Verkehrsunfall und 1,3

...für das vom 01.07.2004 bis 31.07.2013 geltende Gebührenrecht
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Andreas

#1

21.10.2005, 09:24

Einen interessanten Aufsatz in Bezug auf die Problematik, daß viele Kfz-Haftpflichtversicherer sich weigern, eine 1,3-Gebühr für die Unfallabwicklung zu übernehmen, habe ich in der gestern in unserer Kanzlei eingegangenen NVZ gefunden.

Fundstelle :

RA Peter Sermond, Wiesbaden
NVZ 2005, Heft 10, S. 504 ff.


Der Aufsatz empfiehlt sich als Lektüre für RA und mit der Unfallabwicklung befaßte Mitarbeiter und kann eine Argumentations-, aber auch Arbeitshilfe sein.

Auszug aus dem Artikel bzw. Anmerkungen von mir :
Eine Verkehrsunfallabwicklung ist grundsätzlich überdurchschnittlich schwierig

Das ist sie insbesondere aus folgenden Gründen (auszugsweise) :

- Schwieriger Erstkontakt
Der Mandant wird völlig unerwartet in die Situation gebracht, mit einem rechtlichen Problem konfrontiert zu sein, da ihn ohne jede Vorwarnung und ohne die Möglichkeit, für derartiges vorzusorgen, der Unfall getroffen hat.

- Schnelle Bearbeitung ist notwendig
Das Auto wird oft ständig gebracht, die Mobilität des Mandanten ist enorm eingeschränkt durch den Unfall - also muß schneller als üblich gehandelt werden.

- Äußerst umfangreiche Aufklärungspflichten
Die Beratung und Tätigkeitsfelder des RA in Verkehrsunfallsachen sind sehr umfangreich. Auszug:

Klärung der Eigentumsverhältnisse am Fahrzeug, wer ist Anspruchsteller, Fz. geleast / finanziert ? Was dann ?
Ermittlung Versicherung Unfallgegner
- Klärung des Unfallhergangs, Ermittlung von Zeugen, Berücksichtigung örtlicher oder zeitlicher Besonderheiten
- Überprüfung von Zeugenaussagen
- Überprüfung der polizeilichen Ermittlungen, Akteneinsicht
- Erläuterung Schadensminderungspflicht
- Klärung, ob Gutachten möglich
- Klärung / Beratung Inanspruchnahme Vollkaskoversicherung, Folgen daraus

usw.

Weiterhin können vorkommen :

- Verzögerte Bearbeitung durch Versicherer, viele Nachfragen
- Prüfung sämtlicher Schadenpositionen

Außerdem sei noch wichtig :

Es gibt nun eine neue Fachanwaltschaft für Verkehrsrecht. Wären Verkehrsrechtsangelegenheiten einfach, wie teilweise von Versicherern behauptet, bräuchte es keine Spezialisierung und es gäbe eine solche auch nicht.

RA Sermond faßt zusammen :

1.
Wird ein Verkehrsunfallmandat ordnungsgemäß umfänglich bearbeitet, handelt es sich regelmäßig um ein überdurchschnittlich schwieriges Mandat, für welches die Mittelgebühr der Geschäftsgebühr überschritten werden kann.

2.
Für das Verlangen einer höheren als der Mittelgebühr ist jedoch eine Begründung des ausgeübten Ermessens notwendig. Hier muß weitgehend noch ein Umdenken und Lernen in der Anwaltschaft erfolgen (Anm.: Dokumentationserfordernis der Ermessensausübung !).

3.
Dieses Ergebnis zeigt nebenbei auch deutlich, daß der Abschluß von Regulierungsabkommen gut durchdacht werden sollte, denn hier sind auch die häufig anfallende Einigungsgebühr und die Hebegebühren enthalten. Abkommen unterhalb der 1,8-Mindestgebühr sind definitiv unvertretbar, auch darüber liegende Angebote lohnen sich allerdings oftmals nicht.
Ihr solltet euch den Artikel also mal besorgen und lesen, falls Ihr mit Unfallabwicklungen öfters befaßt seid.
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