Reisekosten und Kanzleiort - Entscheidung verzweifelt gesuch

...für das vom 01.07.2004 bis 31.07.2013 geltende Gebührenrecht
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skugga
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#1

23.05.2006, 15:08

Aloha!

Mein Chef mag mir nicht glauben, und eigentlich ist die Entscheidung, die ich suche, auch vollkommen unlogisch - aber es gibt sie. Ist übrigens was, was ich auch getrost unter BRAGO hätte posten können, aus dieser Zeit stammen nämlich noch meine niederschmetternden Erfahrungen.

Also: Frankfurt/Main und Offenbach sind ja nun zwei getrennte Gemeinden, und wenn jemand vom Kanzleiort Frankfurt nach Offenbach zum AG fährt, überschreitet er die Gemeindegrenze (ganz nebenbei wäre in II. Instanz dann auch jeweils ein anderes LG zuständig). Meine Logik sagt mir, daß ich dann auch Reisekosten festsetzen lassen kann. Die entsprechenden Buchstaben des Gesetzes sagen mir das ebenfalls.

Dummerweise sehen das allerdings die jeweiligen Gerichte bei der Kostenfestsetzung ganz und gar nicht so. Ich habe bereits vor Jahren reihenweise eins auf den Deckel bekommen mit der Begründung, das verhielte sich bei Frankfurt und Offenbach eben anders. Nach mehreren Anläufen per Erinnerung hab ichs dann irgendwann aufgegeben.

Jahre und zwei Kanzleien später möchte el cheffe nun, daß ich Reisekosten von Frankfurt nach Offenbach festsetzen lasse; die Erfahrungen meines in Würde ergrauten Hauptes ;) läßt er nicht gelten - das "solle ich ihm erstmal irgendwo zeigen". Na super, ich bin ja auch seiner Meinung, daß das Humbug ist, aber... s. o. Logischerweise hab ich mir vor 10 Jahren nicht träumen lassen, daß ich die seinerzeitigen Entscheidungen nochmal gebrauchen könnte, dementsprechend kann ich ihm da auch keine Kopien vor die Nase halten.

Preisfrage ist also: Kennt jemand das Problem und hat gar entsprechende Entscheidungen?

Leicht angefressene Grüße, skugga
evelyn m.
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#2

23.05.2006, 17:36

ich hab zwar die entscheidungen nicht, aber wieso nicht einfach versuchen? vielleicht haben die gerichte dazu gelernt und erlassen die beschlüsse jetzt richtig?
:kopfhoch
Lieben Dank und Grüße an alle
evelyn
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dundine
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#3

23.05.2006, 19:26

also ich würde es auch auf alle versuchen. die gegenseite, bzw das gericht, werden sich dann schon streuben, aber vielleicht ja auch nicht ;-)
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#4

23.05.2006, 20:39

Wenn der Cheffe schon darauf besteht, kann ein Versuch in der Tat nicht schaden. Die Rechtsprechung kann ja nur günstiger ausfallen als bisher. Da es sich der Vermutung nach nicht nur um ein paar 100 m handeln wird und es sich um 2 separate Städte und unterschiedliche Gerichtsbezirke handelt, sollte das ggf. klappen. Weshalb die Gerichte dort offenbar von mehr oder weniger "einer verschmolzenen Stadt" auszugehen scheinen, erschließt sich mir in keiner Weise.
~ Grüßle ~
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skugga
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#5

24.05.2006, 13:12

Nunja - bei Offenbach und Frankfurt handelt sichs um direkt benachbarte Städte, nur getrennt - und das nicht mal überall - durch den Main; die Fahrtstrecke dürfte wenns hoch kommt ca. 10 km hin und zurück betragen. Das ändert aber nichts dran, daß für Offenbach das LG Darmstadt, für Frankfurt das LG Frankfurt zuständig ist.

