Wie funktionierts im Strafverfahren? Kostenerstattung?

...für das vom 01.07.2004 bis 31.07.2013 geltende Gebührenrecht
Antworten
Schnütli
Foren-Praktikant(in)
Beiträge: 15
Registriert: 12.10.2006, 17:18

#1

14.09.2009, 11:50

Hallo Ihr Lieben,

ich habe ein Urteil der Strafkammer vorliegen, nach welcher die Kosten zu 4/5 vom Mandanten und zu 1/5 von der Staatskasse zu erstatten sind. Wir sind kein PV. Wie sieht hier mein Antrag auf Festsetzung der Vergütung aus? Gibts eine Vorlage? Oder stehe ich vielleicht nur grad auf dem Schlauch. :?:
Benutzeravatar
Master24
Kennt alle Akten auswendig
Beiträge: 995
Registriert: 06.04.2006, 23:16
Beruf: ReFa | Team Coordinator | LL.B.
Software: Andere
Wohnort: Grafing bei München

#2

14.09.2009, 11:53

Ich muss zugeben, eine solche Kostenentscheidung im Strafrecht noch nicht gelesen zu haben. Allerdings ist meine Berufserfahrung noch im einstelligen Bereich.

Da die Staatskasse die Kosten des Angeklagten zum Teil zu tragen hat, hast Du eine vollständige "normale" auf den Namen des Mandanten lautende Kostennote anzufertigen und diese als Anlage dem Gericht mit dem Antrag zu überreichen, die aus der Staatskasse zu ersetzenden Kosten festzusetzen und ggf. festzustellen, dass diese mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Antragstellung zu verzinsen sind.

Also ähnliches Vorgehen wie z. B. bei Freispruch.

Liebe Grüße
Master24
Jedoch: Die entsprechende Rechtsprechung des BGH ist für das Gericht obsolet. Beim BGH handelt es sich um ein von Parteibuch-Richtern (..) dominierten Tendenzbetrieb, der als verlängerter Arm der Reichen und Mächtigen allzu oft deren Interessen zielfördernd in seine Erwägungen einstellt und dabei nicht davor zurückschreckt, Grundrechte zu mißachten, wie kassierende Rechtsprechung des BVerfG belegt.
- LG Stuttgart, Urteil vom 12.06.1996, Az: 21 O 519/95 -
Benutzeravatar
Adora Belle
Golembefreierin mit Herz
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 14438
Registriert: 14.03.2008, 14:17
Beruf: RAin

#3

14.09.2009, 13:31

Ah, das ist eine Kostenentscheidung, wie man sie sich wünscht. Wahrscheinlich Teilfreispruch?

Diese Art der Quotelung ist recht unüblich. Normalerweise werden die Kosten der Staatskasse auferlegt, "soweit Freispruch erfolgte", oder so ähnlich. Dann ist mittels Differenzberechnung der Anteil an den Gesamtkosten zu ermitteln, der auf den Freispruch entfällt.

Die obige Entscheidung ist m.E. gerechter und auch einfacher umzusetzen.

Wie @Master24 schon schrieb: einfach den Antrag genauso wie beim Freispruch stellen. Wichtig dürfte hier auch sein, sich den Erstattungsanspruch des Mandanten abtreten zu lassen. Anderenfalls wird die Staatskasse recht wahrscheinlich aufrechnen.
Schnütli
Foren-Praktikant(in)
Beiträge: 15
Registriert: 12.10.2006, 17:18

#4

14.09.2009, 15:10

Also, in meinem Urteil (II. Instanz) steht:

"Die Berufung des Angeklagten wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in 2 Fällen und Beleidigung zu der Gesamtgeldstraße von 180 TS zu je 13 € verurteilt wird. Von den Kosten des Berufungsverfahrens ud den insoweit entstandenen notwendige Auslagen des Angeklagten tragen dieser 4/5 und die Staatskasse 1/5.

Das ist kein Teilfreispruch, oder? Wie mache ich das mit der Abtretung?

Mensch, bin neu in dem Metier und noch total überfordert! :titanic
Benutzeravatar
Master24
Kennt alle Akten auswendig
Beiträge: 995
Registriert: 06.04.2006, 23:16
Beruf: ReFa | Team Coordinator | LL.B.
Software: Andere
Wohnort: Grafing bei München

#5

14.09.2009, 16:33

Es gibt da keine Abtretung. Der Tenor passt. Du verfährst einfach wie von mir vorgeschlagen.
Jedoch: Die entsprechende Rechtsprechung des BGH ist für das Gericht obsolet. Beim BGH handelt es sich um ein von Parteibuch-Richtern (..) dominierten Tendenzbetrieb, der als verlängerter Arm der Reichen und Mächtigen allzu oft deren Interessen zielfördernd in seine Erwägungen einstellt und dabei nicht davor zurückschreckt, Grundrechte zu mißachten, wie kassierende Rechtsprechung des BVerfG belegt.
- LG Stuttgart, Urteil vom 12.06.1996, Az: 21 O 519/95 -
Benutzeravatar
Adora Belle
Golembefreierin mit Herz
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 14438
Registriert: 14.03.2008, 14:17
Beruf: RAin

#6

14.09.2009, 17:23

Na doch. Das ist kein Teilfreispruch, aber Ihr habt jedenfalls in der Berufungsinstanz teilweise obsiegt - entweder gab es weniger Tagessätze, oder die Tagessatzhöhe ist nach unten korrigiert worden.

Wenn Du jetzt keine Abtretungsvereinbarung vorlegst, ist es recht wahrscheinlich, daß die Staatskasse auf den Kostenerstattungsantrag mit einer Aufrechnung reagiert, denn der Mdt hat zwar Anspruch auf 1/5 seiner Auslagen, gleichzeitig trägt er aber auch 4/5 der Kosten für das Berufungsverfahren (und wahrscheinlich die vollen Kosten der 1. Instanz, die sicher auch noch nicht angefordert wurden).

Deshalb würde ich spätestens mit der Abrechnung die Abtretung des Mandanten einreichen. Die lautet einfach:

"In der Sache ... trete ich meine Ansprüche gegen die Staatskasse an RA Hatgenugundwillnochmehr ab".

Datum, Unterschrift des Mdt, fertich.
Schnütli
Foren-Praktikant(in)
Beiträge: 15
Registriert: 12.10.2006, 17:18

#7

03.11.2009, 09:05

Also, mittlerweile hat die StA tatsächlich die Aufrechnung erklärt.

Was genau bedeutet das jetzt für mich, bzw. wie muss ich vorgehen? Ok, ich hätte die Abtretung vorlegen müssen, wenn ich das eher gewusst hätte. Aber jetzt? Wie rechne ich nun ab und woher kriege ich meine Gebühren?
Benutzeravatar
Adora Belle
Golembefreierin mit Herz
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 14438
Registriert: 14.03.2008, 14:17
Beruf: RAin

#8

03.11.2009, 10:19

Ich verkneif mir jetzt mal jeglichen dummen Kommentar. Du kannst, wie auch schon vorher, gegen den Mandanten abrechnen. Lediglich der Mandant hat seinen Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse verloren, bzw. ist dieser durch die Aufrechnung erloschen. Im Ergebnis muß der Mandant nun weniger an die Staatskasse zahlen. Von dieser Seite gibt es also nichts. Daran kannst Du jetzt auch nichts mehr ändern. Bitte mal § 43 RVG lesen.
Antworten