. Bahn oder 0,30 € pro km.
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#6

24.10.2009, 09:07

[font=Times New Roman]Alles klar, danke![/font]
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#7

24.10.2009, 21:37

Mega-Frechheit! Sowas sollte man mal als RA in einen Kostenfestsetzungsantrag reinschreiben...

Es müßte wohl auch die Frage geprüft werden, ob auch gegen die GK-Rechnung (da die Taxikosten ja im Ausgangspunkt Bestandteil dieser sind) RM einzulegen ist.
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#8

24.10.2009, 23:37

[font=Times New Roman]Das sieht das VG Wiesbaden offensichtlich anders. Ich habe nach ellenlanger Suche die folgenden Entscheidungen gefunden, womit der Persilschein gesichert ist:

OS
1. Einzelfall, in dem der Kostenansatz für die zur Durchführung eines Ortstermins entstandenen Reisekosten durch Inanspruchnahme eines Mietwagens nicht zu beanstanden und die Entscheidung eines Richters, zur Durchführung eines Ortstermins einen Mietwagen in Anspruch zu nehmen, frei von Ermessensfehlern ist.

2. Die Pflicht des Richters zur Beachtung des Sparsamkeitsgrundsatzes bei der Durchführung von Dienstreisen gebietet eine Gesamtschau. Wenn der Richter bei seiner Abwägung zum Ergebnis gelangt, im Interesse aller Verfahrensbeteiligten aller anhängigen Streitverfahren sei zum Zwecke der Einsparung richterlicher Arbeitskraft bzw. Arbeitszeit im jeweils konkreten Fall die Benutzung eines Mietwagens vorzuziehen, so kann dies - von Extremfällen abgesehen - grundsätzlich nicht beanstandet werden.

VG Wiesbaden, Beschl. v. 26.10.1993 – 3/2 J 935/93

DRiZ 1994, 345 = juris (MWRE 009619400)


LS
1. Die Wahl des Verkehrsmittels zur Fahrt zu einem Ortstermin steht im pflichtgemäßen Ermessen des Richters.

2. Die Entscheidung, im Hinblick auf den gebotenen effizienten Einsatz richterlicher Arbeitskraft (auch) einen Mietwagen in Anspruch zu nehmen, ist frei von Ermessensfehlern.

VG Wiesbaden, Beschl. v. 26.10.1993 – 3/2 G 89/93

HessVGRspr 1994, 24 = juris (MWRE 003209400)

[/font]
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#9

25.10.2009, 10:10

okay, vielen Dank für die Entscheidung. Sieht dann ja offenbar nicht so gut aus. Ich habs mir schon fast gedacht, dass es seht schwer werden wird, gegen sowas vorzugehen.

Ich denke, mein Chef wird trotzdem ein Rechtsmittel gegen den KFB einlegen wollen. Verstehe ich das richtig, dass auch - bzw. vor allem - gegen die GK-Rechnung Rechtsmittel eingelegt werden muss? Reicht es nicht, gegen den KFB Rechtsmittel einzulegen, da dieser auf Grundlage der überhöhten GK-Rechnung im Prinzip richtig ist?
Ich hoffe ich habe mich verständlich ausgedrückt ;)
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#10

25.10.2009, 11:51

zu #8:

Es kommt dann ja immer noch auf den Mietwagen-Preis an. So kostet beim ADAC ein Mietwagen 59,00 Euro / Tag - für Nichtmitglieder wohl etwas mehr - incl. alle gefahrenen km. Und das ist dann auch kein Smart. Die Mietwagenlösung hätte im Ausgangsfall zu Kosten von < 100,00 Euro geführt.

Im übrigen rege ich an, anhand des örtlichen Taxitarifs zu überprüfen, ob das Taxi unter Inanspruchnahme kostenpflichtiger Wartezeit während des Ortstermins dort verblieben ist. 200 Euro "nur" für eine Hin- und Rückfahrt von je 55 km erscheint mir nämlich sehr hoch. Ich habe mal folgende Vergleichsbeispiele ermittelt (Preise beziehen sich jeweils auf 2 x 55 km Fahrt):

München 137,90 Euro
Berlin 152,40 Euro
Frankfurt/Main 162,70 Euro

Inkonsequent ist an der Entscheidung des VG Wiesbaden im übrigen auch, daß Selbstfahren im PKW natürlich unter dem Gesichtspunkt ggf. zu erledigender Arbeiten die ineffizienteste Lösung ist, da dies flachfällt.

Es verbleibt bei meiner Ansicht, daß dieses Verhalten eine absolute Frechheit ist, zu Lasten der Parteien hier Mehrkosten zu produzieren, die ein Vielfaches der kostengünstigsten Lösung (ÖPNV bzw. Pauschalabrechnung pro km) betragen.

Hinsichtlich eines Rechtsmittels gegen die GK-Rechnung siehe hier.
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