*seufzt* Wenns der Wahrheitsfindung dient, werde ich also auf Befehl des Meisters ;) die Kostenfestsetzung wie gewünscht beantragen; aber er soll sich nicht beschweren, wenn ich mir evtl. beim KfB das Lachen nicht verkneifen kann...
Andreas

#6

24.05.2006, 13:51

Dann fragen wir doch mal den Herrn Zöller, was der dazu meint :mrgreen:

§ 91 Rn. 13 sagt :
Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 91 ZPO hat geschrieben:Reisekosten
Der Begriff der "Reise" setzt voraus, daß die Partei die Grenzen der politischen Gemeinde überschreitet, in der sie wohnt (Düsseldorf MDR 97, 1070; Stuttgart JurBüro 84, 762; entsprechend Vorbem. 7 II VV für den Begriff "Geschäftsreise" des Rechtsanwalts). Die tatsächliche Entfernung ist unerheblich (Stuttgart, a.a.O.;
Dann schauen wir doch mal in Vorbemerkung 7 II VV RVG :
Vorbem. 7 II VV RVG hat geschrieben:(2)
Eine Geschäftsreise liegt vor, wenn das Reiseziel außerhalb der Gemeinde liegt, in der sich die Kanzlei oder die Wohnung des Rechtsanwalts befindet.
Ich würde die weitere Begründung dem Gericht gegenüber wie folgt vornehmen :
Rein vorsorglich dürfen wir auf Folgendes hinweisen :

Mit der gängigen Praxis des Gerichtes, die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten zu dem nicht am Kanzleisitz des Bevollmächtigten befindlichen Amtsgericht Offenbach zu verneinen, besteht diesseits kein Einverständnis. Es besteht hierfür auch keine Rechtsgrundlage.

Gemäß Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 91 ZPO setzt der Begriff der "Reise" voraus, daß die Partei die Grenzen der politischen Gemeinde überschreitet, in der sie wohnt (Düsseldorf MDR 97, 1070; Stuttgart JurBüro 84, 762; entsprechend Vorbem. 7 II VV für den Begriff "Geschäftsreise" des Rechtsanwalts).

Daß Frankfurt und Offenbach politisch eigenständige Gemeinden in vorstehendem Sinne sind, darf als gerichtsbekannt vorausgesetzt werden, zumal beide auch verschiedene Landgerichtsbezirke darstellen.

Gemäß Vorbemerkung 7 II VV RVG liegt eine Geschäftsreise dann vor, "wenn das Reiseziel außerhalb der Gemeinde liegt, in der sich die Kanzlei oder die Wohnung des Rechtsanwalts befindet".

Es handelt sich hier nicht um eine auslegungsfähige Regelung, die dem Gericht die Entscheidungsfreiheit läßt, die Erstattungsfähigkeit abzulehnen; die gesetzlichen Vorschriften sind klar und zwingend.

Sollte das Gericht daher die Erstattungsfähigkeit der in Ansatz gebrachten Reisekosten verweigern, legen wir bereits jetzt hiermit Rechtsmittel ein.
Das würde ich mal richtig durchfechten :fecht

Achte aber - bei der Gelegenheit - darauf, daß dir das Gericht dann nicht mit der Argumentation kommen kann, daß Euer Mandant im Sinne kostensparender Prozeßführung gehalten gewesen wäre, einen Rechtsanwalt mit Kanzleisitz am Gerichtsort zu beauftragen; hierzu solltest du wohl noch Ausführungen machen, zumindest etwas in der Richtung wie :
Im übrigen waren die Reisekosten des nicht bei dem Prozessgericht zugelassenen und auch am Ort des Prozeßgerichts nicht wohnhaften auch zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig i. S. d. § 91 Abs. 2 S. 1, 2. HS.
Kannst uns ja mal auf dem Laufenden halten, was sich in der Sache ergibt :D
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skugga
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#7

24.05.2006, 14:29

Aloha!

Danke erstmal, ich werds so versuchen.

*seufzt erneut* Das Schlimme ist, daß ich es ja damals (wie gesagt, das ist mindestens 10 Jahre her) schon bis zum bitteren Ende durchgefochten habe, weils mir ja wegen Überschreitung der politischen Gemeindegrenzen so idiotisch vorkam. Gelandet bin ich seinerzeit schlußendlich sogar bei der Gegenvorstellung - fristlos, formlos, fruchtlos... und letzteres wars ja dann auch... :evil:

Ich werde weiter berichten.

LG, skugga
Andreas

#8

24.05.2006, 14:35

Vielleicht solltest du mal noch schleunigst die RAK um Stellungnahme zu diesem Komplex bitten ? Es gibt da einen Gutachterausschuß, der sich mit solchen Fragen beschäftigt, und da es ja im Sinne aller Anwälte ist, daß das geklärt wird, werden die vielleicht auch Ausführungen zur Sache machen.
Andreas

#9

29.06.2006, 09:58

Hallo skugga,

was kam denn raus ?
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